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ErftstadtWährend der Pandemie bekam Heinz Schlagheck Todesbotschaften aus ganz Europa

Lesezeit 3 Minuten
Amateurfunker Heinz Schlagheck hält aus seinem Keller in Erftstadt-Erp Kontakte rund um den Globus. Im Frühjahr erhielt er viele traurige Nachrichten, vor allem aus Italien und Frankreich.

Amateurfunker Heinz Schlagheck hält aus seinem Keller in Erftstadt-Erp Kontakte rund um den Globus. Im Frühjahr erhielt er viele traurige Nachrichten, vor allem aus Italien und Frankreich.

Erftstadt-Erp – Die Welt der Funker ist geprägt von Abkürzungen. „SOS“ als Notruf kennt auch im digitalen Zeitalter noch jeder. „CQ“ ist die Abkürzung für „Come Quickly“: der weltweit bekannte Aufruf an alle, die das Signal empfangen, darauf schnell zu antworten. „SK“ bedeutet „Silent Key“, also „schweigende Taste“ – eine traurige Botschaft in Kurzform.

Wenn an das individuelle Rufzeichen, das jeder Funkamateur habe, „SK“ angefügt sei, werde damit der Tod eines Funkers mitgeteilt, erklärt Heinz Schlagheck. Während des Corona-Lockdowns im Frühjahr, als die Todeszahlen in Italien und Frankreich einen traurigen Höhepunkt erreichten, habe sein Funkgerät eine lange Reihe solcher Nachrichten empfangen.

So etwas habe er noch nicht erlebt, sagt der 80-jährige, der aus seinem Keller in Erp Kontakt mit Menschen aus der ganzen Welt hält. Schon als 14-Jähriger habe er Weltempfänger aus einfachen Bauteilen zusammengebastelt, erzählt er. Einerseits habe ihn immer die Technik fasziniert, andererseits die Aussicht auf ein Gespräch, einen Austausch mit anderen funkbegeisterten Menschen rund um den Globus.

Ein Funkspruch aus Florida prägte sich bei Schlagheck ein

Seit 1980 ist Schlagheck unter der Kennung DL3KAS im Sprechfunk und in der Telegrafie auf dem Kurzwellenband unterwegs. Eine Auswahl von etwa 4000 QSL-Karten dokumentieren Funkkontakte rund um den Globus, nach Japan, Kanada, USA, Australien. Mit diesen Postkarten bestätigen Funker einander ihren Kontakt.

Eine Urkunde erinnert ihn an einen Funkspruch, den er am 24. August 1992 aus Florida empfing. Ein Wirbelsturm hatte am Urlaubsort zweier Funkamateure gewütet. Sie baten ihn, ihre Schwester in Berlin anzurufen und ihr zu sagen, dass es ihnen gut gehe. Das Dokument beschreibe treffend den Geist der Amateurfunker, die unausgesprochene Verpflichtung, die technischen Fähigkeiten im Notfall zur Verfügung zu stellen, erklärt Stefan Unger, der Vorsitzende des Ortsvereins Hürth im Deutschen Amateur-Radio-Club.

Funker machten 1999 auf Lawinenkatastrophe aufmerksam

Italienische und österreichische Funkamateure hätten beispielsweise in den ersten Stunden der Lawinenkatastrophe von Galtür im Februar 1999 auf das Unglück aufmerksam gemacht, berichtet er. In der neuen Hürther Feuerwache sei ein Raum für die Funkamateure eingerichtet, um bei Bedarf Feuerwehrleute in der Kommunikation zu unterstützen.

Schlagheck liebt die Telegrafie mit Taster und Morse-Alphabet. Diese Technik sei 2014 in das deutsche Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden. Sie erlebe zur Zeit wegen ihrer Einfachheit eine Renaissance, ergänzt Stefan Unger.

Beim Funken legt Schlagheck Wert darauf, mit einfachen Geräten und so wenig Leistung wie möglich – maximal fünf Watt – so weit wie möglich zu senden.

So funktioniert das Funken über das Smartphone

Wie Funken über das Smartphone mit der App Echolink funktioniert, zeigt Unger im kurzen Gespräch mit einem Amateur in Berlin-Spandau. Die Zahl der Funkamateure sei geschrumpft, seit man mit dem Smartphone weltweit telefonieren könne, sagt er. Der Hürther Ortsverein sei zum Auffangbecken für Erftstädter wie Schlagheck geworden, für Kölner und Brühler Funker.

Immerhin seien die 83 Mitglieder wieder verstärkt aktiv, so Unger. Früher seien zu Versammlungen nur bis zu 25 Menschen gekommen, jetzt nähmen an den Treffen, die sie wegen Corona über eine UKW-Ortsfrequenz abhalten, mehr als doppelt so viele teil. Aber an Neuanmeldungen mangele es nach wie vor.

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