FDP-Vize Thurau tritt zurückBaugebiet in Rappenhohn entzweit Parteien

Lesezeit 4 Minuten
Ein schönes Fleckchen Erde auf den Bergen über Overath könnte Bauland werden.

Ein schönes Fleckchen Erde auf den Bergen über Overath könnte Bauland werden.

Overath – Die Pläne der Stadt Overath für ein neues Baugebiet in Rappenhohn und den Ankauf von Grundstücken durch die Stadtentwicklungsgesellschaft Overath (Sego) hat Bürgermeister Jörg Weigt erneut als legitim und notwendig verteidigt.

Dagegen hat der stellvertretende Vorsitzende der Overather FDP, Oliver Thurau, aus Protest gegen den Umgang seiner Partei mit dem Thema seinen Vize-Vorsitz niedergelegt. Der selbst in Rappenhohn lebende frühere Ratsherr arbeitet auch nicht mehr als sachkundiger Bürger im Rat mit. Weigt wirft Thurau vor, gegen Vertraulichkeitsvorschriften verstoßen zu haben.

Händeringend Flächen gesucht

Im Gespräch mit unserer Redaktion erläuterte Bürgermeister Weigt die Genese des Bau-Projektes aus seiner Sicht. Weigt sagte, die Stadt habe im vergangenen Jahr „händeringend“ nach Flächen für Wohngebäude gesucht. Dabei habe sie bereits eine Brachfläche neben dem Friedhof besessen und diese um einen weiteren Acker erweitern wollen. Allerdings habe der potenzielle Verkäufer des Ackers gefordert, dass man ihm seine Fläche an der Stelle komplett und nicht nur teilweise abkaufe.

Das Thema, ob in Rappenhohn ein Baugebiet entwickelt werden solle, sei zunächst in einer Besprechung der Fraktionsvorsitzenden angesprochen worden und von diesen in die Ratsfraktionen getragen worden, um es dort zu diskutieren. Zu diesem Zeitpunkt habe er bereits eine nicht-öffentliche Vorlage für den Rat zum Grundstücksgeschäft gefertigt.

Kaufpläne wurden frühzeitig bekannt

FDP-Mann Thurau habe aber die vertraulichen Kaufpläne unter den Anwohnern bekanntgemacht und sogar zu einer Versammlung eingeladen. Als er später Thurau mit dem Verstoß gegen die Vertraulichkeitsvorschriften konfrontierte, habe dieser geantwortet, FDP-Fraktionschef Hermann Küsten habe grünes Licht für die Information der Anlieger gegeben.

Nach Bekanntwerden der Verkaufspläne habe, so Weigt weiter, der Landwirt „Drohanrufe“ erhalten mit dem Ergebnis, dass er einen sofortigen Vertragsabschluss gefordert habe; andernfalls werde er das Geschäft platzen lassen.

Dringlichkeitsentscheidung folgte

Weigt entwarf nach eigenen Worten eine Dringlichkeitsentscheidung zum Grundstücksankauf, die alle fünf Fraktionsvorsitzenden unterschreiben sollten. Indes habe die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Dagmar Keller-Bartel, den Unterschriftstermin verpasst. Sie sei zu spät gekommen – und habe anschließend im Rat kundgetan, sie habe nicht unterschrieben.

Die Tatsache, dass die Stadt dem Alt-Eigentümer nicht nur einen Acker westlich von Rappenhohn abgekauft hat, sondern ihm zugleich zusicherte, sie werde für ihn an anderer Stelle, nämlich am östlichen Rand von Rappenhohn, Baurecht schaffen bewertete Weigt als unproblematisch. „Wir haben darüber gesprochen und gesagt: »Wir machen das, wenn das rechtlich möglich ist«.“ Der Bürgermeister: „Wenn ich Ihre Jacke haben will und Sie wollen sie nicht verkaufen, weil Sie daran hängen, muss ich mir doch auch etwas einfallen lassen, damit Sie sich die Sache vielleicht überlegen.“

Planung nicht vertretbar

Der zurückgetretene FDP-Vize Thurau bestätigte gegenüber die Darstellung Weigts in Bezug auf seine Person im Wesentlichen. Das geplante Baugebiet sei für ihn an dieser landschaftlich besonders wertvollen Stelle unvertretbar. Er habe mit FDP-Chef Küsgen darüber gesprochen, dieser habe ihm anheim gestellt, die Anlieger zu informieren. Thurau wies allerdings ausdrücklich darauf hin, dass die Vertraulichkeit des Vorhabens für ihn nicht erkennbar gewesen; seinen Unterlagen habe ein Hinweis darauf gefehlt.

Im Gespräch mit der Redaktion sagte der Unternehmensberater weiter, dass er sein Parteiamt aus Protest niedergelegt habe. Er habe versucht, bei einer Parteiversammlung die Haltung seiner Partei zu den Bauplänen zu thematisieren, sei aber von Parteichef Küsgen daran gehindert worden, weil dieser habe den passenden Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ in der Versammlung erst gar nicht aufgerufen habe.

Kommunikation missglückt

Hermann Küsgen bestätigte, dass es einen „Dissens“ gegeben habe. Er habe mit den Worten „Mach doch“ vielleicht etwas zu blauäugig und flapsig auf Thuraus Pläne, die Anwohner zu informieren, reagiert. Auch sonst sei die Kommunikation vielleicht nicht so glücklich verlaufen. Küsgen: „Das ist eben gelebte Kommunalpolitik.“ Er schätze Thurau aber weiterhin und sei zuversichtlich, mit ihm im Karneval mal wieder ein Bier zu trinken.

In der Sache blieb Küsgen freilich bei seinem Standpunkt pro Baugebiet: „Ich habe manchmal auch in meiner direkten Nachbarschaft Dinge, die mir nicht so gut gefallen, die ich aber mit Blick auf das große Ganze hinnehmen muss.“

Grünen-Fraktionschefin Dagmar Keller-Bartel bezeichnete Weigts Darstellung hinsichtlich ihres Verhaltens als „Unverschämtheit“. Sie habe sich nicht für das Baugebiet ausgesprochen, sondern sei dagegen. Sie habe es lediglich nicht von vornherein abgelehnt, sondern sich zunächst einmal die Argumente angehört und diese abgewogen. Keineswegs habe sie den Unterschriftstermin einfach nur verpasst.

Rundschau abonnieren