Abschiedsfest vor dem AbrissDarum trauern Brühler der alten Eisenbahnbrücke hinterher

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Die Bagger legten die Brücke am Samstag in Schutt und Asche.

Brühl-Vochem – Ein letztes Mal stand die alte Vochemer Eisenbahnbrücke im Mittelpunkt. Luftballon schmückten die Geländer zu beiden Seiten. Viele Menschen waren gekommen, um sich bei einem Abschiedsfest an die schönen Zeiten ihrer Brücke zu erinnern. „Sie hat unser Oberdorf mit dem Unterdorf verbunden“, erzählte der gerade erneut im Amt bestätigte Vorsitzende der Vochemer Bürgergemeinschaft, Karl Matheis, und seine Frau Franziska ergänzte: „Diese Brücke war ein Teil unseres Lebens.“

Doch das Bauwerk ist nun Geschichte. Bagger und Lkw standen schon bereit. Am Samstagmorgen wurde die Bahnstrecke gesperrt. Gleich danach begannen die Abrissarbeiten. Wieder standen auch viele Menschen an der Brücke, diesmal um den Abriss des Bauwerks zu verfolgen.

Brücke in Brühl war marode und zu niedrig für die neuen Oberleitungen

„Die Brücke hat erhebliche Mängel aufzuweisen, die einen Abriss schnellstmöglich unumgänglich machen“, erklärte Bürgermeister Dieter Freytag den viele Gästen beim Abschiedsfest. Darüber hinaus entspreche das Bauwerk nicht den Anforderungen für die geplante Elektrifizierung der Eifelstrecke. „Sie ist einfach viel zu niedrig für die benötigten Oberleitungen.“

Doch er lobte die Brücke auch. Um das Ober- und Unterdorf nach dem Bau der für den Kohletransport benötigen Eisenbahntrasse (Eifelbahn) wieder miteinander zu verbinden, wurde 1875 zunächst eine Rundbogenbrücke über die Gleise gebaut, die 1910 umgebaut und in die jetzige Form gebracht worden war.

Viele Anwohner in Brühl müssen nun Umwege nehmen

Dass es allerdings nach ihrem Abriss einen Neubau der Brücke gibt, konnte Freytag den Vochemern nicht versprechen. Das müsse letztendlich die Politik entscheiden. Insbesondere den älteren Menschen würde Matheis es aber wünschen. Viele müssten nun lange Umwege von mehreren hundert Metern gehen. Etliche Bürgerinnen und Bürger verbinden mit der Brücke aber auch ganz private Begebenheiten. Anwohner erzählten, dass sich dort die Vochemer Jugend getroffen und sich öfter nach den ersten Rendezvous auch dort an der Brücke verabschiedet haben.

Über die Brücke gingen die Kinder zur Schule und die Gläubigen sonntags zum Gottesdienst. Ganze Hochzeitsgesellschaften spazierten mit Braut und Bräutigam aus dem Oberdorf den kurzen Weg über die Brücke zur nahen Vochemer Kirche. „Alles, was schön und alt ist, kommt weg“, bedauert Erika Lichter. Über die Brücke sei sie immer schnell unten im Dorf und wieder zurück gewesen. Hanne Scheel vermittelte der Gang über die Brücke auch das Gefühl des Heimkommens.

Brühler erinnert sich: Mit der Seifenkisten ins Dorf geflitzt

Grenzenlosen Spaß bei rasanten Schlittenfahrten verbindet Hans-Christian Höveler mit der Brücke. Von dort fuhren er und seine Freunde vor vielen Jahrzehnten im Winter über die schneebedeckten Straßen ins Tal.

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„Und im Sommer ging es mit der selbst gebauten Seifenkiste über die Brücke an der Kirche vorbei hinunter ins Dorf“, wusste Hans Theo Klug zu berichten. Als Kind sei er auch mit den Rollschuhen über die Brücke ins Unterdorf gesaust. Einen höllischen Lärm habe das gemacht, denn die Rollen seien aus Eisen gewesen. „Unsere Rollschuhe hatten früher auch keine Bremsen und waren lediglich an den Schuhen festgeklemmt“, erzählte er. Mit Muttis Einmachgummis hätten sie sie zusätzlich an den Schuhen gesichert.

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