Elsdorfer erinnert sichIn diesem Bunker lernten Kriegskinder lesen

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Johann-Jakob Buschmann erinnert sich lebhaft an die Zeit, als er und seine Mitschüler regelmäßig im Grouvener Bunker Schutz suchen mussten.

Johann-Jakob Buschmann erinnert sich lebhaft an die Zeit, als er und seine Mitschüler regelmäßig im Grouvener Bunker Schutz suchen mussten.

Elsdorf-Grouven – Wenn die Dorfjugend in den 40er-Jahren in den Bunker lief, waren Bombardements im Anflug. Nach dem Krieg aber nutzten die jungen Leute den unterirdische Schutzraum neben der St.-Brigida-Kapelle heimlich als Abenteuerspielplatz und Treffpunkt.

Johann-Jakob Buschmann, Jahrgang 1932, ist einer der letzten noch lebenden Grouvener, die den Zweiten Weltkrieg bewusst miterlebt haben. Lebhaft erinnert er sich an die Kriegsjahre, in denen er die benachbarte Volksschule besuchte.

Eigens für die Schüler

„Zwei- bis dreimal pro Woche gab es Fliegeralarm“, erinnert sich Buschmann. „Um neun Uhr hörten wir meist einen Voralarm, wenn Flugzeuge über dem Ärmelkanal gesichtet worden waren.“ Dann liefen die mehr als 50 Schülerinnen und Schüler der Volksschule, in der Kinder und Jugendliche vom ersten bis zum achten Schuljahr in einem einzigen Klassenraum unterrichtet wurden, in den eigens für die Schule gebauten Bunker.

Hinter den schweren Eisentüren standen entlang des einen Meter breiten Ganges zwischen den beiden Ausgängen Bänke. „Da saßen wir dann und übten mit dem Lehrer Lesen“, erzählt der Ur-Grouvener. Gegen 12 Uhr habe es meist Entwarnung gegeben, „dann war die Schule ja auch schon fast vorbei“.

In der Straße Auf dem Kamp, heute steht dort ein Mehrfamilienhaus, gab es einen zweiten Bunker für die Erwachsenen. „Nachmittags brachten wir und viele Nachbarn uns aber immer, wenn die Sirenen gingen, in unseren Hauskellern in Sicherheit.“ Damals lebten in Grouven rund 350 Menschen, gut halb so viele wie heute. Für alle hätte der Raum in den öffentlichen Bunkern ohnehin nicht ausgereicht.

„Wenn die Luken getroffen worden wären, wären wir aus den Bunkern nicht mehr herausgekommen“, nennt Buschmann einen weiteren Grund für die Privatkeller-Lösung. „Zudem war es im Bunker mit nur sechs Grad ziemlich kalt.“ Nach dem Krieg wurden Bänke, Treppengeländer, Stromkabel und Lampen aus dem Schulbunker ausgeräumt und die Außen- und Zwischentüren abgebaut. „Wir konnten damals ja alles brauchen.“ Aufgegeben wurde der Bunker aber bis heute nicht, zumindest nicht von spielenden Kindern und abenteuerlustigen Jugendlichen.

„Der Bunker hat schon viel gesehen“

Neben der Kapelle ragt immer noch die knapp mannshohe, derzeit mit Beton verschlossene Einstiegsluke aus dem Gebüsch hinter dem Ehrenmal. 50 Meter weiter in dem verwilderten Park, der zur Burg gehört, befindet sich der ehemalige Notausstieg. Dieser war weniger stabil zugemauert worden, mit dem Resultat, dass Jugendliche ihn bald nach Kriegsende öffneten. Später versperrte eine angedübelte Eisenplatte das Einstiegsloch, aber auch diese wurde irgendwann herausgerissen. An den Wänden sind Graffiti von Verliebten zu erahnen, ein Besen zeugt davon, dass sogar gelegentlich gekehrt wird. Baumstümpfe dienen als Sitzgelegenheiten. Ein Schwelbrand an zwei der Stümpfe hatte vergangene Woche ein großes Feuerwehraufgebot auf den Plan gerufen.

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„Der Bunker hat schon viel gesehen“, sagt Buschmann mit hintergründigem Lächeln. „Dort haben auch wir früher Feuerchen gemacht, und wir waren nicht immer nur Jungs“, erzählt der 88-jährige Schlossermeister.

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