Stichwahl in RösrathWas die Bürgermeisterkandidaten trennt und was sie verbindet

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RB-Roesrath-Stichwahl

Marcus Mombauer und Bondina Schulze

Bei der Stichwahl zum Bürgermeisteramt am 27. September können die Rösrather Wähler zwischen Amtsinhaber Marcus Mombauer und Herausforderin Bondina Schulze entscheiden. Über ihre politischen Schwerpunkte sprachen sie mit Guido Wagner, Thomas Rausch und Stephan Brockmeier. Die Rösrather Wähler haben für deutliche Verschiebungen im Stadtrat gesorgt. Welches Signal geht davon aus? Bondina Schulze: Für die Grünen lässt sich sagen, dass die Wähler unseren Weg für den richtigen halten. Wir haben den Nerv getroffen, in Zeiten des Klimawandels können wir nicht weitermachen wie bisher.

Marcus Mombauer: Es ist schon bemerkenswert, wie viele Stimmen in Forsbach zu Fors-Park abgewandert sind. Da will ich genau hinschauen und auch zuhören. Als Bürgermeister bin ich mit meinen über 40 Prozent zufrieden, das liegt deutlich über dem Ergebnis der CDU. Der Wähler scheint durchaus zu differenzieren.

Sie beide arbeiten schon so lange zusammen, wird es da nicht schwierig, sich voneinander abzusetzen?

Alles zum Thema Fridays for Future

Schulze: Wir hatten einen fairen Wahlkampf, da sind viele gemeinsame Ziele deutlich geworden. Aber die Herangehensweisen sind unterschiedlich. In der Kooperation haben wir Grüne gut verhandelt, wir konnten uns gegenseitig vieles zugestehen.

Trotzdem wollen Sie ins Rathaus, Frau Schulze, und Herr Mombauer will da bleiben. Beides geht nicht. Wie wollen Sie sich da absetzen?

Schulze: Ich mache es anders. Ich will dafür sorgen, dass die Stadtverwaltung personell gut aufgestellt ist, als langjährige Personalreferentin bringe ich eine gewisse Expertise mit. Wir waren lange in der Haushaltssicherung, aber jetzt gibt es mehr Spielräume. Viele gute Mitarbeiter haben die Verwaltung verlassen und das hat nicht nur monetäre Gründe.

Mombauer: An erster Stelle steht das Wohl der Stadt. Da gilt es, im Stadtrat Mehrheiten zu finden. Da macht eine Kooperation, wie wir sie seit zwölf Jahren haben, Sinn. Deswegen funktioniert es in Rösrath so gut.

Das Thema Personal ist natürlich wichtig, daher haben wir uns von einem Personalentwicklungsunternehmen beraten lassen. Wir haben festgestellt, dass es Mängel gibt, aber wir haben sie jetzt angefasst. Frau Schulze hat Recht: Ohne Haushaltssicherung haben wir andere Möglichkeiten.

Herr Mombauer, setzt das größere Gewicht der Grünen Sie unter Druck, noch mehr für eine ökologisch ausgerichtete Politik zu tun?

Mombauer: Die Welt ist im Wandel, das ist längst auch in Rösrath angekommen. Wir müssen etwas für das Klima tun. Das ist kein grünes Thema mehr, sondern auch eines der CDU. Wenn die Grünen stärker geworden sind, wird die Kooperation größer, das ist ja nichts Schlechtes. Es gibt viele Dinge, die wir in Rösrath schon verändert haben, ich nenne mal die Blühstreifen an der Sülz oder den Einsatz nachhaltiger Produkte in der Stadtverwaltung. Ein wichtiger Hebel sind auch Vergabegrundsätze, da können wir für Nachhaltigkeit sorgen.

Schulze: Es gibt Signale, die wir aufnehmen müssen, auch von „Fridays for Future“. Ich möchte den Verkehrsraum neu aufteilen. Ich fahre selbst Auto, aber auch mit dem Fahrrad und der Bahn. Da sehe ich, dass zu wenig Raum da ist, deshalb muss man Geschwindigkeiten reduzieren oder Radwege abseits der Hauptstraßen schaffen. Ein Beispiel ist die Rotdornallee. Denkbar ist auch ein Einbahnstraßensystem, da muss man sich von Experten beraten lassen und mit Radfahrern und ihren Interessenvertretern sprechen.

Mombauer: Beim Ausbau der Bahn sind wir auf andere angewiesen. Das Land will die Beseitigung des Bahnübergangs Gerottener Weg finanzieren, darauf warten wir bis zum heutigen Tag. Aber wir haben vieles geschaffen – Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und Fahrradboxen an den Bahnhöfen. Auch die Barrierefreiheit hat Fortschritte gemacht.

Der Busbahnhof am Zentralbahnhof Rösrath ist heute direkt am Gleis. In Stümpen haben wir weitere Parkmöglichkeiten am Bahnhof geschaffen, da ist jeder Platz besetzt. Das heißt, die Bahn wird stärker genutzt. Daran arbeiten wir. Der beste Weg für die Zukunft wäre eine Wasserstoffbahn.

Was ist über die Verkehrspolitik hinaus für den Klimaschutz zu tun?

Schulze: Ein entscheidender Beitrag ist dezentrale Energieerzeugung über Solarenergie. Viele Dächer in Rösrath sind geeignet, das zeigt ein Solardachkataster. Darüber hinaus brauchen wir CO2 -neutrale städtische Gebäude bis 2030. Das ist ambitioniert, aber nur so kann es gelingen.

Mombauer: Mit dem eigenen Energieunternehmen als Tochter der Stadtwerke haben wir einen wichtigen Schritt gemacht. Da haben wir zu 100 Prozent regenerativ erzeugten Strom. Ich wünsche mir, dass sich der komplette Stadtrat dazu bekennt, Kunde der Stadtwerke Rösrath Energie GmbH zu sein. Für mich ist es auch wichtig, dass wir beim Bauen Stoffe verwenden, die nachhaltig sind.

Schulze: Da stimme ich hundertprozentig zu.

Mombauer: Das ist keine grüne Politik, sondern das ist einfach zukunftsbezogen.

1. und 2. Wahlgang

Bei der Bürgermeisterwahl am 13. September erhielt Amtsinhaber Marcus Mombaier (CDU) 40,2 Prozent der Stimmen. Auf Bondina Schulze (Grüne) entfielen 22,4 Prozent. Am 27. September treten beide zur Stichwahl an – und kämpfen um die Stimmen der im ersten Wahlgang unterlegenen Bewerber. (tr)

Schulze: Ich wohne seit 20 Jahren in einem Holzhaus mit Holzfaserdämmung, das ist energetisch sensationell günstig. Es gibt ganz viele Ideen, die man umsetzen kann. Ich freue mich zu hören, dass die CDU da mitzieht. Die Zusammenarbeit wird ja in der einen oder anderen Form weitergehen.

Viele Bürger treibt auch das Thema Fluglärm um. SPD-Bürgermeisterkandidat Dirk Mau ist am weitesten gegangen und hat ein Nachtflugverbot auch für Frachtflüge gefordert. Was können Sie den Bürgern anbieten, die ihn gewählt haben?

Schulze: Das Thema Lärmschutz gehört zur grünen DNA. Zugleich sind die berechtigten Belange aller Beteiligten zu berücksichtigen. Es war ein CDU-Verkehrsminister, der 2008 die Nachtflugerlaubnis im Handstreich bis 2030 verlängert hat. Wir gehen deshalb an die Entscheider heran, das muss ich nicht plakativ in der Zeitung propagieren.

Mombauer: Ich habe eine ganz andere Haltung dazu. Eine klare Haltung muss bereits in der Kommune beim Bürgermeister beginnen. Dementsprechend habe ich mich als Bürgermeister verhalten. Ich wohnte lange Jahre in Rambrücken, jetzt in Forsbach, und kenne das Lärmproblem aus nächster Nähe. Das ärgert nicht nur mich maßlos, sondern Tausende andere. Es muss nicht sein, dass Menschen wegen eines günstigen Flugpreises nachts in den Urlaub reisen. Der Passagierflug sollte zwischen 23 und 6 Uhr ruhen. Der Frachtflug ist für die Wirtschaft sehr wichtig, aber Start und Landung sollten frühestens ab 6 Uhr erfolgen. Ich finde es richtig, dass die Wähler das wissen wollen.

Damit sind Sie jetzt noch ein deutliches Stück weiter gegangen als in Ihrem Brief an die Nachtflug-Initiative.

Mombauer: Ja.

Schulze: Ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, dass ich diese Position nicht teile. Es ist klar, dass wir uns über Parteigrenzen hinweg dafür einsetzen, dass wir nachts Ruhe haben.

Bürgerbeteiligung ist ein weiteres Thema, das in den letzten Jahren immer wieder hochgekocht ist. Was ist Ihre Position dazu?

Mombauer: Wir haben eine repräsentative Demokratie. Dazu brauchen wir aktive Wahlkreis-Vertreter. Gleichzeitig kann ich verstehen, dass es von Interesse ist, öffentliche Diskussionsrunden zu wichtigen Themen zu veranstalten. Da ist nur die Frage, wer in der Stadtverwaltung das begleitet. Ich bin ein Freund der Bürgerbeteiligung. Wir hatten drei Diskussionsrunden in Kleineichen zum Fluglärm, die Diskussion zum Sülztalplatz war sehr erfolgreich.

Schulze: Da kann ich nur zustimmen. Neben neuen, alternativen Beteiligungsformaten könnten die Bürger die vorhandenen Möglichkeiten besser nutzen, das Ratsinformationssystem ist für alle zugänglich, aber vielleicht sollten wir es noch leichter handhabbar machen. Und wenn ein Thema unvorhergesehen hochkocht, sollte auch weiter die Möglichkeit bestehen, dass Bürger spätestens in Ausschusssitzungen zu Wort kommen.

Beteiligung heißt aber nicht, dass man immer einer Meinung ist. Bei Bauprojekten wird es trotzdem Konflikte geben.

Mombauer: Richtig. Ich bin Vater von zwei erwachsenen Kindern, die wollen in Rösrath wohnen, trotz der hohen Immobilienpreise. Wir sind in der Verantwortung, Flächen für Wohnungsbau moderat auszuweisen, um Wohnraum für Rösrather zu schaffen. Aber es gilt auch, den Charakter der Ortsteile zu bewahren.

Schulze: Gut, dass wir eine repräsentative Demokratie haben, da müssen wir im Interesse der Gesamtheit entscheiden. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass wir in Rösrath ein moderates Wachstum benötigen, um auf den Bedarf zu reagieren. Wir als Grüne möchten darüber hinaus, dass bezahlbarer Wohnraum entsteht.

Mombauer: Als Bürgermeisterin oder Bürgermeister müssen wir die gesamte Stadt im Blick haben. Wenn es eine Wählergemeinschaft wie Fors-Park gibt, ist das ein Signal. Ich glaube, dass es nun wichtig ist, auf die Menschen zuzugehen und sich mit den Argumenten auseinanderzusetzen.

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Schulze: Ich freue mich über die beiden neuen Wählergemeinschaften. Das ist gut für die Demokratie. Es wird am Anfang sicher anstrengend, aber es kann auch fruchtbar sein. Egal, wer von uns beiden Bürgermeister wird. Ich sehe mich da als Bürgermeisterin in einer Moderatorenrolle.

Mombauer: Ich glaube, dass ich in zwölf Jahren gezeigt habe, dass ich gut vermitteln kann. Bei uns läuft doch vieles sehr harmonisch und ergebnisorientiert.

Warum, Frau Schulze, sollen die Rösrather für Veränderung im Rathaus stimmen und Sie wählen?

Schulze: Die Wahlergebnisse zeigen, dass den Grünen für viele Themen eine besondere Kompetenz zugewiesen wird. Ich glaube, dass eine grüne Bürgermeisterin mehr vorantreiben kann.

Warum, Herr Mombauer, sollen die Rösrather Sie als Bürgermeister behalten?

Mombauer: Mich hat es sehr betroffen gemacht, dass mich die Vorsitzende der Grünen aufgefordert hat, im Ratssaal das Kreuz abzuhängen. Das ist mir sehr schwer gefallen, denn ich verstehe mich als Christ. Ich glaube, die Entwicklung Rösraths in den letzten zwölf Jahren war eine sehr gute. Da habe ich viele Akzente gesetzt, das Ehrenamt liegt mir besonders am Herzen. Da muss es im Rathaus jemand geben, der den Takt vorgibt.

Was machen Sie, Herr Mombauer, wenn Sie nicht gewählt werden?

Mombauer: Ich habe keinen Plan B.

Und was machen Sie, Frau Schulze, wenn Sie nicht gewählt werden?

Schulze: Dann mache ich weiter Kommunalpolitik. Aber mit dem größeren Gewicht der Grünen im Rücken.

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