Ursprünge vor 825 JahrenPütz besaß im Mittelalter ein eigenes Gerichtssiegel

Lesezeit 4 Minuten
bb-Puetz-825-Jahre-FTZ_(14)

Die Feldburg wurde vor gut 40 Jahren von der Maschinenbaufirma Esser errichtet. Schon lange steht das Gebäude leer.

  • Pütz gibt es seit 825 Jahren: Im Mittelalter besaß das Dorf in Bedburg ein eigenes Gerichtssiegel.
  • Wir haben uns auf Spurensuche begeben.

Gäbe es nicht die Verbindung von Kaster nach Kleintroisdorf, die mitten durch den Ort verläuft, würden die meisten Menschen mittels Umgehungsstraße an dem kleinen Dorf achtlos vorbeifahren. In seiner wechselvollen Geschichte war Pütz dabei sogar Sitz einer Bürgermeisterei (Maire). Und auch heute hat der Ort neben beschaulicher Ruhe einige Kleinodien zu bieten. In diesem Jahr feiert der rund 340 Einwohner zählende Stadtteil von Bedburg sein nachweislich 825-jähriges Bestehen.

1194 wurde der Ort erstmals erwähnt

Auf einer Wiese döst Damwild im Schatten der St.-Johannes-Nepomuk-Kapelle. Die steht seit 132 Jahren an der Hochstraße. Als sie als Nachfolgerin einer Kapelle an der Laubenstraße – heute ein Wohnhaus – errichtet wurde, war der Ort schon mindestens 693 Jahre alt.

Erstmals urkundlich erwähnt wurde „Putze“ 1194 im Güterverzeichnis des Klosters Füssenich in der Voreifel. Da Ansiedlungen aber auch in fränkischer Zeit nicht vom Himmel fielen, wird eine Hofstelle mit Wirtschaftsgebäuden deutlich früher am Pützbach gelegen haben.

Eigenes Gerichtssiegel

Im Mittelalter besaß Pütz ein eigenes Gerichtssiegel. Das zeugt davon, dass der Ort nicht ganz unbedeutend war. Bis 1789 gehörte Pütz zum Amt Kaster, dann wurden Kirch-/Grottenherten, Kirch-/Kleintroisdorf, Hahnerhof und Kaiskorb eingemeindet zur Mairie Pütz, wie Stadtarchivar Uwe Depcik in einem geschichtlichen Abriss aufzeigt. Nachdem 1821 und 1863 zwei Großbrände große Teile des Ortes in Asche gelegt hatten, wurde 1906 eine Feuerwehr gegründet. Im selben Jahr gab es das erste Telefon im Ort. 1908 folgte eine Frischwasserleitung, und 1910 ging das elektrische Licht erstmals an.

1937 wurde der Ort in das Amt Königshoven eingegliedert, 1974 in die heutige Stadt Bedburg. Markant im überschaubaren Ortsbild ist nicht nur die Kapelle. Die drei großen noch landwirtschaftlich genutzten Höfe zeugen von den bäuerlichen Ursprüngen. Eine klassizistisch anmutende Fassade aus dem Jahr 1903, in dem der Hof seinen Anbau erhielt, schmückt den in der Urzelle 1760 errichteten Broichhof an der Hochstraße, der bis heute von den Broich-Nachfahren Nagelschmitz betrieben wird. Als einzigartig darf die Taxuslaube an der Laubenstraße gelten. Heimatdichter und Kirchenorganist Hermann Josef Meuser hatte sie im 19. Jahrhundert angelegt. Der Taxus ist so in Form geschnitten, dass er fast aufrechten Ganges durchschritten werden kann.

Sogar der Kaiser war beeindruckt

Daran hat 1884 sogar der spätere deutsche 99-Tage-Kaiser Friedrich III. laut Dorfchronik Gefallen gefunden. „Er soll das außergewöhnliche Gewächs anlässlich eines Manöverbesuchs besichtigt haben“, berichtet Andreas Welp, Vorsitzender des Bürgervereins Sankt Johannes. An der Kasterer Straße steht gar eine Burg. Mit mittelalterlichen Rittern hat das höchste Gebäude im Ort freilich nichts zu tun. Die Maschinenbauer-Familie Esser hat die „Feldburg“ in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf dem Gelände einer früheren Krautfabrik errichtet. Die geplante gehobene Gastronomie setzte sich nicht durch, das Turmgebäude steht seit Jahren leer.

Unscheinbarer, aber deutlich geschichtsträchtiger ist gegenüber die ehemalige Sägemühle. Der Pützbach ist seit der Tagebausümpfung, abgesehen von gelegentlichen Hochwasserereignissen, meist trocken. Er führte aber schon 1861 so wenig Wasser, dass die 1825 in Fachwerk errichtete Mühle den Betrieb einstellen musste. Heute wohnt der Künstler Konradin von Wershofen hier. Es ist eines der ältesten Häuser Bedburgs. Von Wershofen: „Nach dem Ende der Mühle war hierin eine Brauerei und ein Textilkaufhaus in dem Gebäude untergebracht, nach dem Ersten Weltkrieg auch ehemalige Soldaten.“

Großer Bürgerverein „Sankt Johannes“

Am Ortsausgang nach Kleintroisdorf steht die alte Schule. Das Gebäude aus dem Jahr 1882 diente links des Portälchens als Lehrerwohnung, rechts befand sich das einzige Klassenzimmer. Seit der Schließung im Jahr 1968 dient es dem Bürgerverein Sankt Johannes, der immerhin rund 100 Mitglieder zählt, als Dorfgemeinschaftshaus. Andreas Welp hat dort eine eigens genähte Fahne gehisst, die auf das Jubiläum aufmerksam macht, das übers Jahr in Pütz gefeiert wird.

Jubiläumsjahr

Sonntag, 19. Mai, 11 Uhr: Festgottesdienst in der Kapelle St. Johann Nepomuk. 12 Uhr: Kranzniederlegung am Ehrenmal und Musikalischer Umzug. 13 Uhr: Grillfest auf der Hochstraße.

Samstag, 22. Juni, 15 Uhr: Dorffest „Pütz feiert Geburtstag“ mit Kinderolympiade, Kranzrennen, Low-Land-Games und Musik von DJ Robby.

Im Oktober: Das Dorf wandert, mit anschließendem Dorfabend. Der genaue Termin steht noch nicht fest.

Rundschau abonnieren