Nach Abschaffung in RösrathRhein-Berg-Kreis streitet um gelben Sack

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Gelbe Säcke stehen in der Diskussion (Symbolbild).

Gelbe Säcke stehen in der Diskussion (Symbolbild).

  • Die Kommunen im Rhein-Berg-Kreis sind sich uneins bei der Zukunft des gelben Sacks.
  • Rösrath und Overath setzen nun auf die gelbe Tonne als Alternative.
  • Die anderen Kommunen wollen nicht mitziehen – und sorgen für eine kuriose Situation.

Rhein-Berg – Die Nachricht, dass neben den Rösrather Bürgern auch die Overather zum Jahresende wieder gelbe Tonnen für ihren Verpackungsmüll bekommen und damit auf die ungeliebten gelben Säcke verzichten können, hat der Bergisch Gladbacher Joachim Rolle mit Interesse in der Zeitung gelesen – und zur Tastatur gegriffen: „Niemand, den ich kenne, konnte je verstehen, dass man die gelbe Tonne, so im Bereich Sand, wieder abgeschafft hat“, schreibt Rolle. In seinem Leserbrief zählt er die Gründe auf, die aus seiner Sicht gegen die schnell reißenden Säcke und für die stabilen Tonnen sprechen.

Nutzen wird ihm das allerdings wohl nichts: Die meisten Kommunen in Rhein-Berg und Oberberg bleiben auch künftig bei den Säcken. Von den acht Städten und Gemeinden in Rhein-Berg stellen nur Rösrath und Overath auf Tonnen um (Wermelskirchen verhandelt noch), und bei den 13 Kommunen in Oberberg werden jetzt nach Nümbrecht lediglich Lindlar und Engelskirchen auf Tonnen umgestellt. Anderswo, beispielsweise in Siegburg, sind Tonnen eine Selbstverständlichkeit.

Wer da genau Bescheid weiß und für Transparenz in der Verpackungsmüll-Frage sorgt, ist Axel Subklew. Er ist Regionalleiter Entsorgung bei der Reclay Group in Köln und sagt es klar und deutlich: „Ich bin ein Fan des gelben Sacks.“ Das gelte unter anderem wegen dessen Transparenz: Der Einsammler vor Ort könne erkennen, wenn falsche Abfälle drin seien. Auch reiße so ein Sack schnell, wenn er vorschriftswidrig mit schweren Dingen befüllt sei. „Je mehr Tonnen wir haben, desto mehr Fehleinwürfe gibt es auch.“ Das aber verteuere die Entsorgung.

Subklew ist für den größten Teil des Bergischen der erste Repräsentant der Dualen Systeme. Das ist die Branche, die für die Entsorgung des Leichtverpackungen (etwa Plastiktüten, Kronkorken, Joghurtbecher oder Tetrapaks) zuständig ist. Bis 2003 gab es ein einziger Duales System Deutschland, dann kam das Bundeskartellamt und sorgte für eine Entflechtung, berichtet der Manager. „Heute gibt es acht, demnächst vielleicht zehn Unternehmen in dem Bereich.“

Losverfahren unter Entsorgungsfirmen

Diese Firmen losen untereinander aus, wer für welches Gebiet zuständig ist. Subklews Firma hat das Los für Oberberg und Rhein-Berg (mit Ausnahme der Kreisstadt Bergisch Gladbach, die von der Kölner Firma Zentek betreut wird) gezogen. Alle drei Jahre, das ist Vorgabe, werden die Entsorgungsleistungen für den Verpackungsmüll neu ausgeschrieben. Durch die Ablösung der alten Verpackungsverordnung durch das neue Verpackungsgesetz könnten die Kommunen mehr Druck ausüben und auf die Müllbehälter- und Abfuhrrhythmus-Frage Einfluss nehmen.

In Vorbereitung der jüngsten Ausschreibung seien die öffentlichen Versorgungsträger vor Ort gefragt worden, ob sie Änderungswünsche hätten, berichtet Subklew. Die meisten wollten beim bisherigen Sack-System bleiben. Anders dagegen Rösrath und Overath, wo er sich schließlich mit der Umstellung auf Tonnen einverstanden erklärt habe. Für die Bürger der anderen Kommunen, die ihre Plastikverpackungen auch 2020 in Säcken an den Straßenrand stellen müssen, hat der Müll-Manager dennoch eine gute Nachricht: Die Sackfolien werden verstärkt und haben künftig eine Dicke von 19 statt wie bisher 15 My – das sind 15 Mikrometer (ein Mikrometer sind 0,001 Millimeter).

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Die beiden Südkreis-Städte, die wieder zu den Tonnen zurückkehren, gehen sehr unterschiedlich mit dieser Veränderung um. In Overath verkündete die Stadtverwaltung eher flüsternd am Ende der jüngsten Ratssitzung. Allerdings, so Finanzchefin Dominique Stölting gegenüber dieser Zeitung, werde eine ausführliche Information der Haushalte zur Umstellung auf die gelbe Tonne noch erfolgen.

Für Pauken und Trompeten entschieden sich dagegen die Rösrather, als sie die Nachricht unters Volk brachten: „Die Umstellung auf die Tonnen ist ein aktiver Beitrag zur Müllvermeidung“, betont Wilfried Müller, der kaufmännische Leiter. „Auf die gelben Plastiksäcke kann zumindest in Rösrath endlich verzichtet werden.“ Zusätzlich appelliere er aber an die Bürger, „nachhaltig zu konsumieren und möglichst wenig Verpackungsmüll zu produzieren“.

So ist die Situation in Gladbach und Kürten

In Bergisch Gladbach bleibt es mindestens bis Ende 2021 beim bisherigen Mischsystem, erklärt Stadtsprecher Martin Rölen. Eine Abfallkommission aus Verwaltung und Politik verhandele derzeit mit Entsorger Zentek für die Jahre ab 2022. Überwiegend werden die Leichtverpackungen in der Kreisstadt in gelben Säcken gesammelt.

Die Sortenreinheit beim Sammeln sei entscheidendes Argument für die Säcke, so der Sprecher. Wer vor dem 30. Juni 2004 eine gelbe Tonne hatte, darf sie aber weiter nutzen; diese Alttonnen müssen mit einer Registriermarke der Gladbacher Entsorgungsbetriebe gekennzeichnet sein. Geht die Tonne kaputt, gibt es keinen Ersatz. Etwa 10 bis 15 Prozent der Gladbacher Haushalte verfügen noch über Alttonnen. Die Reißfestigkeit der Säcke wird auch in Gladbach zunehmen, weil die Dicke von 15 auf 17 My verändert wird. Für Großwohnanlagen werden wie bislang große Tonnenbehältnisse bereitgestellt.

In Kürten wird ab Januar 2020 komplett umgestellt auf gelbe Säcke. Die rund 1000 Gelben Tonnen, Altbestand wie in Gladbach, werden nicht mehr abgeholt. Grund ist die Weigerung des Dualen Systems, mehr als 1000 Tonnen abzuholen. Tatsächlich ergab eine Zählung, dass es 1600 Tonnen in der Gemeinde gibt.

Weil die Verwaltung nicht sagen kann, wer über eine richtige und wer über eine falsche Tonne verfügt, gilt laut Beschluss das Gleichheitsprinzip: nur noch gelbe Säcke. Auch die missbräuchliche Entsorgung (Restmüll etc.) mit einer Gewichtszunahme von 40 Prozent bei den Leichtverpackungen in den ersten drei Monaten 2019 hat bei der Entscheidung eine Rolle gespielt. 

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