Umschulung im JobMit 33 Jahren eine Lehre zum Konditor in Bergisch Gladbach

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Bäckermeister Peter Lob (r.) hat die Umschulung von Dennis Berscheid unterstützt und wird ihn weiter beschäftigen.

Bäckermeister Peter Lob (r.) hat die Umschulung von Dennis Berscheid unterstützt und wird ihn weiter beschäftigen.

Bergisch Gladbach – Berufliche Karrieren laufen nicht unbedingt gerade auf ein Ziel zu. Schon in der Ausbildung können sich Hürden auftun, mit denen junge Menschen nicht rechnen. Diese Erfahrung hat Dennis Berscheid aus Bergisch Gladbach erlebt. Mitten in seiner Lehre zum Kfz-Mechaniker stellt er fest: „Das ist es nicht.“ Er machte dennoch die Lehre zu Ende und versuchte dann, sich neu zu orientieren. Darüber vergingen Jahre. Erst mit Anfang 30 startet Berscheid eine neue Ausbildung. Jetzt ist er frisch gebackener Konditor und hat Spaß an seinem Job.

Angesichts seines Alters tat sich nicht nur Berscheid selbst schwer, auch die Unternehmer, bei denen er sich beworben hat, waren sehr skeptisch. Einer sah sich seine Bewerbung genauer an: Bäckermeister Peter Lob in Bergisch Gladbach.

Dennis Berscheid ist froh, dass er zum Konditor umgeschult hat.

Dennis Berscheid ist froh, dass er zum Konditor umgeschult hat.

„Er hat Fotos von seinen selbstgebackenen Torten mitgeschickt. Wir konnten sehen, dass er wirklich Interesse an dem Beruf hat“, erzählt der Unternehmer. Lob bot dem damals 33-Jährigen eine Ausbildungsstelle an. Damit ermöglichte der Bäckermeister, der auch Obermeister der Bäckerinnung Bergisches Land ist, Berscheid eine betriebliche Umschulung, die die Agentur für Arbeit fördert.

„Leider machen bisher nur sehr wenige Firmen von der betrieblichen Umschulung Gebrauch“, bedauert Marcus Weichert, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach. Er sieht in diesem Ausbildungsweg auch eine Möglichkeit, den Mangel an Fachkräften gerade im Handwerk abzubauen. „Lehrlinge brauchen einfach ein gewisses Maß an Motivation, denn ohne sie läuft es nicht“, sagt Weichert. Daher sei die Zahl derer, die eine Umschulung abbrechen, im Kreisgebiet verschwindend gering. „Sie wollen es schaffen.“

Geringe Anzahl an Umschulungen

Gering ist allerdings auch die Zahl der Frauen und Männer, die sich betrieblich umschulen lassen. Weichert: „Es sind höchstens 60 Umschüler im gesamten Agenturbezirk, also Rhein-Berg, Oberberg und Leverkusen zusammen.“ Seiner Ansicht nach reagieren die Unternehmer zu zurückhaltend. „Bei dem herrschenden Fachkräftemangel heißt es auch, man muss neue Wege gehen“, empfiehlt der Agenturchef.

Der Ausbildungsgang ist für die Teilnehmer nicht leicht. „Denn die Lehrzeit wird um ein Drittel verkürzt, also zwei statt drei Jahre“, erklärt Heike Huckschlag, Arbeitsvermittlerin bei der Agentur. Sie hat Berscheid beraten und seinen Ausbildungsweg zum Konditor begleitet. Huckschlag: „Den Lernstoff eines kompletten Jahres hat er selbst allein aufgearbeitet.“

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Über die Büffelei kann der 35-jährige Gladbacher heute, nach seiner bestandenen Gesellenprüfung lächeln. „Das hat ganz schön reingehauen“, erinnert er sich. Die Arbeit in der Backstube habe sein Leben umgekrempelt - nicht nur wegen der Arbeitszeiten, die meistens um 3 Uhr oder noch früher in der Nacht beginnen. „Ich musste auch mit einem geringeren Einkommen zurechtkommen.“ Nachdem er vom Kfz-Betrieb zur Bundeswehr und dann zu einem Sicherheitsdienst gewechselt war, dieser dann keine Aufträge mehr hatte, stand Berscheid ohne Arbeit da.

Bei einer betrieblichen Umschulung bezieht der Arbeitnehmer weiterhin sein Geld von der Arbeitsagentur und kann zusätzliche Leistungen, wie Fahrtkosten, erhalten (siehe Infokasten). Zudem darf man bis zu 400 Euro beim Arbeitgeber verdienen, ohne dass es auf das Arbeitslosengeld angerechnet wird.

Fördermittel

Der Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf ist das Ziel einer betrieblichen Umschulung. Die verkürzte Ausbildungszeit kann in Vollzeit und auch in Teilzeit absolviert werden. Neben der monatlicher Agenturleistung und Ausbildungsvergütung werden den Umschülern verschiedene Kosten erstattet: Für Arbeitskleidung, Lehrgänge, Prüfungsgebühren, Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beziehungsweise Berufsschule, Kinderbetreuung und unterstützender Unterricht.

Über weitere Details beraten die Vermittler der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach. (dr)

www.arbeitsagentur.de

Wenn der junge Konditor von seinen ersten Backexperimenten erzählt, erinnert er sich gerne an seine Großmutter. Denn ihr zur Liebe hat er überhaupt erst seinen ersten Kuchen gebacken. Vor seiner praktischen Prüfung hat Berscheid sich eine Woche Urlaub genommen und in der Backstube die Feinarbeit geübt. Sein Gesellenstück ist eine Buttercreme-Torte, verziert mit Gitarre, Notenband und einem farbig gesprühten Untergrund. Dazu Petit Four, gekrönt mit Notenschlüsseln, Pralinen und Spritzgebäck.

Peter Lob ist zufrieden mit seinem neuen Gesellen und hat ihn übernommen. Seine Bilanz als Arbeitgeber: „Ja, eine betriebliche Umschulung würde ich wieder unterstützen und jungen Leuten die Chance geben.“

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