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Stadt Overath findet sechsten EhrenbürgerWenn sich eine Stadt wieder erinnert

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ehrenbürger overath

Die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Norbert Kuhl (l.) und Siegfried Raimann (r.) auf Antrag aller fünf Ratsfraktionen war 2018 ein Höhepunkt im gesellschaftlichen Leben der Stadt Overath. Bürgermeister Jörg Weigt trug an diesem Tag sogar seine Amtskette.

  • Ein vergessener Ehrenbürger, der erste von Overath, wurde wieder entdeckt: Franz Becher.
  • Was machte den Mann aus? Warum geriet er in Vergessenheit?
  • Und wem ist es zu verdanken, dass die Stadt sich wieder erinnert?

Overath – Die Zahl der Overather Ehrenbürger ist erneut gestiegen: Zwar ist seit Juli 2018, als Siegfried Raimann und Norbert Kuhl den Titel verliehen bekamen, kein neuer mehr dazu gekommen. Jedoch wurde erneut ein vergessener Ehrenbürger wieder entdeckt, und zwar ausgerechnet der 1968 im Alter von 84 Jahren verstorbene Volksschullehrer Franz Becher, dem die Kommune ein Standardwerk zu ihrer Geschichte zu verdanken hat . „900 Jahre Overath“, erschienen im Jubiläumsjahr 1964. Heimatforscher Becher ist schon der zweite nach Jahren des Vergessens ins Gedächtnis der Kommune zurückgekehrte Ehrenbürger.

Namen auf unscheinbarer Tafel im Stadtarchiv

Mit Becher ist die Zahl der früheren und aktuellen Ehrenbürger auf sechs gestiegen. Eine unscheinbare Tafel im Stadtarchiv benennt sie alle: Neben Franz Becher die früheren Bürgermeister Johann Büscher (Amtszeit 1961 - 1972) und Josef Büscher (Amtszeit 1972 – 1994), der verstorbene frühere Bürgermeister der nordfranzösischen Partnerstadt Pérenchies, Roger Dutriez, und die beiden aktuellen Ehrenbürger. Bei denen handelt es sich bekanntlich um Siegfried Raimann, den letzten ehrenamtlichen Overather Bürgermeister (1994-1999), der auch heute noch vielfach aktiv ist in Sachen Brauchtum und Wandern, und um Norbert Kuhl, den legendäre Hans-Dampf-in-allen-Gassen, der nicht nur im Bergischen überall hilft, sondern auch, über die von ihm gegründete Humanitäre Hilfe Overath, auf dem Balkan und in anderen Krisengebieten.

Dass sich die Stadt an Becher wieder erinnert hat, ist insbesondere dem ehrenamtlichen Overather Stadtarchivar Othmar Sedlaczek zu verdanken. Der erinnert sich: „Die inzwischen pensionierte Hauptamtsleiterin von Overath hatte mich darum gebeten, dass ich mich der Sache einmal annehme.“ Zuvor war 2018 durch einen Hinweis von Altbürgermeister Andreas Heider bekannt geworden, dass mit dem früheren Bürgermeister Johann Büscher bereits einmal ein Ehrenbürger nachträglich in Vergessenheit geraten war.

„ Man kann also jeden Tag klüger werden“

Als nämlich Heider in seiner Bürgermeisterzeit in den Nuller-Jahren einmal über die Overather Ehrenbürger seit dem Zweiten Weltkrieg sprach, erwähnte er lediglich Josef Büscher und Roger Dutriez. Heider 2019 zu dieser Zeitung: „Mir waren 2004 die Ehrenbürger vor Josef Büscher und Roger Dutriez nicht bekannt. Auf Johann Büscher bin ich gestoßen, weil sein Sohn Helmut mir das, ausgelöst durch Presseartikel, seinerzeit erzählt hat.“ Und auch auf Franz Becher sei er erst vor ein paar Monaten aufmerksam gemacht worden. Heider: „War mir vorher auch nicht bekannt. Man kann also jeden Tag klüger werden.“

Immerhin war es im Anschluss Heider selbst, der die Becher-Wiederfindung einem breiteren Kreis bekannt machte. In seinem Festvortrag zum 40-jähigen Bestehen des Bergischen Geschichtsvereins Overath am 5. Oktober im Kulturbahnhof erwähnte er ausdrücklich, dass „Lehrer Franz Becher ob seiner Verdienste um die Heimatforschung 1964 zum Ehrenbürger ernannt und später eine Straße nach ihm benannt wurde“.

„Erster Ehrenbürger von Overath“

Für die Presse stieg Historiker und Heimatforscher Heider anschließend extra noch einmal ins Archiv und grub Zeitungsberichte über die Ehrung vor 55 Jahren aus. „Im internen Rahmen und lediglich in Anwesenheit des Bürgermeisters, der Fraktionsführer, des Gemeindedirektors, des katholischen Pfarrers und zweier führender Beamter der Verwaltung, also unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wurde am Dienstagnachmittag im Rathaussitzungssaal dem Volksschullehrer i.R. Franz Becher die Ehrenbürgerrechte der Gemeinde verliehen“, heißt es in einem Zeitungsartikel vom 9. Juli 1964 über den „Ersten Ehrenbürger von Overath“. Bürgermeister war damals übrigens Johann Büscher, der andere zwischenzeitlich vergessene Bürgermeister – so schließt sich der Kreis.

Altbürgermeister Heider geht jetzt davon aus, dass nicht noch weitere Ehrenbürger aus der Vergangenheit auftauchen. Für das aktuelle Jahrhundert kann man da, der Digitalisierung der Zeitungsarchive sei Dank, auch ziemlich sicher sein. Was aber vor der Jahrtausendwende war, wird sich erst noch zeigen.

Immerhin: Klarer als die Lage bei den Ehrenbürgern ist die Ahnentafel der Bürgermeister (und der Gemeindedirektoren, die es in Overath zwischen 1946 und 1999 gab). Zu diesen Personen liegt im Stadtarchiv eine lückenlose Liste vor, die bei Anton Steeger (1808 - 1811) beginnt und über Christian Simons (1897 – 1921) bis hin zu den jüngsten Bürgermeistern Heinz-Willi Schwamborn (1999-2004), Andreas Heider (2004 – 2014) und Jörg Weigt (seit 2014) reicht.

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