Millimeterarbeit mit KraftHolzrücker tragen Deutsche Meisterschaft in Erftstadt aus

Lesezeit 3 Minuten
So ein Holzstapel ist kein Hindernis für Richard. Das mächtige Brabanter-Kaltblut steigt einfach drüber.

So ein Holzstapel ist kein Hindernis für Richard. Das mächtige Brabanter-Kaltblut steigt einfach drüber.

Erftstadt-Köttingen – Richards Interesse am Wald ist eher kulinarischer als ökologischer Natur. Bei jeder Gelegenheit versucht er, ein grünes Blatt zwischen die Zähne zu bekommen. Dabei wirkt er wahrhaftig nicht unterernährt: 1,85 Meter groß, mehr als 800 Kilo schwer.

Richard ist ein Brabanter, ein Kaltblutpferd, und sein Chef Bernhard Ungermann tritt mit ihm bei der Deutschen Meisterschaft der Pferderücker an. Was skurril klingt und abenteuerlich aussieht, hat einen durchaus ernsten Hintergrund. Wenn Pferde die gefällten oder umgestürzten Bäume aus dem Wald ziehen, richten sie viel weniger Schäden an als ihre motorisierte Konkurrenz. Schweres Gerät verdichtet den Waldboden, so dass dort kaum noch etwas wachsen kann.

Ohne Publikum

Die Interessengemeinschaft Zugpferde (IGZ) richtet alle zwei Jahre deutsche Meisterschaften aus, diesmal fand das Kräftemessen im Villewald bei Köttingen statt, unterstützt vom Landesbetrieb Wald und Holz. Am Samstag traten die zwölf Einspänner an, am Sonntag zehn Zweispänner. Alle hatten sich bei Landesmeisterschaften qualifiziert. Publikum war wegen der Corona-Pandemie nicht zugelassen.

Aus Sachsen-Anhalt war Paul Fehse mit seinem rheinisch-deutschen Kaltblut Stina und seinem Vater Tino angereist. Souverän arbeitete sich der 22-Jährige mit seiner Stute durch den Parcours, auf dem es zwölf Hindernisse zu bewältigen gab. Das Pferd musste einen Baum durch enge Lücken bugsieren, einen Stamm aus dem Wasser ziehen, es ging bergauf und bergab. Drei Richter marschierten hinterher, notierten Fehler und Punkte, ein Tierarzt war ebenfalls dabei, um das Wohl des Pferde im Auge zu behalten. „Das könnte zum Titel reichen“, vermutete einer der Juroren.

Fuhrleute müssen Nerven bewahren

Doch zu früh gefreut: Am Polter, einem Stapel aus Baumstämmen, platzte nicht nur für Paul Fehse der Traum vom Sieg, sondern auch für manchen Konkurrenten. Der Stamm sollte nicht neben, sondern auf den Polter platziert werden – da hieß es für die Pferde klettern und für die Fuhrleute Nerven bewahren. Die Pferde zeigten sich von Richtern, Kameraleuten und Meisterschaft weniger beeindruckt als die Menschen. Kaltblütig im wahrsten Sinne des Wortes ging Richard seine Aufgaben an, auch wenn schon das erste Hindernis, das er rückwärts durchschreiten sollte, der schieren Masse nicht gewachsen war.

Mit Zurufen und Zupfen an den Leinen – beim Kutschefahren und Holzrücken spricht man nicht von Zügeln – lenkten die Fuhrleute ihre Tiere. „Wenn ich im Wald arbeite, benutze ich die Zupfleine“, berichtete Ungermann, der aus Höfen in der Eifel kommt. Sprich: Es führt nur eine Leine zum Pferdekopf, das Tier weiß, dass es bei einmal Zupfen nach links gehen soll und bei zweimal Zupfen nach rechts.

Das könnte Sie auch interessieren:

Es war eine bunte Mischung aus Profis und Amateuren, die auf einer Wiese im Villewald ihr Lager mit Zelten und Wohnwagen, vor allem aber eingezäunten kleinen Weiden für ihre Pferde aufgeschlagen hatten. Die einen ziehen die Baumstämme nur, um ihre Pferde zu beschäftigen, die anderen verdienen mit den Rückepferden ihren Lebensunterhalt.

Dirk Zöll, der vor zwei Jahren deutscher Meister geworden war, arbeitet nebenberuflich mit seinen Pferden im Wald. Aufträge zu bekommen sei gar nicht einfach, berichtete der Hellenthaler. Beim Landesforst habe er bis heute keinen Fuß in die Tür bekommen. Rückepferde, da waren sich die Fachleute einig, seien keine Alternative, sondern eine Ergänzung zu den schweren Geräten. Sie könnten die Stämme aus dem Bestand bis an die Wege ziehen. Von dort an müssten natürlich Maschinen den Transport des Holzes übernehmen.

Rundschau abonnieren