Städtische Musikschule LeichlingenLehrer haben teilweise seit März nichts verdient

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Tomke Andresen versucht behelfsmäßig per Skype und Zoom Kinder für das Musikmachen zu begeistern.

Tomke Andresen versucht behelfsmäßig per Skype und Zoom Kinder für das Musikmachen zu begeistern.

Leichlingen – Der Musikkater hat die Instrumente versteckt und Tomke Andresen sucht. Die Dozentin für musikalische Früherziehung an der Musikschule Leichlingen holt sie aus den Ecken des Unterrichtsraums im Bürgerhaus Am Hammer und bringt sie vor einem Bildschirm zum Klingen.

Sie ist aufgrund des Kontaktverbots im Zuge der Corona-Pandemie allein im Raum. Über die Video-Kommunikations-App Zoom ist sie aber mit ihren Schülern, vier bis sechsjährigen Kita- und Vorschulkindern, für gut 30 Minuten in ihren Kinderzimmern verbunden – online. „Auch hier lernen sie das Hören, Hineinhören. Wir schulen das Gehör.“

Enorme Verluste

Hinhören, zuhören, aufmerksam sein – das wünschen sich Andresen und ihre über 40 Kollegen an der Musikschule Leichlingen auch von Politik und Gesellschaft. Besonders jetzt, da sie mit Unterrichtsstunden via Skype oder Zoom täglich darum kämpfen, dass nicht alle ihre Einkünfte wegbrechen. Nur gut 30 Prozent der Musikschüler nehmen das Angebot des Online-Unterrichts an. „Wir haben alle gerade enorme Verluste. Es gibt Kollegen, die haben seit Mitte März nichts mehr verdient“, sagt Tomke Andresen.

Hohe Fluktuation

Aber auch schon vor Corona war klar, dass sich in der kleinen Kommune etwas ändern muss. Denn Geld gibt es nur während der Unterrichtszeiten, in den Ferien nichts. In Jubelarien verfällt, wer andernorts eine Festanstellung ergattert, die Fluktuation an der Musikschule Leichlingen ist hoch.

Die CDU und ihr Bürgermeisterkandidat Maurice Winter äußerten zuletzt ernste Sorgen über den Fortbestand der Musikschule. Vor wenigen Wochen wollte Emanuel Dähn. Trompetenlehrer und Sprecher der Dozenten, eine Petition starten und die Eltern der Musikschüler mit ins Boot holen. Durch Corona liege das nun auf Eis, sagt Dähn.

Im Herbst hatten die freiberuflichen Musiklehrer von der Stadt eine Honorarerhöhung um 20 Prozent gefordert und die Schaffung von vier Stellen nach öffentlichem Tarif. Die CDU stellte daraufhin eine Anfrage im Rat, was das kosten würde. Gut 100000 Euro mehr wären das, wie Maurice Winter nun gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger erklärte. Seine Fraktion habe eine Erhöhung der Honorare um 20 Prozent gefordert, dafür aber keine demokratische Mehrheit erhalten.

Honorare steigen langsam

Immerhin habe man sich darauf geeinigt, dass über einen Zeitraum von vier Jahren die Honorare je um fünf Prozent erhöht werden sollen. Die Entscheidung fiel am Ende einstimmig. Bei jedem Haushalt werde nun neu beraten. Die Leichlinger Personalamtsleiterin Uta Heber-Wenzel erläutert: „Der Betrieb der Musikschule stellt eine freiwillige Leistung der Stadt dar. Eine Erhöhung der Honorare um fünf Prozent ist dabei eine noch verkraftbare Ausweitung mit jährlichen Kosten von rund 15 000 bis 20 000 Euro. Die Einrichtung von vier Vollzeitstellen würde jedoch eine erheblich höhere Aufwandsausweitung im sechsstelligen Eurobereich bedeuten, die im Haushalt ohne entsprechende Einsparmöglichkeiten – zum Beispiel durch entsprechende Steuererhöhungen – nicht darstellbar ist. Prognosen für die künftige, auch haushalterische Entwicklung kann ich – auch mit Blick auf das Etatrecht des Rates – nicht geben.“

Wie die Entwicklung zumal nun vor dem Hintergrund der Corona-Krise und ihren zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen aussehen wird, wagt auch Maurice Winter nicht zu prognostizieren. „Wir müssen den Haushalt bis 2023 ausgleichen“, sagt er.

Feste Stellen verbleiben somit in Leichlingen auf der Wunschliste der Honorarkräfte. „Viele Eltern wissen von unserer Situation gar nichts“, sagt Dähn. Durch Corona werde die Not existenziell: „Die Lehrer, die online nichts machen, verdienen jetzt null Euro.“

Stadtkämmerer Thomas Knabbe erklärte: „Das Budget der Musikschule beläuft sich im Haushalt 2020 auf 632 000 Euro. Dieser Betrag stellt die Deckungslücke ohne Betrachtung interner Leistungsbeziehungen – zusätzlich 60 000 Euro – dar, die nicht durch Beiträge und Förderungen, sondern durch Musikschulgebühren und allgemeine Steuereinnahmen ausgeglichen werden muss.“

Jede weitere Aufwandsausweitung führe zu einer noch größeren Unterdeckung, die derzeit bei rund 290 000 Euro liege. Dem könne aber nur durch Steuererhöhungen und somit Beteiligung der Allgemeinheit, die keine Leistungen der Musikschule in Anspruch nehme, begegnet werden.

Keine Konkurrenz für Private

„Die Stadt Leichlingen darf sich nur dann wirtschaftlich betätigen, wenn der öffentliche Zweck durch einen privaten Unternehmer oder Dienstleister nicht wirtschaftlicher und besser ausgeführt werden kann“, erläutert Knabbe.

Vor dem Hintergrund vieler privater Angebote musikalischer Bildung wäre daher eine Kostenausweitung durch Schaffung zusätzlicher Lehrerstellen in diesem Bereich der öffentlichen Verwaltung sowie damit verbundener, zusätzlich entstehender Finanzierungsschwierigkeiten aus rechtlicher Sicht nicht möglich. Entsprechende Klageverfahren privater Anbieter von musikalischen Ausbildungsangeboten wären nach Ansicht Knabbes mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen und sogar rechtlich begründet, was zu einer Unterlassungsverfügung für das Angebot solcher Leistungen bei der Stadt Leichlingen führen würde.

Aber: „Die Musikschule der Stadt Leichlingen besitzt eine im interkommunalen Vergleich vorzeigbare Verwaltungsorganisation, aufgrund derer ein so vielfältiges Angebot auch mit Blick auf die Durchführung von Veranstaltungen sowie Austauschfahrten vorgehalten werden kann“, sagt Knabbe.

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