Förster in Rhein-Sieg-Erft„Ist erschreckend,wie unverschämt manche Waldbesucher sind“

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Nach fast 40 Jahren als Forstamtsleiter geht Uwe Schölmerich in den Ruhestand.

Rhein-Sieg/Rhein-Erft-Kreis – Fast 40 Jahre arbeitete Uwe Schölmerich für den Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen. Am 1. April 1987 übernahm er als Forstamtsleiter den heutigen Regionalbezirk Rhein-Sieg-Erft. Zum 31. Januar ist er nun im Alter von 65 Jahren in den Ruhestand gegangen. Margret Klose sprach mit ihm.

Warum wollten Sie Förster werden?

Mein Onkel, Hubert Koch, war Förster in Winterberg im Sauerland und hat mich oft in den Ferien mit in den Wald genommen. Und von Anfang an hat mich der Wald mit seiner Atmosphäre, die Vegetation und vor allem die Vielfalt der Förster-Aufgaben begeistert.

Was wollten Sie als junger Förster im Wald verändern?

Natürlich wollte auch ich ihn vor dem Waldsterben retten. Das ist ja schon seit 1982 ein großes Thema.

Ist Ihnen das auch ein bisschen gelungen?

So schlimm, wie man es damals befürchtete, kam es erstmal nicht, weil der saure Regen durch die Entschwefelung der Kraftwerke weniger sauer wurde. Waldbaulich haben wir schon die richtigen Weichen gestellt, aber so etwas dauert halt sehr lange, und die Klimaveränderung wurde unterschätzt – oder man wollte sie nicht wahrhaben.

Was war und ist für Sie das Schönste an Ihrer Arbeit?

Ich liebe es, den Wald zu lesen, ihm Geschichten zu entlocken, wie er entstanden ist, wie mit ihm umgegangen wird und wie seine Zukunft aussieht.

Können Sie Beispiele nennen?

Jeder Wald vermittelt mir neue Eindrücke. Im alten Wald sehe ich dicke Eichen mit sehr großen, tief angesetzten Kronen. Das sind Waldflächen, die vor 150 Jahren als Mittelwald bewirtschaftet wurden. Im Rekultivierungswald kann man gut erkennen, ob der Wald oft genug durchforstet wurde und die Bäume genug Platz hatten. Denn nur dann konnten sich die Mischwälder entwickeln und die Bäume dick und stabil wachsen. Solche Wälder haben bessere Chancen in der Zukunft als die, in denen die Bäume viel zu dicht stehen und deswegen kleine Kronen haben. Man kann einem Wald genau ansehen, ob er gut gepflegt wurde.

Was zeichnet den Regionalbezirk Rhein-Sieg-Erft aus?

Die Vielfalt. Unser Forstbezirk hat sehr viel zu bieten, angefangen von den Höhenlagen im Bergischen Land über die Tieflagenwälder des Kotten- und des Königsforsts bis zu den ausgedehnten Rekultivierungswäldern in den ehemaligen Braunkohlerevieren. Besonders ist auch die Zahl der potenziellen Waldbesucher. Im gesamten Bezirk leben 2,4 Millionen Menschen. Viele von ihnen nutzen und brauchen den Wald zur Erholung.

Zur Person

Uwe Schölmerich kam in Marburg auf die Welt. Er ist verheiratet, Vater zweier Töchter und inzwischen auch schon Großvater eines Enkelsohns.

Nach dem Abitur studierte er in Freiburg Forstwissenschaft und zog nach dem Staatsexamen 1982 ins Rheinland nach Brühl. Er arbeitete zunächst als Gutachter für Grundwasser-Senkungsschäden im rheinischen Braunkohlenrevier. Es folgten berufliche Stationen in Düsseldorf, als Forstamtsdezernent im Forstamt Ville, schließlich als Referent für Waldbewertung und Betriebswirtschaft an der Höheren Forstbehörde in Bonn. Am 1. April 1987 wurde Schölmerich Chef des Forstamts Ville, das im heutigen Regionalforstamtes Rhein-Sieg-Erft aufging. Hier war er zuständig für 130 Mitarbeiter und 62.000 Hektar Wald, davon 23.000 Hektar Staatswald. (mkl)

Welche Veränderungen haben Sie in diesem Bezirk auf den Weg gebracht?

Da wären zunächst einmal die vielen Fichtenwälder, die wir zu Mischwäldern umgebaut haben. Damit sind wir auch noch beschäftigt. Zudem wurden insbesondere im Rekultivierungsgebiet etliche Pappelwälder in Laub- und Nadelmischwälder verwandelt. Diese konnten nur durch die regelmäßigen Durchforstungen entstehen und langfristig stabilisiert werden.

Was waren Ihre Aufgaben als Leiter des Regionalforstamts?

Nach der zweiten Reform 2008, bei der auch das Regionalforstamt gegründet wurde, hat sich Vieles gewandelt. Seitdem bin ich vorwiegend für Personalangelegenheiten, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Beschwerdemanagement, Repräsentation und Öffentlichkeitsarbeit, ebenso wie waldbauliche Grundsätze und Sonderfälle zuständig.

Das klingt nach viel Schreibtischarbeit.

Ja. Die Bürokratisierung wird ja in vielen Bereichen kritisiert. Wenn schon beim Revierförster der Schreibtisch mehr Zeit erfordert als die Arbeit im Wald, dann stimmt was nicht im System. Kritisch finde ich auch, dass unser Waldmanagement zunehmend von einzelnen Gruppierungen in Frage gestellt wird, die nur einen einzigen Aspekt sehen. Dabei dient die integrierte Waldwirtschaft allen Funktionen, das geht nur mit Kompromissen.

Worüber beschweren sich die Waldbesucher bei Ihnen?

Die meisten beschweren sich über die Fahrradfahrer, die mitunter zu schnell im Wald unterwegs sind. Aber auch über Autofahrer im Wald, über Lärm durch Waldarbeiten und Schlamm auf den Wegen gehen regelmäßig Beschwerden ein.

Umgekehrt, was ärgert die Förster am meisten an den Waldbesuchern?

Das ist unter anderem das Unverständnis der Bevölkerung für die winterliche Waldpflege und Durchforstung. Je nach Wetterlage sind dabei schlammige Wege einfach nicht zu vermeiden. Ich würde mir aber auch ein bisschen mehr Rücksichtnahme gegenüber unseren Mitarbeitern und den Waldbesuchern untereinander wünschen. Es ist teils erschreckend, welche unverschämten Äußerungen manche Waldbesucher aussprechen, wenn man sie auf falsches Verhalten anspricht. Ich würde meinen Kollegen hier mehr Unterstützung und Konsens in der Politik und Akzeptanz in der Gesellschaft wünschen.

Wenn Sie an Ihre Arbeit im Forstbezirk denken, was fällt Ihnen zuerst ein?

Wir müssen den Wald besser auf die Klimaänderung vorbereiten. Seine Bedeutung als Klimaschützer, Erholungsraum und Naturrefugium wird in den kommenden Jahren noch zunehmen.

Was hätten Sie gern noch auf den Weg gebracht?

In den Erholungsschwerpunkten brauchen wir Ranger als dauerhafte Ansprechpartner für die Waldbesucher genau wie im Nationalpark. Damit könnten wir viele Konflikte entschärfen und das Wissen um Wald und Natur erheblich verbessern.

Welches Ereignis war in all den Jahren das Schlimmste?

Das sind in erster Linie die großen Dürrejahre seit 2018. Immer noch hat sich der Wald von den heißen und trockenen Sommern der vergangenen drei Jahre nicht erholt. Immer noch fehlt auch unserem Wald bis in die tieferen Erdschichten Wasser.

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Was wünschen Sie dem Wald?

Zuallererst das Einhalten des 1,5-Grad-Szenarios des Klimawandels.

Was wünschen Sie Ihrem Forstamt?

Ich wünsche mir ein lebendiges, produktives und erfolgreiches Forstamt Rhein-Sieg-Erft mit weiterhin waldbegeisterten Mitarbeitenden.

Bleiben Sie dem Wald auch Zukunft weiter verbunden?

Natürlich. Als Spaziergänger, Radfahrer, Reiter und auch als Jäger werde ich den Wald weiter genießen. Auch mit meinem Fotoapparat werde ich sicherlich öfter im Wald unterwegs sein.

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