Abo

Kajak-Unglück auf ErftFeuerwehr spricht über dramatische Rettung des Kölner Schülers

Lesezeit 5 Minuten
An dieser Stelle wollten der Jugendliche und seine Klassenkameraden ausbooten.

An dieser Stelle wollten der Jugendliche und seine Klassenkameraden ausbooten.

Bedburg – Der Jugendliche, der am Mittwochmittag bei einem Kajak-Ausflug seiner Schulklasse auf der Erft verunglückt ist, wird weiterhin auf der Intensivstation behandelt. „Die Ärzte können derzeit eine akute Lebensgefahr nicht ausschließen“, teilte die Polizei am Freitagnachmittag mit.

Auch der zur Hilfe geeilte 52 Jahre alte Lehrer befinde sich weiterhin im Krankenhaus. Nach der Auswertung von Spuren und Zeugenaussagen gebe es „keine Hinweise auf Fremdverschulden“, berichtete die Polizei.

Kajak-Unglück: Kölner Schule wurde von einem Guide begleitet

Das Unglück hatte sich am Mittwoch kurz nach 13 Uhr ereignet. Die zehnte Klasse der Kölner Geschwister-Scholl-Realschule hatte ihren Wandertag für die Fahrt auf der Erft genutzt. Begleitet wurde die Gruppe von dem Lehrer und einem Guide, den der in Kerpen angesiedelte Kajakverleih für die Touren bereitstellt. Gestartet war die Gruppe am Angelpark in Zieverich.

In Höhe des Wehrs müssen grundsätzlich alle Kajakfahrer ausbooten und die Kajaks um das Wehr herumtragen. Nach Angaben der Polizei war der 16-Jährige mit zwei Mitschülern in einem Boot unterwegs. An der Anlegestelle in Höhe des Edeka-Marktes stiegen die beiden Klassenkameraden aus dem Kajak ans Ufer.

Kölner Schüler trug bei Kajak-Unglück eine Rettungsweste

Das soll auch der Jugendliche versucht haben. Laut Polizei ist er aber mit dem Kajak abgetrieben, gekentert und ins Wasser gestürzt. „Der Schüler hatte – wie alle Personen aus der Gruppe – während der Bootstour eine Rettungsweste angelegt“, teilt die Polizei mit.

Der Lehrer soll mit seinem Kajak hinterhergefahren sein, und es ist ihm wohl sogar gelungen, den Jungen halb auf sein Boot zu ziehen. Dabei soll jedoch auch dieses Kajak gekentert sein. Lehrer und Schüler wurden über das Wehr getrieben.

Feuerwehr spricht von einer „beherzten, lebensrettenden Aktion“

Von den Rufen der Schüler wurden Mitarbeiter eines Schuhorthopädie-Unternehmens alarmiert. Ein Mitarbeiter, der sich auch beim Technischen Hilfswerk engagiert, warf einen Rettungsring ins Wasser, der bei der Firma immer bereitgehalten wird. An den Ring konnte sich der Lehrer klammern. Mit Hilfe des daran befestigten Seils gelang es, den 52-Jährigen festzuhalten. Das sei eine „beherzte, lebensrettende Aktion“ gewesen, lobte später die Feuerwehr Bedburg.

Der Jugendliche jedoch ging unter. Herbeigerufene Feuerwehrleute suchten ihn vom Ufer und von einem Boot aus, ein weiterer Feuerwehrmann sprang ins Wasser, während der Lehrer über eine Leiter gerettet wurde. „Durch Passanten am Ufer konnte dem Feuerwehrmann im Wasser rasch der Standort der leblosen Person gezeigt werden“, teilt die Bedburger Feuerwehr mit.

Gefunden wurde der 16-Jährige mehrere Dutzend Meter hinter dem Wehr. „Eine noch im Boot eingeleitete Wiederbelebung führte dann im Verlauf auch zum Erfolg, der junge Mann konnte zur weiteren Behandlung in die Uni-Klinik geflogen werden.“ Die Feuerwehr spricht von einer „nicht selbstverständlichen und sehr mutigen Leistung aller Beteiligten“.

Schulleiterin der Kölner Geschwister-Scholl-Realschule ist bestürzt

„Wir sind sehr bestürzt und sind in Gedanken bei den Familien“, sagt die Leiterin der Kölner Geschwister-Scholl-Realschule, Ulla Jonen-Reinold. Am Montag soll der Unterricht stattfinden. Die Schule bereite sich vor, „unsere Kinder aufzufangen und zu begleiten.“

Der Erftverband warnt vor den Tücken der Wehre. In der Innenstadt und in Broich haben diese Anlagen die Aufgabe, die Große Erft so sehr zu stauen, dass zum einen der Arm der Mühlenerft durch den Schlosspark und der Arm der Mühlenerft nach Alt-Kaster ausreichend Wasser führen können. Beide Arme zweigen kurz vor den Wehren von der Erft ab.

„Das Wasser stürzt an den Wehren über die Staustufe hinab, sodass hier eine Rückströmung entsteht“, sagt Timo Schneider vom Erftverband. Vor dem Wehr gebe es mehrere Schilder mit Warnungen und dazu auch noch in niedriger Höhe eine Notfallleine aus Metall quer über die Erft, an der man sich festklammern und ans Ufer ziehen könne. „Wenn man daran einmal vorbei ist, wird es schwer. Dann besteht die Gefahr, dass man über das Wehr getrieben und in der Walze gefangen wird.“

Ob die Wehre noch weiter gesichert werden können, müsse genau überlegt werden, sagt Schneider. „Bei weiteren baulichen Maßnahmen könnte sich Treibgut verfangen.“

Nicht der erste Vorfall auf der Erft bei Bedburg

Schon im August 2014 waren genau an der Stelle schon einmal Kinder einer Feriengruppe aus Mönchengladbach in Not geraten. Wegen der Strömung waren die Kinder in einem Boot auf die gegenüberliegende Uferseite geraten und mussten sich am Gebüsch festhalten, um nicht durch das Wehr in der Innenstadt gezogen zu werden. Ein Leiter der privaten Gruppe konnte das Boot noch vor dem Eintreffen der alarmierten Feuerwehr ans andere Ufer ziehen. Dabei handelte es sich aber nicht um eine Tour des Kerpener Kajakverleihs.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Einmal mehr hat uns die Erft gezeigt, welche Gefahr in ihr steckt und welchen Stellenwert eine funktionierende Wasserrettung in Bedburg hat“, teilt die Bedburger Ortsgruppe der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) mit. „Als Experten der Wasserrettung halten wir es für erforderlich, bei Einsätzen zu Unfällen im Wasser alarmiert zu werden. Wir können und wollen unser Know-how einbringen, um effektiv Menschenleben zu retten.“ Entsprechende Gespräche mit der Stadt Bedburg liefen. „Wir hoffen auf ein positives Ergebnis und eine Entscheidung für die Sicherheit bei Unfällen am Wasser und bei Katastrophen.“

Der Verleiher der Kajaks war am Freitag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. An den Tagen nach dem Unglück waren auf der Erft keine Boote mehr unterwegs.

Rundschau abonnieren