„Alle Lehrer haben mitgemacht“16-Jährige schafft Schulabschluss trotz Krebserkrankung

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Die 16-jährige Lea aus Kirchtroisdorf erkrankte an Lymphdrüsenkrebs. Dank moderner Technik konnte sie am Unterricht teilnehmen.

Die 16-jährige Lea aus Kirchtroisdorf erkrankte an Lymphdrüsenkrebs. Dank moderner Technik konnte sie am Unterricht teilnehmen.

  • Mit nur 16 Jahren erkrankte Lea überraschend an Lymphdrüsenkrebs.
  • Ihre Lehrerinnen hörten von einem Gerät, das Fernunterricht von zu Hause ermöglicht.
  • Dank dem „Avatar“ kann Lea wieder am Unterricht teilnehmen - und noch vieles mehr.

Elsdorf/Bedburg – Lea ist eine gute Schülerin. Das sagen auch ihre Lehrer. Dass die 16-jährige Kirchtroisdorferin das trotz ihrer Krebserkrankung blieb, dafür sorgte ein Avatar, über den sie auch im Krankenhaus am Unterricht der Elsdorfer Gesamtschule teilnehmen konnte.

Im April erhielt Lea eine Hiobsbotschaft. Die Ärzte hatten Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert. Es folgten Aufenthalte in der Kölner Uniklinik mit zwei Operationen und monatelanger Chemotherapie. Nur wenige Tage durfte die 16-Jährige zwischendurch nach Hause, dann ging es zurück auf die Krankenstation. „An Schulbesuch war gar nicht zu denken“, sagt der sehr erwachsen wirkende Teenie.

Hausaufgabenhilfe reichte nicht aus

Zwar gibt es an der Uniklinik dank des dortigen Fördervereins für krebskranke Kinder eine Hausaufgabenhilfe. Aber ohne den Schulunterricht wäre es schwer geworden, den Stoff der zehnten Klasse, die Lea besucht, beizuhalten. In Kunst, Musik und Englisch, ihren Lieblingsfächern, fühlt sie sich fit, auch Deutsch hat sie im Selbststudium beigehalten, „aber in Mathe wäre es besonders schwer geworden“, sagt sie.

Ihre Lehrerinnen Barbara Rautenberg und Tanja Nilles hatten von einem Gerät gehört, das Abhilfe verspricht. Sie holten den Informatiklehrer und Abteilungsleiter Stefan Tausch dazu und informierten sich genauer.

Der „Avatar“, wie das Gerät heißt, kann den Unterricht akustisch und optisch aufzeichnen und live übertragen, Lea kann sich zu Wort melden und die Blickrichtung des Avatars per Mausklick und Joystick verändern. Zudem kann sie per Knopfdruck von ihrem Tablet oder Laptop aus Signale senden, etwa dass sie etwas nicht verstanden hat oder dass sie, weil sie die Kräfte nach „heftigen Chemoeinschlägen“ verlassen haben, aussteigen muss. Dann blinkt der Avatar rot, gelb, lila oder grün.

„Avatar“ deutschlandweit noch einzigartig

Der Einsatz des Avatars, der aussieht wie eine kleine Küchenmaschine und Kamera, Mikro und Lautsprecher enthält, ist laut Tausch landesweit der erste dieser Art. Möglich gemacht haben das, wie Tausch sagt, die finanzielle Unterstützung der Fördervereine der Kinderkrebshilfe (die will das System anderen Patienten empfehlen) und die Gesamtschule. Aber auch die Stadt hat einen Betrag zugeschossen und technisch geholfen. Den Rest hat die Familie beigesteuert.

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Nach Abwicklung der aufwendigen Formalitäten zum Datenschutz und Installation der Technik sowie der Übertragungswege über WLAN konnte das aus Norwegen stammende Gerät, das dort, wie Tausch recherchiert hat, häufig zum Einsatz kommt, seine Brückenfunktion zwischen Lea und ihrer Schulklasse aufnehmen. „Alle Lehrer der Stufe haben mitgemacht“, sagt Tausch. Der Avatar ermöglichte es Lea zudem, mit ihren Mitschülern zu reden.

„Es geht immer irgendwie weiter“

Seit den Sommerferien, früher als erwartet, nimmt Lea wieder am Unterricht teil, solange ihre Kräfte ausreichen. „Sie knüpft mit Energie und Willen an ihre guten schulischen Leistungen an“, lobt Tausch. Dennoch hat die Krankheit, von der sie jetzt wieder geheilt ist, ihr Leben verändert. „Man erkennt, wer echte Freunde sind“, sagt sie und spricht von lediglich drei Freundinnen und ihrem Freund, die neben ihrer Familie die Zeit mit ihr durchgestanden hätten. „Krebs wird oft mit Tod verbunden. Daher haben sich viele aus Angst zurückgezogen“, hat sie erfahren. „Das sollte im Unterricht viel mehr thematisiert werden. Auch in den Familien ist Krebs oft ein Tabuthema“, sagt ihre Mutter.

„Die Therapie hat mir gezeigt, dass der Körper Dinge schafft, die man nicht glaubt. Es geht immer irgendwie weiter“, sagt Lea im Rückblick auf Zeiten, in denen die Schule ihr geringstes Problem war. „Ich habe mich nach fünf Wochen Krankenhaus gefreut, vom Regen nass zu werden und genieße es, abends im eigenen Bett zu liegen.“ Der Avatar habe ihr schulisch geholfen, dennoch falle es ihr noch schwer, Tritt zu fassen und mitzuhalten, sagt sie, ist aber keineswegs verzagt. Bis November steht ihr der Avatar noch zur Verfügung, um zur Not für die eine oder andere Mathestunde die Brücke in die Schulklasse zu bauen.

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