„Wir sind mitten im Marathon"Wechsel an der Spitze von ASH-Sprungbrett in Bergheim

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Julian Beywl.

Julian Beywl.

Bergheim – Wie jemand, der bald in den Ruhestand geht, wirkt Julian Beywl nicht. Der geschäftsführende Vorstand des Vereins ASH-Sprungbrett gestikuliert lebhaft, wenn er von „sozialer Gerechtigkeit“ spricht, immer wieder hebt es ihn fast aus dem Stuhl, wenn er auf die vergangenen 31 Jahre blickt. Beywl geht heute in den Ruhestand, seine Nachfolgerin ist Beate Schnitzler.

Beate Schnitzler.

Beate Schnitzler.

Zum 1. April 1991 trat der Brühler Beywl (65) seine Stelle an, damals als angestellter Geschäftsführer. Vor drei Jahren änderte der Verein seine Strukturen, Beywl wurde hauptamtlicher geschäftsführender Vorstand. Beate Schnitzler (55) lebt in Neuss und hat am Niederrhein und im Ruhrgebiet bei Bildungsträgern und Einrichtungen der Jugendhilfe gearbeitet.

Arbeitslosigkeit im Rhein-Erft-Kreis bleibt relevant

Anfang 1991 war Beywl arbeitslos, über eine sogenannte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme kam er zur ASH Sprungbrett. Die ersten 20 Jahre sei man größtenteils in Bergheim aktiv gewesen, berichtet er. Hauptfinanzier war das Arbeitsamt, wie es damals noch hieß. Der Schwerpunkt lag auf der Arbeit mit Langzeitarbeitslosen und der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Themen, die auch heute noch relevant sind.

Die Geschichte des Vereins

Seit 1984 ist der Vereins als Mitglied im paritätischen Wohlfahrtsverband aktiv. 1992 entstand er aus einem Zusammenschluss der Vereine Arbeiterselbsthilfe (ASH) und Sprungbrett. Schwerpunkte sind die Beratung von Jobsuchenden, Migranten und Zugewanderten. Auch die Qualifizierung Arbeitsloser gehört zu den Tätigkeiten, ebenso wie die Arbeit in Offenen Ganztagsschulen (OGS).

Derzeit hat der Verein etwa 70 hauptamtliche Mitarbeiter an acht Standorten in drei Städten des Kreises. Hinzu kommen etwa 15 ehrenamtlich Tätige. Der Verein wird größtenteils von der öffentlichen Hand finanziert, unter anderem vom Jobcenter und dem Land, häufig dann projektgebunden. Der Schwerpunkt der Arbeit liege in Bedburg, Bergheim, Elsdorf und Pulheim. (nip)

Und sie würden aktuell bleiben, betont Schnitzler. Denn der Strukturwandel sei eine Herausforderung. Menschen, die in den nächsten Jahren ihre Arbeit verlören, wolle man eine Perspektive bieten, meist über Projekte in Kooperation mit dem Jobcenter und der Agentur für Arbeit. Dabei werde der Verein eher die weniger qualifizierten Menschen im Blick haben. Ein wenig skeptisch schauen beide auf den Milliarden-Topf der Strukturwandelförderung. Denn augenscheinlich würden damit eher Projekte von oder für höher Qualifizierte gefördert. „Wir hoffen einfach, dass man auch an die anderen denkt“, sagt Beywl.

Bergheim: Arbeit mit Zugewanderten gehört zum Alltag

Seit 2015 arbeitet ASH Sprungbrett intensiv mit Zugewanderten. Der Verein berät zu Asyl- und anderen behördlichen Verfahren. Diese Angebote habe man damals mehr oder weniger aus dem Boden gestampft, schildert Beywl. „Jetzt gehört das zur Alltagsarbeit.“ Auch nach sechs Jahren macht die Bürokratie den Asylsuchenden, aber auch den Helfenden zu schaffen. „Dinge, wie die rechtliche Lage, sind für uns schon schwierig“, sagt Beywl. Wie solle es erst denjenigen gehen, die die Sprache noch nicht beherrschten. Der Verein versuche, Lotse zu sein.

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„Wir sind mitten im Marathon“, sagt Beywl auf die Frage, ob Deutschland die Zuwanderungsbewegung von 2015/2016 gemeistert habe. Zuwanderung habe es schon immer gegeben und werde es immer geben. Beywl sieht darin auch eine Chance, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Er kritisiert die Einwanderungspolitik der Bundesrepublik. Weil es nicht anders gehe, bliebe Menschen in Not oft nur die Flucht. Beywl wünscht sich eher Visa-Regelungen.

Seiner Nachfolgerin wünscht Beywl eine glückliche Hand. „Ich will das, was aufgebaut wurde, weiterführen“, versichert Beate Schnitzler. Erste Kontakte zu den Mitarbeitenden habe sie bereits geknüpft.

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