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Kein klassisches SteviaproduktUnternehmen in Elsdorf entwickelt Zucker ohne Kalorien

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Zuckerfabrik auf neuen Wegen: Timo Koch und sein Team haben kalorienfeien Zucker entwickelt. 

Elsdorf – Zucker, der nicht dick macht – ein Traum jeder figur- und gesundheitsbewussten Naschkatze. Dank Savanna Ingredients, einer jungen Tochter von Pfeifer & Langen, kann der Traum bald auf natürliche Weise Wirklichkeit werden.

Am Urstandort der Zuckerfabrik ist die Entwicklung von Allulose nahezu abgeschlossen. Für die industrielle Fertigung des echten Zuckers wird jetzt eine Halle auf dem Werksgelände errichtet.

Vor zwei Jahren sind die Forscher des neuen Innovation-Centers um Chemiker Timo Koch mit Süßstoff aus Cellulose („Laktosefreie Laktose“) in die Öffentlichkeit und an den Markt gegangen. Da schwirrte ihnen schon der Gedanke an kalorienfreien Zucker in den Köpfen herum, angeregt durch japanische Forschungsberichte.

Nach dreijähriger Laborarbeit – inzwischen wurde die Forschungsabteilung als „Savanna“ mit Sitz in einer Werksvilla ausgegliedert – konnte Koch jetzt das fertige und weitgehend serienreife Produkt präsentieren und zur Verkostung anbieten.

Kein lakritzartiger Nachgeschmack

Ketchup, Brownies und Sahne sind die Vorzeigeprodukte aus vielen Koch- und Backversuchen. Und die schmecken nach Ketchup, Brownies und Sahne, anders als mit herkömmlichen Stevia- oder Birkenzucker-Produkten, die oft lakritzartig-bitteren Nebengeschmack hinterlassen.

Die Allulose – einen Namen hat das Produkt noch nicht – kommt auf natürliche Weise in Rosinen und Feigen vor. Anders als bei Saccharose (haushaltsüblicher Rüben- oder Rohrzucker), Glukose (Traubenzucker) und Fructose (Fruchtzucker) „kann die Allulose nicht verstoffwechselt werden“, wie Koch erläutert.

Also werden aus dem Süßungsmittel keine Kalorien. Gut für die Hüften, aber auch gut für Diabetiker. Zwar habe das Produkt 0,2 Kalorien pro Gramm, aber die Forscher rechnen mit der Zuteilung des Labels „kalorienfrei“ analog zum alkoholfreien Bier, das ebenfalls minimale Mengen Alkohols enthält.

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„Die Kunst war, die Enzyme in der Natur zu finden“, sagt Koch. Die Technik dazu gebe es erst seit wenigen Jahren. Rund 15 Chemiker, Lebensmittel-, Verfahrenstechniker und Oekotrophologen haben in dem wissenschaftlichen Kessel gerührt und den Zaubertrank gefunden, der, so Koch, alle geschmacklichen Vorzüge hat, beim Backen bräunt und den Kuchen wie gewohnt aufgehen lässt, ein gewohntes Mundgefühl hinterlässt und auch in Volumen und Ergiebigkeit wie Haushaltszucker funktioniert, ob kristallin oder flüssig.

Zutaten und Prozesse sind Geheimsache

Die Landwirte im Rheinland müssten sich keine Sorgen machen, verrät Koch. Ein Grundstoff für die Produktion sei die Zuckerrübe. Über die weiteren Zutaten, Enzyme und Prozesse schweigt sich Koch aus. Bald soll das Produkt nach der in Kürze erwarteten Zulassung industriell gefertigt werden.

Dazu entsteht an der Dürener Straße eine neue Werkshalle. Das Gelände ist schon geräumt und planiert. Im August sollen die Bauarbeiten beginnen. Koch rechnet mit einem Zugewinn an Arbeitsplätzen, „je nachdem, wie die Produktion anläuft“.

Am Standort Elsdorf werden in der Summe künftig weniger Menschen Arbeit haben. Zwar ist die Veredelung noch in Betrieb, erste Anlagen sind aber bereits abgebaut. Bis Ende 2019 soll die traditionelle Produktion jedoch aus Elsdorf in andere Zweigwerke umgesiedelt werden. „Wir haben aus der Cellobiose gute Erfahrungen, dass wir das Produkt gut vermarkten können“, sagt der Savanna-Geschäftsführer, der mit seinem Produkt das Fähnlein der Zuckerstadt Elsdorf auch zukünftig hochhalten könnte.

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