Abo

„Herr, lass Hirn regnen“Weiter hitzige Diskussionen um Autobahnanschluss in Frechen

Lesezeit 4 Minuten
Die Bauarbeiten für die neue Anschlussstelle an der A4 sind in vollem Gange. Um das lange geplante Straßenbau-Projekt ist eine hitzige Debatte entbrannt.

Die Bauarbeiten für die neue Anschlussstelle an der A4 sind in vollem Gange. Um das lange geplante Straßenbau-Projekt ist eine hitzige Debatte entbrannt.

Frechen-Königsdorf – Am neuen Autobahnanschluss in Königsdorf scheiden sich nach wie vor die Geister. Als das Land kürzlich sieben Millionen Euro für den Weiterbau zur Verfügung stellte, übten die Grünen in Land und Stadt Kritik an der auf das Auto fokussierten Verkehrspolitik. „Auch wenn wir nicht die Einstellung der Bauarbeiten gefordert haben, scheinen selbst solche Konsequenzen nicht mehr unvorstellbar, wenn man manche Leserbriefe weiterdenkt“, sagt Miriam Erbacher, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Frechener Stadtrat. Es sei deutlich geworden, dass große Straßenbauprojekte nach dem Leitbild der 70er-Jahre nicht zu den Klimaveränderungen passten.

Weite Teile der Politik sehen die Sache anders – auch die CDU, der Bündnispartner der Grünen im Stadtrat. Der Autobahnanschluss sei wichtig für Königsdorf, sagt Fraktionschefin Karla Palussek: „Wir müssen die einmalige Chance nutzen, den Frechener Stadtteil von Lärm, Abgasen und dem hohen Verkehrsaufkommen zu entlasten. Das bedeutet für die Anwohner eine wesentlich höhere Lebensqualität.“ Das Projekt sei nicht nur für Frechen wichtig, sondern auch für Pendler aus den Nachbarkommunen Kerpen und Bergheim. Eine Belastung für das Bündnis mit den Grünen sieht Palussek durch die Debatte nicht: „Eine Koalition bedeutet nicht, dass man immer einer Meinung sein muss.“

Frechen: SPD-Fraktion spricht von „grünem Wahlkampfgetöse“

Die SPD-Fraktion spricht von „grünem Wahlkampfgetöse“. Zukünftige Verkehrsprojekte auf ihre Klimatauglichkeit zu prüfen, sei ein wichtiges Ziel. „Jetzt mit der Autobahnauffahrt Königsdorf ein bereits mitten im Bau befindliches Einzelprojekt herauszugreifen und als unnötig anzuprangern, ist aber absolut unrealistisch“, meint Fraktionschef Hans Günter Eilenberger: „Jetzt nach Baubeginn noch einmal die Sinnfrage zu stellen, ist nicht nur ein ausgesprochen schlechter politischer Stil, es zeigt auch deutlich die ablehnende fundamentalistische Haltung der Frechener Grünen gegenüber dem Kraftfahrzeug.“ Es gebe keine neuen Erkenntnisse, die ein Überdenken der Maßnahme erforderlich machten, ergänzt Parteichef Carsten Peters: „Die SPD Frechen steht weiterhin zu dem Projekt.“

Die Wählergemeinschaft „Perspektive für Frechen“ fordert, den Autobahnanschluss zügig umzusetzen, um Königsdorf zu entlasten. Eine von den Grünen ins Gespräch gebrachte Alternativlösung mittels einer Pförtnerampel stelle nur eine Verlagerung des Verkehrsproblems dar, sagt Fraktionschef Dieter Zander. Man dürfe auch die investierten Mittel nicht vergessen: „Wir halten nichts von der Verschwendung von Steuergeldern und von künstlich produzierten Bauruinen.“

Autobahnanschluss Königsdorf: „Das hätte gravierende Nachteile für Frechen“

„»Herr, lass es Hirn vom Himmel regnen«, habe ich im ersten Augenblick gedacht“, sagt Bernhard von Rothkirch, Partei- und Fraktionschef der FDP: „Es braucht schon sehr gute Gründe oder ein gerüttelt Maß an Realitätsferne, um eine Autobahnauffahrt mitten im Bau stilllegen zu wollen.“ Er spricht vom „grün-schwarzen Zukunftschaos“: „Wir sind gespannt, mit welchem Thema die Grünen die CDU das nächste Mal am Ring durch die Manege zieht.“

„Angesichts der Klimakrise finden wir es zwar grundsätzlich richtig, den Aus- und Neubau von Autobahnen zu hinterfragen“, sagt Hauke Dressel für die Linksfraktion. Hier gehe es aber um einen Zubringer für eine schon existierende Autobahn, der zudem die Aachener Straße in Königsdorf deutlich entlasten könnte. Das Projekt in diesem fortgeschrittenen Stadium aufzugeben, hätte gravierende Nachteile für Frechen, aber keinen Nutzen für den Klimaschutz. Hilfreicher könnte ein Tempolimit auf Autobahnen sein.

Pförtnerampel kommt für Susanne Stupp nicht in Frage

In einer Presseerklärung kritisieren die Ortsverbände der Piratenpartei aus Frechen und Kerpen insbesondere die Idee einer Pförtnerampel am Ortseingang von Königsdorf: „Statt einer Lösung des Problems hätten wir dann Staus auf der Landstraße, die sich auch negativ auf den Busverkehr auswirkten“, sagt Pirat Lars König, der im Frechener Stadtrat sitzt. Der Verkehr würde nur in die Nachbarorte verlagert. „Diese Art der Kirchturmpolitik lehnen wir entschieden ab“, sagt Alessa Flohe, Stadtverordnete der Piratenpartei in Kerpen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Von einer Pförtnerampel hält auch Bürgermeisterin Susanne Stupp nichts. „Wir haben ja damals heftig dagegen protestiert, als die Stadt Köln eine Pförtnerampel auf der Aachener Straße installiert hat“, erläutert sie. Eine solche Ampel auf Frechener Gebiet komme für sie nicht in Frage.

„Der Autobahnanschluss steht nicht auf dem Prüfstand“, stellt die Verwaltungschefin klar, „wir befinden uns mitten im Verfahren.“ Der Weiterbau sei nicht in Frage gestellt.

Rundschau abonnieren