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Regionaler EnergiemarktEntspannung für Verbraucher in Rhein-Berg

Lesezeit 4 Minuten
Die Preise für Strom und Gas werden nach Einschätzung der Belkaw-Geschäftsführer um fünf bis zehn Prozent steigen.

Die Preise für Strom und Gas werden nach Einschätzung der Belkaw-Geschäftsführer um fünf bis zehn Prozent steigen.

Bergisch Gladbach – Die Turbulenzen auf dem Energiemarkt halten an, aber für die Verbraucher hat sich die Lage insgesamt verbessert. Es gibt Alternativen zur Grundversorgung. Wir fassen die wichtigsten Entwicklungen für den Rheinisch-Bergischen Kreis zusammen.

Gibt es eine spezielle Entwicklung in Rhein-Berg, oder sind die Nöte der Menschen bei uns nicht die gleichen wie im Rest der Republik?

Die steigenden Preise bei Strom und Gas treffen alle Verbraucher im ganzen Land. Spezifisch ist die Art und Weise wie die hiesigen Energieunternehmen mit der Situation umgehen. Da gibt es große regionale Unterschiede.

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Zum Beispiel?

Nehmen wir die Aggerenergie, die auch der Grundversorger für Overath ist. Das Unternehmen bietet seit einigen Tagen wieder Verträge für Neukunden an. Verbraucher, die durch den Lieferstopp ihres alten Versorgers in die Grundversorgung gefallen sind, können so einen regulären Tarif bekommen. Bei einem jährlichen Verbrauch von 3000 kw/h beträgt der monatliche Abschlag 133 Euro – die vertragliche Bindung gilt ein Jahr. Im Grundtarif der Aggerenergie zahlt der Kunde 177 Euro.

Ja, dann doch nichts wie wechseln, oder?

Schwierig zu sagen. Die Stadtwerke Rösrath kündigten gestern an, dass sie voraussichtlich erst im April wieder Verträge für Neukunden anbieten wollen. Wilfried Müller, kaufmännischer Geschäftsführer: „Wir wollen unseren Kunden attraktive Angebote machen.“ Und das sei im Augenblick nicht möglich.

Aber das Beispiel der Aggerenergie zeigt doch, dass ein Wechsel sich lohnt.

Beim Tarif der Aggerenergie wird ein Kilowattpreis von 47,8 Cent berechnet. Im vergangenen Jahr lag der bei 35 bis 40 Cent. Sollten sich die Energiemärkte wieder beruhigen und die Preise auf dieses Niveau zurückkehren, hätte man wohl besser gewartet. Und es gibt inzwischen auch Anbieter, die Neukunden aufnehmen und billiger als die Aggerenergie sind. Der Energiemarkt ist liberalisiert und Verbraucher können Angeboten aus dem ganzen Land vergleichen. Ein Münchener könnte ja auch Kunde der Aggerenergie werden.

Aber sind nicht die Billiganbieter ein Teil des Problems und nicht Teil der Lösung?

Es gibt Billiganbieter, die haben ihre Kunden nicht rausgeschmissen. Ohne jetzt Namen zu nennen, gibt es Anbieter, die Ableger von den ganz großen Energieunternehmen wie etwa der RWE sind. Und die sind gerade mit attraktiven Angeboten auf dem Markt. Da wird mit Neukundenboni von über 100 Euro geworben. Auf den einschlägigen Vergleichsportalen im Internet ist da viel in Bewegung.

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Das war jetzt nur der Strommarkt, wie sieht es denn beim Gas aus?

Eigentlich identisch. Auch dort hat zum Beispiel die Aggerenergie wieder einen Tarif für Neukunden – weit teurer als der Vorjahrstarif, aber wesentlich billiger als die Grundversorgung. Belkaw und die anderen regionalen Versorger bieten weiter keine Gastarife für Neukunden an.

So versorgen sich die Kommunen mit Strom und Gas

Die Stadt Bergisch Gladbach ist derzeit dabei, die Ausschreibung für die Strom- und Gasversorgung vorzubereiten. Der bisherige Billiganbieter hatte die Lieferung eingestellt und Gladbach war in die teure Grundversorgung der Belkaw zurückgefallen.

Odenthal bezieht Ökostrom und Gas von der Belkaw. 2019 und 2020 gab die Gemeinde nach Angaben des Kämmerers Thorsten Stefer dafür jährlich rund 590.000 Euro aus. Dieses Jahr müsse man neu ausschreiben, kündigte er an. Es zähle das wirtschaftlichste Angebot. Daher sei es wichtig, die gewünschten Leistungsinhalte klar zu beschreiben, damit die Gemeinde für ihr Geld am Ende auch das bekomme, was sie möchte, sagte Stefer, ein klarer Befürworter des Vergaberechts.

In Overath musste der Vertrag über die Gasversorgung turnusgemäß neu ausgeschrieben werden, und der zuständige Beigeordnete Thorsten Steinwartz gesteht ein, dass die Stadt „zu einem schlechten Marktzeitpunkt dran war“. Dennoch sei die Belieferung immer noch günstiger als die Grundversorgung, und Overath sei auch nicht „irgendwo rausgeflogen“. Was die Stromversorgung der Stadt anbelangt, wird Overath von der stadteigenen Gesellschaft „O-Saft“ beliefert. Wenn dieser Vertrag auslaufe, so Steinwartz, sei zu prüfen, ob die Stromversorgung ausgeschrieben werden müsse oder „inhouse“ wieder an die stadteigene Gesellschaft O-Saft gehe.

In Kürten liegt die Energieversorgung bei der Bergischen Energie und Wasser GmbH (BEW) – ein kommunaler Energieversorger mit Zentrale in der Nachbarstadt Wipperfürth. Für drei Jahre sind laut Bürgermeister Willi Heider (parteilos) die aktuellen Verträge über die Lieferungen für Strom und Gas abgeschlossen, die Laufzeiten gehen bis 2023, beziehungsweise 2024. Europaweit habe die Gemeinde ausgeschrieben und anschließend die BEW als Kooperationspartner ausgewählt.

Der Kreis war 2019 in die Grundversorgung zurückgefallen – und blieb dort ein ganzes Jahr. Die Mehrkosten wurden auf 290.000 Euro beziffert. Seit Januar 2021 beliefert die BEW den Kreis.

Von der Stadt Rösrath war trotz mehrfacher Nachfragen nur zu erfahren, die Vergabe der Energieversorgung erfolge über öffentliche Ausschreibung. (red)

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