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Kämmerer Rolf Stelberg im Interview„Ich sehe mich eher als Berater“

Lesezeit 3 Minuten
Der scheidende Kämmerer Rolf Stelberg hat sich immer als Berater der Politik gesehen. Ursprünglich wollte der Finanzfachmann Pilot werden.

Der scheidende Kämmerer Rolf Stelberg hat sich immer als Berater der Politik gesehen. Ursprünglich wollte der Finanzfachmann Pilot werden.

  • Mehr als 40 Jahre hat sich Kämmerer Rolf Stelberg um die Finanzen von Odenthal gekümmert.
  • Jetzt geht er in den Ruhestand.
  • Mit Stephanie Peine sprach er über rote Warnblinklichter, Kredite und Haushaltssicherung.

Viele kindliche Berufswünsche haben mit Polizei oder Feuerwehr zu tun. Wollten Sie Kämmerer werden? Stelberg: Nein. Ich wollte Pilot bei der Lufthansa werden. Ich habe sogar eine Aufnahmeprüfung gemacht, musste aber wegen einer Rot-Grün-Sehschwäche aufgeben. Meteorologe hätte mir auch Spaß gemacht. Ein Onkel sagte dann: „Wähl’ die sichere Seite, werd’ Beamter.“

Braucht man als Hüter der Gemeindefinanzen eine besondere Einstellung zum Geld?

Man sollte schon sehen, dass der Haushalt stimmt und immer auch an schlechtere Zeiten denken. 2009 gab es einen Finanzeinbruch, aus dem die Gemeinde recht schnell herausgekommen ist. Jetzt ist wieder so eine Situation – durch die Belastungen der Pandemie und zusätzlich durch die Erhöhung der Kreisumlage.

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Ich bin felsenfest der Meinung, dass die Erhöhung der Kreisumlage nicht nötig ist. Der Kreis verfügt über 70 Millionen an liquiden Mitteln und hat knapp 20 Millionen Euro in der Ausgleichsrücklage. Die Ausgleichsrücklagen der Kommunen sind schon lange erschöpft. Hier ist Solidarität gefordert. Gleichwohl war die Zusammenarbeit mit Kreis und Kommunalaufsicht immer vertrauensvoll.

Einen Gemeindehaushalt aufzustellen hat ja nicht nur mit Zahlen, sondern auch mit Prognosen zu tun, also ist der Kämmerer vielleicht doch nicht so weit entfernt vom Meteorologen. Wie wird die Vorhersage möglichst genau?

Es ist viel Erfahrung und man muss sich gut informieren. Dabei hilft das Internet schon sehr. Ich habe mich regelmäßig informiert, wie sich die Wirtschaft entwickelt, welche Gesetze und Verordnungen kommen und welche Konsequenzen daraus gezogen werden müssen.

Wann geht bei einem Kämmerer das rote Warnlicht an?

Wenn eine Haushaltssicherung droht. Und das ist in Odenthal jetzt der Fall. Es könnte ab 2023 soweit sein, falls zweimal hintereinander mehr als fünf Prozent aus dem Eigenkapital entnommen werden müssen. 2023 wird Odenthal daher vermutlich die Grundsteuer erhöhen müssen, wenn dies vermieden werden soll. Es geht natürlich auch anders. Etwa mit Immobilienverkäufen... dies wird aber wohl in den nächsten Jahren politisch nicht machbar sein.

Ist ein kommunaler Haushalt mit einem privaten Haushalt zu vergleichen?

Das sind schon zwei verschiedene Paar Schuhe. Am ehesten vergleichbar sind Kassenkredite und privater Dispo. Wenn eine Kommune die laufenden Personal- und Sachkosten nicht mehr durch Erträge decken kann, dann ist das wie bei einem privaten Dispokredit.

Der Kämmerer gilt ja häufig als Spielverderber kommunalpolitischer Blütenträume. Sehen Sie sich auch so?

Ich sehe mich eher als Berater. Ein Kämmerer muss der Politik sagen, welche Folgen bestimmte Ausgaben haben. Zwar sind die Zinsen momentan fast bei null, aber das geliehene Geld muss ja trotzdem zurückgezahlt werden. So war der Neubau der Grundschule Neschen wirtschaftlich eigentlich nicht zu vertreten. Aber es wurde per Bürgerentscheid bestimmt. Und dann muss man es als Kämmerer finanzierbar machen.

Vita

Alter: 65 Jahre

Ausbildung:Studium der öffentlichen Verwaltung;

parallel Ausbildung bei der Gemeinde Odenthal seit 1977

Kämmerer seit 2009

Dienstgrad: Gemeindeverwaltungsdirektor

Wohnt in Voiswinkel

Allerdings muss es der Bürger am Ende abbezahlen. Die Schulden sind in sechs Jahren durch große Investitionen von 13 auf 26 Millionen gestiegen, das ist auf den ersten Blick problematisch. Auf der anderen Seite ist wahnsinnig viel in dauerhafte Werte investiert worden, etwa Grundschulen, Schulzentrum, Feuerwehr. Das vergrößert natürlich das Anlagevermögen der Gemeinde.

Was war für Sie als Kämmerer besonders schön?

Als sich Odenthal ein Gymnasium gegönnt hat.

Was hat die meisten Sorgenfalten verursacht?

Zuletzt der Verkauf der Ponywiese. An ihr hing der ganze Haushalt, ohne sie wäre die Haushaltssicherung gekommen.

Was ist die Todsünde eines Kämmerers?

Die Politik falsch zu beraten.

Und wann lächelt er?

Wenn der Haushalt im Plus, das Team zufrieden und er mit seinen Enkelkindern zusammen ist.

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