Von der Impfstoffnot zur FlauteGladbacher Impfzentrum schließt und zieht Bilanz

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...dann schloss das Impfzentrum für immer.

...dann schloss das Impfzentrum für immer.

Rhein-Berg – Die 13-jährige Merle aus Odenthal ist gestern die letzte, die sich ihre zweite Corona-Schutzimpfung gemeinsam mit ihrer Mutter Anja Strüning abholt. Als die beiden das Impfzentrum verlassen, schließen Uwe Berk von den leitenden Impfärzten, Ingeborg Schmidt vom Deutschen Roten Kreuz und Nadine Spiegel von den Johannitern mit Security-Mitarbeiter Robert Kraft zum letzten Mal das große Rolltor im Untergeschoss der Rhein-Berg-Galerie. Nach knapp acht Monaten schloss das Impfzentrum im Untergeschoss der Rhein-Berg-Galerie wie vom Land geplant.

Gerade mal 129 Impflinge erhielten am letzten Tag eine Corona-Schutzimpfung. Dabei waren die 81, die ohne Termin am letzten Öffnungstag kamen, schon viel im Vergleich zur von Impfmüdigkeit geprägten Flaute der vergangenen Wochen (wir berichteten).

Weiter mit mobilen Impfteams

Kein Vergleich zum ersten Öffnungstag am 8. Februar: Da standen die Impfinteressenten durchs halbe Einkaufscenter Schlange, wollte jeder eine Impfung haben. Es kamen aber erst nur die über 80-Jährigen zum Zuge und auch nur dann, wenn sie über die zentrale Telefonnummer oder Internetplattform der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein einen Termin ergattert hatten. Manche versuchten es wochenlang.

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Das größte Problem neben der organisatorischen Überlastung der Anmeldesysteme damals: Es gab noch kaum Impfstoff. Da war es eigentlich ein Segen, dass es dem Leitenden Impfarzt Dr. Hans-Christian Meyer gelang, mit Hilfe von Spezialspritzen eine Dosis mehr Impfstoff aus jeder Ampulle des Herstellers Biontech/Pfizer zu ziehen. Da indes hatten er und der Kreis die Rechnung ohne das Gesundheitsministerium gemacht (siehe separater Bericht).

Bereitstellung und Inbetriebnahme logistischer Kraftakt

Mit hohem persönlichen Einsatz hat Gerhard Weber von der Kreisverwaltung das Impfzentrum mit den Kooperationspartnern gemanagt – von der Kassenärztlichen Vereinigung über die Hilfsorganisationen DRK und Johanniter bis hin zur Security und den Apothekerinnen und Apothekern, die nach den Planungen des Gesundheitsministeriums für die Aufbereitung des Impfstoffs zuständig waren.

„Die kurzfristige Bereitstellung des Impfzentrums Ende 2020 und auch die Inbetriebnahme waren logistische Kraftakte, die sehr herausfordernd waren“, erinnert sich Kreiskämmerer Klaus Eckl, der als Dezernent des Kreises für die vom Land geforderte Einrichtung des Impfzentrums zuständig war.

Unter drei NRW-Zentren mit höchsten Immunisierungszahlen

Mitte Dezember war es wie vom Land gefordert fertig, doch wegen der damaligen Impfstoffknappheit wurde die Eröffnung immer wieder verschoben. Zunächst wurden die ersten raren Impfstoffmengen von Impfteams in Senioren- und Pflegeheimen verimpft, bevor am 8. Februar das Impfzentrum zunächst für über 80-Jährige nach Terminvereinbarung sein Rolltor öffnete.

„Alle Mitarbeitenden waren hoch engagiert und ich persönlich empfand die Bürgerinnen und Bürger rückblickend als sehr geduldig, verständnisvoll und dankbar für das Hilfsangebot“, erinnert sich der Organisatorische Leiter des Impfzentrums, Gerhard Weber: „Am Ende waren wir unter den drei Impfzentren in NRW mit den höchsten Immunisierungszahlen. Das freut mich sehr.“

Koordinierende Covid-Impfeinheit eingerichtet

Für den Betrieb eines Impfzentrums gab es damals keine Blaupause. Dann kamen immer neue Erlasse, wer unter welchen Bedingungen geimpft werden durfte. „Das erforderte von allen eine hohe Flexibilität und Kreativität“, so Frank Stobbe von der Kassenärztlichen Vereinigung.

Nach der Schließung des Impfzentrums werden die flächendeckenden Impfungen durch die hausärztlichen Praxen übernommen. „Für die Koordinierung außergewöhnlichen Impfgeschehens, etwa im Falle größerer Ausbruchsgeschehen oder neuer hochansteckender Varianten, gibt es künftig die Koordinierende Covid-Impfeinheit (KoCI)“, erläutert Johannes Deppe vom Kreis, der diese Einheit leitet.

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Eine ganze Menge Erfahrungen mit mobilen Impfteams hat auch die Feuerwehr Bergisch Gladbach bereits gesammelt, die seit dem Frühsommer zwei mobile Impfteams im Auftrag des Kreises organisierte. „So entstand auch einer der ersten Impf-Drive-Ins in Deutschland“, lobt Frank Haag, stellvertretender Leiter der Feuerwehr, die Zusammenarbeit.

Ab Montag, 4. Oktober, geht das Impfen neben den Hausarztpraxen auch mit mobilen Impfteams weiter. Die aktuellen Standorte der Impfteams gibt’s auf der Internetseite des Kreises.

Impfzentrum in Zahlen

378.509 Corona-Schutzimpfungen wurden im Impfzentrum Bergisch Gladbach seit dem 8. Februar verabreicht (Stand: 27. September).

1800 Impflinge kamen zu den besten Zeiten pro Tag ins Impfzentrum, zuletzt lag die tägliche Besucherzahl bei 130 bis 360 Personen pro Tag.

70 Mitarbeitende von Kreis (inklusive Telefon-Hotline), DRK und Johanniter, Kassenärztlicher Vereinigung (medizinisches Personal), Apotheker und Security waren pro Tag im Impfzentrum im Einsatz.

943 Kinder und Jugendliche zwischen zwölf und 16 Jahren wurden in den vergangenen Wochen seit Freigabe des Impfstoffs für diese Altersgruppe im Impfzentrum geimpft.

3,5 Millionen Euro hat der Betrieb des Impfzentrums seit Februar laut Kreis gekostet, dabei seien die Kosten für Impfärzte und Impfstoff noch nicht berücksichtigt.

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