Mehr häusliche GewaltFrauenberatungsstelle zieht Bilanz in Corona-Zeiten

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Gewalt in Paarbeziehungen ist ein Problem, das in der Corona-Pandemie noch zunimmt.

Gewalt in Paarbeziehungen ist ein Problem, das in der Corona-Pandemie noch zunimmt.

Rhein-Berg – Als Anlaufstelle und Hilfseinrichtung für Frauen in Not ist die Frauenberatungsstelle des Vereins Frauen helfen Frauen in Bergisch Gladbach immer gefragter. Die Anfragen und Kontakte für eine Beratung sind im vergangenen Jahr um zwölf Prozent gestiegen, teilt Marianne Holthausen, Leiterin der Frauenberatung, mit.

„Das Jahr 2020 hat unser Team gefordert. Wir mussten umdenken und flexibel reagieren. Das ist uns gelungen und wir sind in der Krise gut aufgestellt“, zieht sie eine positive Bilanz nach einem bewegten Jahr.

Pandemie sorgt für mehr Probleme im häuslichen Bereich

620 Gespräche mit 461 Frauen hat das Team der Gladbacher Beratungsstelle im Laufe des Jahres geführt. Damit haben im Vergleich zum Vorjahr 56 Frauen mehr Notsituationen erlebt und Kontakt gesucht. Die steigenden Beratungsanfragen führt die Diplom-Sozialarbeiterin auf vermehrte Probleme im häuslichen Bereich während der Corona-Pandemie zurück.

Denn Gewalt sei mit 48 Prozent der häufigste Beratungsanlass gewesen. „Davon waren wiederum 84 Prozent Fälle häusliche Gewalt.“ 461 betroffene Frauen nutzten das Angebot, darunter waren 32 Fachkräfte und 25 Vertrauenspersonen.

„Wir setzten im vergangenen Jahr weiter auf Öffentlichkeitsarbeit und informierten auf unterschiedlichen Wegen über unsere Beratungsmöglichkeiten, damit uns die Frauen erreichen. Das hat Wirkung gezeigt“, freut sich Marianne Holthausen. Ein Stück Sicherheit erhielt die Frauenberatung Mitte des Jahres: Sie wurde als systemrelevant eingestuft. „Unser Aufatmen war enorm groß.“

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An sieben Abenden, davon drei in Burscheid, sind Frauen über rechtliche Aspekte bei einer Trennung oder Scheidung informiert worden. Zudem hat eine Schulung für Hebammen zum Thema „Häusliche Gewalt gegen Frauen“ stattgefunden.

In Kooperation mit den Gleichstellungsbeauftragten der Städte und dem Kreis, dem Jugendamt, der Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt im Rheinisch-Bergischen-Kreis sowie dem Arbeitskreis Essstörung und der Bono Direkthilfe hat sich die Frauenberatung für verschiedene Aktionen im Laufe des Jahres engagiert.

Vernetzung ist besonders wichtig

Es gab einen Filmabend zum Thema Essstörung sowie den jährlichen Aktionstag „Keine Gewalt gegen Frauen und Mädchen“ im November. Bereits am Jahresanfang informierte die Beratungsstelle mit der Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt über die anonyme Spurensicherung (ASS) nach einer Gewalttat.

„Auch die Bedeutung einer guten Vernetzung ist uns durch die Pandemie erneut bewusst geworden. Der Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen anderer Institutionen hat uns inspiriert, unterstützt, bestätigt und Sicherheit gegeben“, betont Marianne Holthausen.

Vor diesem Hintergrund gehe das Team von Frauen helfen Frauen optimistisch an die Planung für 2021. „Dann jährt sich unter anderem der Internationale Gedenktag „Keine Gewalt gegen Frauen“ zum 40. Mal.

Verein ist weiterhin auch auf Spenden angewiesen

Der Verein Frauen helfen Frauen hat die die Mädchenberatung viele Jahre nahezu vollständig über Spenden finanzieren müssen. „Seit März 2020 ist klar, dass unsere Arbeit wieder mit öffentlichen Mitteln von den Kommunen im Kreisgebiet gefördert wird.

Bis Februar 2022 sind 80 Prozent finanziert. Für unseren Eigenanteil von 20 Prozent benötigen wir weiterhin Spenden“, erläutert Marianne Holthausen, Leiterin der Frauenberatungsstelle, rückblickend auf die Entwicklung der Mädchenberatung im vergangenen Jahr. Die Sozialarbeiterin Judith Wiedenhöft ist seit März die neue Kraft im Team der Beratungsstelle und 28 Stunden die Woche tätig.

42 Mädchen und 78 Vertrauenspersonen hatten in 2020 Kontakt zur Beratungsstelle. Davon haben 38 Mädchen und 28 Vertrauenspersonen eine Beratung in Anspruch genommen.

Durch die Pandemie fallen Präventionsprojekte weg

Dabei ging es am häufigsten um sexualisierte, häusliche und digitale Gewalt sowie familiäre Probleme. Essstörung, Mobbing, Selbstverletzung, schulische Probleme, Sexualität und Beziehungsfragen waren weitere Themen.

Durch die Pandemie fallen wichtige Präventionsprojekte an den Schulen weg. „Bei diesen Angeboten wenden sich Mädchen mit Problemen direkt an uns. Sie lernen uns kennen und verlieren dabei ihre Unsicherheit, Ängste und Scham“, betont Holthausen die Bedeutung der präventiven Arbeit zum Schutz der Mädchen.

Deshalb plant die Mädchenberatung für dieses Jahr wieder Projekte in den Schulen. „Sollte es nicht klappen, werden wir andere Wege finden, Mädchen in Problemsituationen zu erreichen und zu unterstützen“, sichert die Sozialarbeiterin zu.

Neben persönlichen Treffen – soweit in der Pandemie möglich – kann die Beratung per Telefon, über Online-Chat und Video-Chat stattfinden.

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