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Ämter in Rhein-BergStreit über Hilfe für einen Drogensüchtigen

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Sich von Drogensucht zu befreien, erfordert viel Kraft. Wenn Betroffene wie Klaus S. aus Rösrath auch noch gegen Behörden prozessieren müssen, vereinfacht das den Weg nicht gerade.

Sich von Drogensucht zu befreien, erfordert viel Kraft. Wenn Betroffene wie Klaus S. aus Rösrath auch noch gegen Behörden prozessieren müssen, vereinfacht das den Weg nicht gerade.

  • Ämter im Rheinisch-Bergischen Kreis streiten über die Kostenübernahme von Hilfeleistungen für den drogensüchtigen Klaus S.
  • Laut Drogen-Klinik hat erst ein Machtwort des Kölner Sozialgerichts den Streit beendet.
  • Die Sozialbehörden bestätigen den Streit weisen die Vorwürfe jedoch von sich.

Rösrath/Overath/Bergisch Gladbach – Klaus S. (38) ist da gelandet, wo eigentlich niemand hin möchte: Ganz unten. Doch dann schaffte es der drogensüchtige Bürger, der zuletzt in einem Rösrather Übergangsheim lebte, sich auf den Weg zurück in das bürgerliche Leben zu machen. Er will freiwillig und ohne gerichtliche Anordnung eine Therapie in der Overather Drogen-Fachklinik Aggerblick beginnen.

Allerdings werden dem dringend hilfebedürftigen Patienten Felsbrocken in den Weg gelegt: Jobcenter Rhein-Berg und das Rösrather Sozialamt können sich nicht darauf einigen, wer die Hilfen zum Lebensunterhalt und die Krankenversicherung bezahlt. Laut Drogen-Klinik hat erst ein Machtwort des Kölner Sozialgerichts den Streit beendet: Per Einstweiliger Anordnung hat das Gericht am 26. September entschieden, dass bis auf Weiteres das Sozialamt von Rösrath zahlen muss.

„Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat“, heißt es im Grundgesetz-Artikel 20, und dieser Artikel war den Vätern und Müttern unserer Verfassung so wichtig, dass sie ihn für unabänderlich erklärten. Doch ist die Theorie das eine, die Praxis das andere. Im Fall von Klaus S. hätten die beiden Behörden nach dem Motto „Wo jeder zuständig ist, ist keiner verantwortlich“ agiert, sagt die Overather Sozialarbeiterin Simone Stute.

Kosten der Therapie sind nicht das Problem

Die Kosten der Therapie sind bei Klaus S. nicht das Problem: Die Deutsche Rentenversicherung hat eine Kostenzusage für 24 Wochen gegeben. Stute: „Dieser Zeitraum entspricht der im Fachkonzept ärztlich vorgesehenen Therapiedauer und ist kürzer als sechs Monate.“ Klaus S. sei zu dem Zeitpunkt aber im Leistungsbezug durch das Jobcenter gewesen und habe über einen gültigen Bewilligungsbescheid verfügt. Als die Klinik ihn Ende Juli aufnimmt, schickt das Jobcenter einen Bescheid an den Patienten, dass alle Leistungen eingestellt würden.

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Begründung: Möglicherweise werde der Patient noch eine stationäre Nachsorge („Adaption“) in Anspruch nehmen. Dann wäre die stationäre Behandlung länger als sechs Monate und die Zuständigkeit müsse zum Sozialamt wechseln.

Sozialarbeiterin Stute: „Dieser vermutete Wechsel in die Adaptionsbehandlung ist aus fachärztlicher Sicht zu Beginn einer Therapie noch gar nicht absehbar und trifft nur für einen Teil der Patienten zu.“

Damit aber nicht genug: Auch das Sozialamt habe den vorsorglich zeitgleich gestellten Antrag abgelehnt – mit Hinweis auf die Zuständigkeit des Jobcenters. Begründung: Es liege ja nur eine Kostenzusage für 24 Wochen vor. Folglich habe das Sozialamt den Antrag an das Jobcenter weitergeleitet.

Sozialbehörden bestätigen Streit

Auf Anfrage dieser Zeitung bestätigen die beiden Sozialbehörden ihren Streit zwar, sie weisen aber die damit einhergehenden Vorwürfe aus Overath zurück. Michael Schulte, Geschäftsführer des Jobcenters Rhein-Berg: „Die Zuständigkeit für Krankenversicherung und finanzielle Leistungen war zu klären. Die Fragestellungen sind mit einer Klärungszeit von etwa einem Monat rückwirkend entsprechend den rechtlichen Maßgaben geregelt worden.“

Der zuständige Rösrather Beigeordnete Ulrich Kowalewski teilt mit, es sei „nach dem Gesetz entschieden worden und der Patient erhielt die vorgeschriebenen Leistungen“.

Hauptursacheverfahren könnte Lage ändern

Sozialarbeiterin Stute hat den Streit der Sozialbehörden zunächst sarkastisch kommentiert: „In der Zwischenzeit versucht das Team der Fachklinik, den Patienten vor einem Rückfall zu bewahren. Denn wer für die Folgen eines Rückfalls zuständig ist, müsste wohl ebenfalls erst noch geklärt werden…“ Am Montag hat sie ergänzend erklärt, sie freue sich, dass nun erst einmal geklärt sei, woher der Patient sein Geld bekomme.

Gleichwohl handele es sich zunächst nur um eine einstweilige Anordnung des Sozialgerichts, die im Hauptsacheverfahren im nächsten oder übernächsten Jahr geändert werden könne und die überdies nur für den Einzelfall gelte.

Die Hilfestellung der Klinik für den Patienten bis hin zur Anrufung des Kölner Sozialgerichts sei ungeheuer aufwendig gewesen. „Wenn Sie die Akten sähen, könnten Sie meinen, dass ein Sozialarbeiter vier Wochen täglich sechs Stunden mit nichts anderem beschäftigt war.“ Das Verfahren müsse dringend einheitlich geregelt werden.

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