Ehrenamt im Rhein-Erft-Kreis„Wir bieten unseren Helfenden einen sicheren Hafen"

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Pandemie und Flutkatastrophe haben den Helfenden einiges abverlangt.

Pandemie und Flutkatastrophe haben den Helfenden einiges abverlangt.

Rhein-Erft-Kreis – Hans-Günter Hornfeck ist Stadtbeauftragter beim Malteser Hilfsdienst in Bergheim. Nach Absprache sprach er auch für die Hilfsorganisationen Deutsches Rotes Kreuz, Arbeiter Samariter Bund und Johanniter Unfallhilfe mit Udo Beißel über das Thema fehlende ehrenamtliche Helfer. Hornfeck ist 54 Jahre alt und seit 36 Jahren für die Maltesern tätig.

Herr Hornfeck, die Pandemie und die Flutkatastrophe haben den Hilfsorganisationen MHD, DRK, ASB und JUH auf Kreisebene alles abverlangt. Wo waren die ehrenamtlichen Helfer überall tätig?

Das waren zwei große Einsatzlagen, von denen Corona sehr viel Zeit in Anspruch genommen hat. Alle Organisationen waren unter anderem bei der Reihentestung in Seniorenheimen mit eingebunden, haben das Corona-Mobil besetzt, das zu den Leuten nach Hause gefahren ist, und haben in der Telefonzentrale des Rhein-Erft-Kreises mitgearbeitet. Bei der Hochwasserkatastrophe gab es verschiedene Stellen, wo wir aktiv waren. Einmal bei der Evakuierung des Altenheimes APZ in Erftstadt und des Krankenhauses in Frauenthal. Über mehrere Tage haben die Hilfsorganisationen die Unterkunft in Liblar betrieben, in der Bürger und anfänglich die Bewohner des APZ sowie Patienten aus dem Krankenhaus untergekommen waren. Bei solchen Einsatzlagen arbeiten alle Hilfsorganisationen sehr eng zusammen.

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Wie viele ehrenamtliche Helfer gibt es bei den Hilfsorganisationen im Kreis?

Im Bereich Katastrophenschutz haben wir 330 ehrenamtlich Helfende bei allen vier Hilfsorganisationen in den geplanten Einheiten.

Wie viele Ehrenamtler benötigen die Hilfsorganisationen, um optimal handlungsfähig zu sein?

Wir hätten gerne nochmal 150 dazu, eine Verdoppelung auf insgesamt 660 wäre natürlich optimal. Dann hätten wir noch gut Wasser unter dem Kiel. Bei 660 könnten wir auch bei längeren Einsätzen zu jeder Tages- und Nachtzeit die Einsatzstärken bringen.

Das Land Nordrhein-Westfalen startet eine Werbekampagne. Helfen Ihnen ein paar Plakate weiter, oder wo brauchen Sie konkret Unterstützung, damit mehr Bürgerinnen und Bürger den Weg zu einer Hilfsorganisation finden?

Die Plakataktion des Landes halte ich für wichtig, weil sie darstellt, dass weite Teile der Gefahrenabwehr in NRW ehrenamtlich erbracht werden. Das ist vielen Menschen überhaupt nicht bewusst. Die Werbeaktion bringt etwas, wenn die Leute davon ableiten, dass sie sich selber engagieren sollen. Darüber hinaus versucht jede Hilfsorganisation auch selbst, auf sich aufmerksam zu machen. Wir gehen zum Beispiel in Schulen, stellen uns bei Veranstaltungen wie etwa der Blaulicht-Meile der Öffentlichkeit vor – aber den größten Erfolg haben wir durch Mundpropaganda. Wenn jemand bei uns ist und einmal sieht, was Sinn und Spaß macht. Die Erfahrung zeigt: Wer einmal da ist, der bleibt in der Regel auch. Aber diese Schwelle müssen die Leute überschreiten.

Dass sich immer weniger Menschen engagieren, ist ein gesellschaftliches Problem. Was hat sich verändert?

Es gab früher mal den Satz: Jeder Bürger ist eine Ich-AG. Das ist fatalerweise in den Köpfen der Menschen angekommen. Es ist ja richtig, das jeder für sich selbst verantwortlich ist. Aber es gehört auch dazu, zu verstehen, dass man nur in Gemeinschaft leben kann. Letzteres ist in den vergangenen Jahres etwas verloren gegangen. Außerdem ist unsere Zeit sehr schnelllebig geworden. Wir brauchen aber Leute, die bereit sind, sich für eine gewisse Zeit festzulegen. Man hat heute ein viel größeres Freizeitangebot, was das Problem verschärft. Früher hatte man im Ort fünf, sechs oder sieben Vereine, Fernsehprogramm gab es erst ab 17 Uhr. Heute gibt es zig Angebote, zwischen denen Sie hin und her springen können.

Warum können Sie junge Leute, die sich nur kurz binden wollen, nicht gebrauchen?

Wenn wir einen Alarm auslösen, dann brauche ich jetzt Leute, die in der Lage sind, beispielsweise eine Unterkunft für 500 Menschen mit Registrierung, Verpflegung und Versorgung von Erkrankten aufzubauen. Das können Sie nur dann, wenn man entsprechend dafür ausgebildet worden ist. Das muss man vorher tun, in der Lage selbst können Sie niemanden mehr ausbilden. So eine Ausbildung dauert im Durchschnitt zwei Jahre.

Welche Anreize können die Hilfsorganisationen bieten, um Mitglieder zu gewinnen?

Vieles, was man bei uns lernt, kann man für sein Leben gebrauchen. Wenn man bei uns eine Qualifikation zum Ausbilder macht, lernt man mit Menschen umzugehen; lernt man, ein Stück weit zu unterrichten. Das sind Dinge, die man später auch gebrauchen kann. Man lernt bei uns auch Sachen aus dem technischen Bereich, die man später gebrauchen kann. Bei uns wird das Gemeinschaftsgefühl gelebt. Wir bieten unseren Helfenden, wenn es im Leben mal stürmisch wird, einen sicheren Hafen – ein „Zuhause-Gefühl“, wie in einer Familie.

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Was muss jemand mitbringen, der sich in einer der Hilfsorganisationen einbringen will, und wo sollte er sich dann melden?

Zunächst muss man bereits sein, es einmal auszuprobieren. Wenn jemand Spaß daran findet, ist es wichtig, eine Zeit lang dabei zu sein. Die Einheiten treffen sich meistens einmal in der Woche. Ab und an kommen Übungsdienste und Lehrgänge am Wochenende dazu. Melden kann er sich überall da, wo man ein Emblem unserer Organisationen sieht, und auf den Internetseiten. Dort findet man Links und Telefonnummern.

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