Schweigen gebrochenErftstädter muss sich wegen Missbrauchs verantworten

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Nach dem Urteil kam der Angeklagte zurück ins Gefängnis.

Nach dem Urteil kam der Angeklagte zurück ins Gefängnis.

Erftstadt – Viele Jahre hat sie geschwiegen, sexuelle Übergriffe durch ihren Onkel verdrängt. Doch als der Verwandte die mittlerweile erwachsene Frau in seinem Haus in Erftstadt erneut anfasste, ging sie zur Polizei und erstattete Anzeige. Seit Montag muss sich der mutmaßliche Täter vor dem Kölner Landgericht verantworten. Dem 58-Jährigen droht eine Haftstrafe.

Wie so oft war die heute 22-Jährige im Juni vergangenen Jahres bei ihrem Onkel zu Besuch. Nach einem Mittagsschlaf bemerkte sie, dass sie keine Unterhose mehr anhatte. Die Nichte stellte daraufhin ihren Onkel zur Rede, dann ging sie zur Polizei. Sie zeigte den aktuellen Fall an, aber auch Übergriffe, die schon etwa zehn Jahre zurücklagen. Der 58-Jährige wurde festgenommen und kam in Untersuchungshaft.

Er habe seine Nichte nur ärgern wollen

Er habe seine Nichte nur ärgern wollen, als er ihr den Slip ausgezogen habe, sagte der wegen sexuellen Missbrauchs angeklagte Erftstädter zum aktuellen Fall. „Aus Verärgerung darüber, dass sie meiner Frau nicht beim Spülen und Aufräumen geholfen hat“, erklärte die Verteidigerin des Angeklagten, Denise Gerull aus Brühl. Mehr sei nicht passiert. „Reine Doofheit“, sagte der Beschuldigte, „ich hätte ihr wohl besser einen nassen Waschlappen ins Gesicht gehauen.“

Der Vorsitzende Richter Christoph Kaufmann bezweifelte aber, dass der neuerliche Vorfall nicht sexuell motiviert gewesen sei. Es gebe Zeugenaussagen, die in eine andere Richtung gingen.

Übergriffe aus der Vergangenheit, als das Mädchen zehn bis zwölf Jahre alt war, gab der Angeklagte zwar zu, relativierte die Taten aber. Sie seien in einem Zeitraum von lediglich zwei Tagen geschehen, sagte der Beschuldigte aus.

Tatzeitraum erstreckt sich über mehrere Jahre

Laut Anklage der Staatsanwaltschaft erstreckt sich der Tatzeitraum aber über mehrere Jahre. Bei der Polizei hatte der Beschuldigte noch von weiteren Übergriffen gesprochen, wovon er bei der Hauptverhandlung gestern Vormittag abrückte. „Ich war nach der Festnahme ein bisschen fertig“, sagte er dem Richter, habe da wohl einiges durcheinandergebracht. Im Gefängnis habe er Zeit gehabt, über alles nachzudenken.

Richter Kaufmann gab dem Angeklagten den Rat, sein Aussageverhalten zu überdenken. Mit dem, was er in der Verhandlung sage, widerrufe er gewissermaßen das Geständnis, auf dem die Anklageschrift basiere. Sollte sich nach Zeugenaussagen doch ein anderes Bild ergeben, könne sich das im Strafmaß deutlich bemerkbar machen – zuungunsten des Angeklagten.

Es sind noch vier Verhandlungstage vorgesehen, ein Urteil soll am 15. März fallen.

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