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BundestagWie sich Rhein-Bergs ehemaliger Landrat Tebroke in Berlin eingearbeitet hat

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Eng getaktet: Zwischen zwei Sitzungen nimmt sich Abgeordneter Hermann-Josef Tebroke Zeit für Philipp Hanussek aus Vilkerath, der am Bundestagsbegegnungsprogramm teilnimmt.

Eng getaktet: Zwischen zwei Sitzungen nimmt sich Abgeordneter Hermann-Josef Tebroke Zeit für Philipp Hanussek aus Vilkerath, der am Bundestagsbegegnungsprogramm teilnimmt.

  • Für ihn geht es in erster Linie auch um die Glaubwürdigkeit von Politik
  • In Tebrokes eng getaktetem Terminkalender gibt’s kaum Zeit für ein Mittagessen

Rhein-Berg – Viertel vor acht am Morgen. Im Vorbeigehen greift Dr. Hermann-Josef Tebroke sein Namensschild, lächelt, trägt sich für die Sitzung des Finanzausschusses ein und verschwindet im Saal. Die Sitzung ist um eine Stunde vorgezogen worden, weitere Notfallzeiten sind am Nachmittag reserviert worden. „Falls wir nicht fertigwerden“, sagt Tebroke, „dann werde ich andere Termine dafür absagen müssen. Mein Terminkalender ist deutlich bunter und variabler geworden als in der Zeit als Landrat.“

Im Finanzausschuss steht der Solidaritätszuschlag auf der Tagesordnung. Unter anderem an der Frage, wie zügig er abgeschafft werden soll, waren vor einem Jahr die Jamaika-Koalitionsverhandlungen mit der FDP gescheitert. Jetzt könnte er doch schneller verschwinden als im Koalitionsvertrag mit der SPD vereinbart. „Nur das Ausstiegsszenario sollte klar sein“, sagt Rhein-Bergs Bundestagsabgeordneter, als er seinen Flachcomputer im Sitzungssaal startet, seinen Tischnachbarn begrüßt und die Unterlagen für die Sitzung aufruft. Für ihn geht es in erster Linie auch um die Glaubwürdigkeit von Politik.

Ein anderer Abgeordneter aus Rhein-Berg, FDP-Fraktionschef Christian Lindner, ist an diesem Tag bereits zum Mittagessen mit einem führenden Grünen-Politiker verabredet. Ein Jahr, nachdem die damals anberaumte erste Sitzungswoche des neuen Parlaments wegen sich hinziehender Jamaika-Verhandlungen faktisch ausfiel, ist nun – trotz zwischenzeitlich installierter Großer Koalition – hinter den Kulissen Jamaika vielleicht noch aktueller als damals.

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In Tebrokes eng getaktetem Terminkalender gibt’s an diesem Tag kaum Zeit für ein Mittagessen. Die Sitzung des Finanzausschusses muss er sogar kurz verlassen, um noch eine Schülergruppe des Bensberger Otto-Hahn-Gymnasiums empfangen zu können. Für Tebroke ein wichtiger Termin. Es freut ihn, wenn sich gerade junge Menschen für Politik interessieren. Und die Fragen der Schüler sind differenziert, etwa zur gerade im Ausschuss geführten Debatte zur Förderung von Elektromobilität, von der er berichtet.

Allzu oft, so bedauert der Abgeordnete, seien wichtige Themen wie das Familienentlastungsgesetz mit Erhöhung von Kindergeld und -freibetrag in der öffentlichen Wahrnehmung zu kurz gekommen und von Personaldebatten überlagert worden. Dabei lasse sich wirklich etwas bewegen in Berlin, sagt der Abgeordnete, der als stellvertretendes Mitglied auch in den Ausschüssen für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie Verkehr und digitale Infrastruktur aktiv ist. Einzige Einschränkung: Man müsse Geduld haben. „Es dauert schon länger als auf kommunaler Ebene“, sagt der vormalige Landrat. „Und leider sind Debatten stärker parteipolitisch motiviert.“ Auch mit Parteien wie der AfD wünscht er sich eine stärkere Auseinandersetzung auf Sachebene. „Da könnten wir mehr Selbstbewusstsein haben. Wir definieren uns doch nicht durch Abgrenzung, sondern mit unseren Positionen, die wir auch vertreten müssen.“

Als Tebroke aus dem Ausschuss zurück ins Büro eilt – die Soli-Debatte ist auf eine Sondersitzung vertagt worden –, wartet Überraschungsbesuch. „Der Bürger ist da“, sagt sein Vorgänger Wolfgang Bosbach grinsend. Wenn er in Berlin zu tun hat, schaut er schon mal vorbei. Im neuen Büro, das Tebroke eine Woche zuvor im Paul-Löbe-Haus direkt neben dem Reichstagsgebäude bezogen hat, ist er zum ersten Mal. Er muss weiter, Tebroke setzt sich an den Schreibtisch. Papier gibt’s darauf kaum. Auf seine Akten kann er digital zugreifen. Auch von unterwegs, das erleichtert die Arbeit. Ebenso wie die in Berlin gefundene kleine Wohnung. „In nicht mal zehn Minuten bin ich zu Fuß im Büro“, sagt er.

Die Zeit drängt. Tebroke holt den Overather Schüler Philipp Hanussek, den er zu den „Tagen der Begegnung des Bundestags“ eingeladen hat, mit Mitarbeiterin Kirsten Sittig an der Sicherheitsschleuse ab und lädt ihn flugs auf eine Currywurst am Brandenburger Tor ein. Unterwegs gibt’s eine Einführung in die Bundestagsarbeit. Ob Familienentlastung, Grundsteuerdebatte, Familienentlastung oder Stärkung der Pflege – viele wichtige Themen würden zurzeit behandelt. Tebroke versucht stets auch die kommunale Perspektive einzubringen. Und er setzt darauf, dass die Sacharbeit endlich die Personaldebatten ablöst. „Dafür sind die Themen einfach zu wichtig.“

Ein Jahr Berlin in Zahlen

Dr. Hermann-Josef Tebroke (CDU) blickt seit November 2017 auf folgende Zahlen-Bilanz zurück (teils gerundet):

300 Sitzungen (Parlament, Ausschüsse und Partei in Berlin) besucht.

100 sonstige Termine in Berlin besucht.

56 (namentliche) Abstimmungen im Deutschen Bundestag, davon 36 mal mit „Ja“, 18 mal mit „Nein“ und 2 mal nicht mit abgestimmt.

4 Reden im Deutschen Bundestag gehalten.

27,15 Minuten im Plenum des Bundestags gesprochen.

250 Termine im Wahlkreis besucht.

27 mal zwischen Berlin und Wahlkreis gependelt (zehnmal Zug, 15-mal Flugzeug, zweimal Auto).

Quellen: Bundestagsverwaltung und Angaben des Abgeordneten

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