Redaktion unterwegsFinale der Sommertour in Kürten beim Bechener Esel

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Kita-Leiterin Heike Schmalzgrüber (vorne) fotografiert, Mutter Anika Brosch und Sohn Jan reiten auf dem Bechener Esel.

Kita-Leiterin Heike Schmalzgrüber (vorne) fotografiert, Mutter Anika Brosch und Sohn Jan reiten auf dem Bechener Esel.

Rhein-Berg – Früh am Morgen lässt Busfahrer Norbert Kuhl den Motor seines Memphis-Busses an. Wir parken im Herzen des historischen Kürten, auf dem Platz am Jugendheim, mit Pfarrhaus, Kirche St. Johann Baptist und bergischem Fachwerk im Blick.

Die Fahrt an unserem letzten Etappentag geht als erstes Richtung Kürten-Spitze. Das Dorf liegt am Rande der Gemeinde und neigt sich halb nach Bergisch Gladbach. Aber für Hans Kirch ist genau hier der Mittelpunkt. Er will uns zeigen, wo es hakt: an der Hauptkreuzung, die täglich Tausende von Fahrzeugen Richtung Köln und Gladbach passieren. Wer von Bechen komme, könne aber kaum in die Fahrspur der Bensberger Straße blicken.

Kirch berichtet von gefährlichen Situationen, die es deswegen oft gebe. Ein Umbau zu einem Kreisel wäre eine Alternative; so verfolgt es auch die Gemeinde nach einem BfB-Antrag aus diesem Frühjahr. Hugo Conrad gesellt sich hinzu.

Der 81-Jährige berichtet von der fehlenden Sitzgelegenheit am Spitzer Bushalt. „Auch ein Mülleimer fehlt.“ Er wünsche sich auch Sitzbänke an den Haltepunkten Dürscheid und Biesfeld. Im Zukunftsausschuss hat er deswegen schon vorgesprochen, Bürgermeister Willi Heider versprach Abhilfe. Für „Schaffner“ Benedikt Promberger hat Conrad eine Trillerpfeife mitgebracht. Damit keiner die Abfahrt des Busses verpasst.

Der Mittelpunkt von Rhein-Berg und Oberberg liegt am Ende eines Gewerbegebiets, zumindest was die Radiolandschaft anbelangt. Am Waldrand des Gewerbegebiets Cliev in Kürten-Herweg befindet sich die Sendezentrale von Radio Berg. Nachmittagsmoderator Basti Wirtz kommt gerade zur Arbeit, als die Zeitungskollegen vorbeischauen, Sandra Samper, Sebastian Poullie und Sascha Wandhöfer vom Morgenteam haben gleich Feierabend, während Chefredakteurin Wiebke Breuckmann bereits für die nächste Woche plant.

Tour-Begegnungen

Seit 35 Jahren ist Janusz Szewczuk als Pfarrer tätig, davon seit 18 Jahren in der Pfarre St. Marien Kürten/St. Johann Baptist. Bevor er nach Kürten gekommen ist, hat er im Vatikan seelsorgerisch gewirkt. Sieben Sprachen spricht der Priester. ,,Das war schon immer sehr hilfreich in dem Amt.“

Ihren ersten Arbeitstag hatte Hanna Heider (18) am Montag in der Katholischen Kindertagesstätte St. Antonius Einsiedler in Bechen. Sie absolviert ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Einrichtung.

Für Michael Müller ist der Park-and-ride-Platz in Spitze Ausgangspunkt fürs Gassigehen mit Hütehund Cormi. Der Parkplatz werde gut genutzt, auch von Gästen der Spitzer Lokale. Die kurze Strecke vom Wohnhaus zum Parkplatz fährt er mit dem Auto, weil sein Hund ohne Stress über die Kreuzung soll.

Jetzt kommt Bechen in den Blick, das Eselsdorf. Der Redaktionsbus parkt am Platz am Esel und ist gleich umringt von den Kindern der Bärengruppe der Kita St. Antonius Einsiedler. Für die sechs Kinder, die neu in die Kita gekommen sind, macht Leiterin Heike Schmalzgrüber Erinnerungsfotos: Sie dürfen auf die Esels-Skulptur klettern, das dazugehörige Foto wird später in der Kita aufgehängt. Für uns nimmt Mutter Anika Brosch mit Sohn Jan (3) auf dem Wahrzeichen Platz. Wenig später sitzen alle Kinder im Bus: Unser Oldtimer kutschiert die Rasselbande zurück zur Kita.

Nächster Stopp: der Bauhof der Gemeinde in Neuensaal. Mitarbeiter Waldemar Wons rüstet zum Einsatz. In den Ferien hat er mit seinen Kollegen in den Kürtener Schulen angestrichen, am Montag ist sein erster Arbeitstag nach dem Urlaub. „Klar Schiff machen steht an“, sagt er. In Weiden, dem nächsten Ort, stoßen wir auf Mitarbeiter des Rheinisch-Bergischen Kreises, die gerade das Speichermedium an der „Blitze“ auswechseln. Das gibt dann demnächst Post für so manchen Raser.

Begegnung mit „Montags-Wanderern“

Zurück in Kürten beobachten Rudi Schmitz und Reiner Lieth die Bus-Aktionen. Sie sitzen in der Bäckerei am Kirchplatz und sind gerade zurück von ihrer „Montags-Wanderung“, die Nachbarn sind durchs Altenbachtal gewandert. Vom Café aus haben sie den besten Blick auf den Kirchplatz. „Wir liegen zentral“, sagt Birgit Dahl, mit Kollegin Annika Hoßdorf hinter der Theke. Die Zeiten von Oberdorf und Unterdorf in Kürten seien dank der Initiative der IG Kürten endgültig vorbei.

Der erste Weg des radelnden Reporters, der in Biesfeld startet, führt zu Waltraud Dahl-Reich. Sie wohnt gegenüber dem Supermarkt in einer 58-Quadratmeter-Wohnung und ist vollauf glücklich und zufrieden damit. „Meine jetzige Wohnung ist klein und fein“, schwärmt die 63-jährige Oma von vier Enkeln, die aus Heidkamp stammt, aber seit 40 Jahren in Biesfeld lebt und hier auch ihre beiden Kinde großgezogen hat. Den Wald vor der Haustür, in 50 Minuten mit Bus und Bahn am Dom – in der seniorengerechten Siedlung hat sie ihren neuen Mittelpunkt gefunden. Vor fünf Jahren war sie mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann aus dem eigenen Haus in die Wohnung umgezogen, weil ihr der große Garten zu viel wurde. Alle hätten sie gewarnt. „Es hat aber keiner geschafft, es mir schlecht zu reden.“

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Im Supermarkt gegenüber ist unterdessen trotz Montagmorgen offensichtlich gut zu tun. „Hier ist immer was los“, berichten Monika Schmidt und Astrid Kohlgrüber aus der „Kleinen Backstube“. Sie haben hier ihren Tagesmittelpunkt: „Wir können uns nicht beklagen.“ Ruhiger geht es an diesem Morgen bei Xiaoing Tang zu. Der 41-jährige Chinese lebt seit fünf Jahren in Deutschland und betreibt in Eichhof den China-Imbiss „Jasmin“. Damit hat der Mann aus dem Reich der Mitte seinen neuen Mittelpunkt mitten im Bergischen gefunden.

Ebenfalls eher ruhig ist die Stimmung an der Rezeption von Gut Hungenbach. „Wir haben Montagmorgen“, sagt Sandra Stier und weist darauf hin, dass sich das Leben vor allem zum und am Wochenende abspielt. Dann gibt es auch schon mal Musik-Events, Irish Folk und mehr, sagt auch Christoph Wolter, 33. „Gut Hungenbach ist für mich zum Lebensmittelpunkt geworden“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer, der hier nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre zu arbeiten begonnen hat.

Das Leben geht weiter: Am Rathaus ist es gerade sehr, sehr ruhig, aber das liegt nur an der Uhrzeit: 12.08 Uhr, Mittagspause. Das gilt für viele Rathausmitarbeiter, aber nicht für Nadine Hasberg aus dem Vorzimmer des Bürgermeisters: Die junge Frau hält die Stellung, bedient zu ihrer sonstigen Arbeit auch Telefonzentrale und zentrale Eingangstür. Sie hat in diesem Moment nicht ihren Mittelpunkt im Rathaus gefunden – sie ist der Mittelpunkt.

Von der finalen siebten Etappe der Sommertour berichteten Christopher Arlinghaus, Claus Boelen-Theile, Stephan Brockmeier, Lea Menzel, Ines Wenzlaf und Guido Wagner.

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