Abo

Papierfabrik in Bergisch GladbachZanders wird an Mischkonzern verkauft

Lesezeit 4 Minuten

Bergisch Gladbach – Die Papierfabrik Metsä Board Zanders mit ihren rund 500 Mitarbeitern soll an die Münchener Mutares AG verkauft werden. In einer kurzen Pressemitteilung von Zanders erklären die beiden Geschäftsführer des Unternehmens, Robert Winkels und John Tucker: „Wir begrüßen diese Entscheidung sehr und sind überzeugt, dass sie die beste Lösung für das Unternehmen und seine Mitarbeiter ist.“ Über den Kaufpreis wurden keine Informationen gegeben. Laut Zanders-Pressemitteilung beabsichtigt der neue Eigentümer, das „Unternehmen an seinem Standort fortzuführen“ und auf einen „nachhaltigen Wachstumskurs“ auszurichten.

Der Käufer Mutares AG ist nach eigenen Angaben auf den Erwerb von Unternehmen in einer sogenannten Turnaround-Situation, einer Umschwungphase, spezialisiert. Im Fokus stehen Firmen mit schlechten Geschäftsergebnissen, die aber nach Mutares-Einschätzung gute Aussichten haben, wieder auf Rentabilitätskurs zu kommen. Das drückt auch der Konzernname aus, der vom lateinischen Wort mutare – „verändern“ – abgeleitet ist. Ist der Turnaround geschafft, können lukrativ gewordene Unternehmen an andere Investoren weiterverkauft werden.

Der 2008 gegründete Konzern hat das Geschäftsjahr 2014 mit einem Umsatz von 648 Millionen Euro, dem höchsten der bisherigen Firmengeschichte (Vorjahr: 347 Millionen Euro), abgeschlossen. Der operative Gewinn lag bei knapp 31 Millionen Euro (Vorjahr: knapp sechs Millionen Euro).

Alles zum Thema Zanders Papierfabrik

Elf Unternehmen gelistet

Der Bilanzgewinn nach Steuern und Rückstellungen beträgt elf Millionen Euro. Derzeit listet das Unternehmen elf Töchter der unterschiedlichsten Branchen: Umsatzprimus mit über 300 Millionen Euro ist Pixmania, ein Ende 2013 erworbenes Internethandelsunternehmen (E-Commerce-Händler) mit 880 Mitarbeitern und Sitzen in Frankreich und Tschechien, gefolgt vom italienischen Automobilzulieferer STS Acoustics (rund 110 Millionen Euro, 730 Mitarbeiter). Die Unternehmen Artmadis (Haushaltswaren, Frankreich, 250 Angestellte) und Geesinknorba (Entsorgungslösungen, Niederlande, 490 Mitarbeiter) liegen bei 80 Millionen Euro Umsatz und sind damit mit der Gohrsmühle (93 Millionen Umsatz) vergleichbar. Die Gohrsmühle häuft allerdings momentan im Jahr Verluste von 20 Millionen Euro an.

Doch Mutares habe vor der Saugkraft dieses Abflusses keine Angst, sagte Kommunikationschef Christoph Himmel gestern dieser Zeitung: „Wir haben uns das Ziel gesetzt, dass Zanders in 18 Monaten schwarze Zahlen schreibt.“ Wie wollen die Münchener das schaffen, nachdem an der Gohrsmühle schon seit Jahrzehnten immer neue Anläufe zur Restrukturierung gemacht worden sind? „Alle unsere Ankäufe hatten bisher eine geradezu endlose Geschichte an Restrukturierungsversuchen aufzuweisen“, erklärt Himmel. „Die gehörten aber alle jeweils einem Konzern. Und der Konzern war das Hauptproblem.“ In einem Konzern seien die Vorschriften und Strukturen an den erfolgreichen Geschäftszweigen ausgerichtet. Auf Beteiligungen, die aus dem Tritt geraten seien und eine Sonderbehandlung bräuchten, könne zu wenig Rücksicht genommen werden. „Wir führen das Unternehmen, wie ein mittelständischer Familienunternehmer das führen würde. Und wir habe eine Erfolgsquote von 80 Prozent.“

Betriebsrat fordert Mitsprache

Von der Entscheidung vollkommen überrascht wurde Betriebsratsvorsitzender Frank Eschenauer. Er sagte gestern im Gespräch mit dieser Zeitung: „Der Betriebsrat war an den Verkaufsverhandlungen nicht beteiligt, deshalb kann ich nichts über die Mutares AG sagen.“ Eschenauer erinnerte an die mit dem finnischen Eigentümer geschlossene Standortvereinbarung. „Die wird auch hundertprozentig für Mutares gelten“, so Eschenauer.

In dieser Standortvereinbarung sei unter anderem festgelegt, dass es bis 2016 keine Kündigungen geben dürfe. Außerdem müsse der Betrieb am Standort aufrechterhalten werden. Für Eschenauer habe sich der Eigentümer außerdem dazu verpflichtet, den Betriebsrat an möglichen Verkaufsverhandlungen zu beteiligen. „In meinen Augen ist in diesem Punkt die Betriebsvereinbarung gebrochen worden.“ Dies werde derzeit juristisch geprüft. Möglicherweise, so Eschenauer, würden durch diesen Bruch Zahlung in Höhe von fünf Millionen Euro fällig. Eschenauer empfahl den potenziellen neuen Eigentümer, sich möglichst schnell mit dem Betriebsrat in Verbindung zu setzen. Grundsätzlich begrüßt Eschenauer die Trennung von Metsä Board: „Das hat von Anfang nicht zusammengepasst.“

Das finnische Mutterunternehmen hatte Anfang Dezember erklärt, das Gladbacher Werk verkaufen zu wollen, sonst würden „andere Maßnahmen“ ergriffen – eine andere Formulierung für Schließung. Dabei ist der Begriff „Verkauf“ irreführend. Es gilt als sicher, dass derjenige, der Zanders übernimmt, Geld dazu bekommt, denn er übernimmt ein Werk mit vielfältigen Verpflichtungen seiner Belegschaft gegenüber. Laut Betriebsrat würde die Schließung des Werks die Finnen rund 100 Millionen Euro kosten. Von der Geschäftsleitung von Zanders war gestern niemand zu erreichen.

Rundschau abonnieren