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Protest gegen FlächennutzungsplanBürgerinitiativen wollen bei Kommunalwahl antreten

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Freie Grundstücke mit fantastischen Ausblicken auf die Kölner Ebene gibt es in Gladbach noch. Welche bebaut werden sollen, ist umstritten.

Freie Grundstücke mit fantastischen Ausblicken auf die Kölner Ebene gibt es in Gladbach noch. Welche bebaut werden sollen, ist umstritten.

Bergisch Gladbach – Der Streit um den neuen Flächennutzungsplan gipfelt darin, dass Bürger eine eigene Wählervereinigung gründen wollen. Erstmals antreten könnte die neue Gruppierung bei der Kommunalwahl 2020. Das Bündnis der Bürgerinitiativen, Zusammenschluss von zehn Initiativen, fühlt sich in der Sorge um die Lebensqualität in der Stadt von Politik und Stadtverwaltung nicht ernst genommen.

In der Ankündigung der Kooperation von CDU und SPD, den aktuellen Entwurf zum Flächennutzungsplan durchzuwinken, sehen die Bürgerinitiativen eine Missachtung des Bürgerwillens. „Wir sind mit dem Entwurf grundsätzlich einverstanden und werden ihn in Absprache mit der SPD so beschließen“, sagt Lennart Höring, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender, am Dienstagabend beim Stammtisch des Bürgerportals im Wirtshaus am Bock. Damit ist eine politische Mehrheit für die Vorschläge der Stadtverwaltung zur planerischen Zukunft der Stadt gesichert.

Bürgerbeteiligung als Farce

„Keine einzige der 2300 Eingaben aus der Bürgerschaft will die Politik berücksichtigen, nicht einmal in Teilen“, kritisiert Rainer Röhr, Sprecher des Bündnisses. Die Veranstaltung habe im Prinzip nur bestätigt, dass alles schon lange in Sack und Tüten gewesen sei. „Die Bürgerbeteiligung ist eine einzige Farce gewesen“, moniert Röhr. Den Menschen sei nur vorgegaukelt worden, dass sie noch etwas bewirken könnten.

Nicht nur aus Frust, sondern vor allem „um eine aktive Rolle im Sinne der Bürger im Stadtgeschehen zu spielen“, werde die Gründung einer Wählergemeinschaft nach dem Vorbild der Freien Wähler in Bayern diskutiert, berichtet Röhr. Er sieht keinen anderen Weg, um die Interessen der Bürgerschaft bei der Stadtplanung voranzubringen. „Wir sind aber erst ganz am Anfang. Wir müssen in Erfahrung bringen, wie so eine Gründung überhaupt funktioniert.“ Feststeht, dass die neue Gruppierung auf viele aktive Mitstreiter aus den Reihen der zehn über das ganze Stadtgebiet verteilten Initiativen setzen könnte: 200 bis 300 schätzt Röhr. Rechnet man die vielen tausend Unterschriften auf den Protestlisten als potenzielle Wähler dazu, könnte ein gutes Wahlergebnis dabei herauskommen.

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Aufgrund der Absagen seitens Politik und Stadtverwaltung, die Ausweisungen im neuen Flächennutzungsplan noch einmal zu überdenken, will das Bündnis nicht dazu mobilisieren, an den bevorstehenden Sitzungen der Fachausschüsse und des Stadtrates teilzunehmen. Um dem bislang großen Interesse der Bürger gerecht zu werden, hat die Verwaltung eigens große Versammlungsräume in der Integrierten Gesamtschule Paffrath und im Bergischen Löwen organisiert. „Wir wollen es unseren Leuten nicht zumuten, stumm über sich ergehen zu lassen, wie die Mehrheit von CDU und SPD unsere Bedenken vom Tisch wischt“, sagt Röhr. Das Bündnis bedaure, dass der hohe Sachverstand der Bürger und ihre detaillierten Ortskenntnisse nicht berücksichtigt würden.

Die abschließenden Beratungen zum F-Plan finden in den Fachausschüssen am Donnerstag, 15. November, in der Sporthalle der IGP sowie im Stadtrat am Montag, 19. November, 17 Uhr, im Bürgerhaus Bergischer Löwe statt.

Veranstaltung im Brauhaus Am Bock

Seit langen wird um den neuen Flächennutzungsplan (F-Plan) gerungen: Beim Stammtisch des Bürgerportals, moderiert von Georg Watzlawek, ist der Streit um die Neuausweisungen von Wohn- und Gewerbeflächen noch einmal voll entbrannt. Dennoch verlief die Diskussion insgesamt erstaunlich sachlich. Es blieb bei einzelnen Buh-Rufen. Gut 250 Leute waren gekommen.

Vom Podium aus versuchten Stadtbaurat Harald Flügge und Lennart Höring, stellvertretender Fraktionschef der CDU, immer wieder zu erklären, dass der F-Plan keine Entscheidung darüber treffe, wo und wann gebaut werde. Dies werde erst im Rahmen der jeweiligen Bebauungspläne geregelt unter Beteiligung der Anwohner. Für die Reihenfolge der Bauprojekte gelte die von CDU und SPD aufgestellte Prioritätenliste. Nicht gekommen war Bürgermeister Lutz Urbach. Er war auch gestern nicht für Anfragen der Redaktion zu erreichen. Auch von der SPD stand niemand Rede und Antwort. Wie es hieß, waren alle bei einer parallel stattfindenden SPD-Veranstaltung im Bergisch Löwen. Entsprechend schwer hatten es Flügge und Höring mit ihren Argumenten bei den Zuschauern zu punkten, zum Beispiel bei dem Thema Wohnungsnot.

Beim Publikum zeigt sich ein tiefes Misstrauen gegenüber den Mehrheitsparteien. Eine Frau sagte: „Ich oute mich hier als jemand, der die CDU gewählt hat. Aber jetzt kann ich nur noch die Grünen wählen.“ Ein anderer Bürger sagte: „Ist Ihnen eigentlich klar, dass ihnen die Wähler davon laufen?“ Großen Applaus erntete dagegen die scharfe Kritik von Mark vom Hofe, Vorsitzender des Bergischen Naturschutzvereins. Die Ausweisungen im F-Plan zerstörten die fürs Klima wichtigen Kaltluftschneisen und Waldflächen: „Wir brauchen die Grünflächen. Begrünungen von Garagendächern und Hausfassaden reichen nicht aus.“ Der Einwand Hörings, „Wir werden die globale Klimakrise nicht in Bergisch Gladbach lösen“, sorgte für Unmut im Saal.

Die Stadt wachse jedes Jahr um 200 Einwohner„Das reicht doch“, sagte Benno Nuding, Vertreter für das Bündnis der Bürgerinitiativen. Die Stadt sei der Verlierer winkten CDU und SPD den F-Plan durch. Dass die Volksparteien doch volksnah seien, könnten sie beweisen, indem sie den Plan noch einmal überarbeiten würden. (ub)

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