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StraßensperrungAutofreier Sonntag in Frechen bietet Besuchern zu wenig

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Viel Spaß hatten die Besucher der Mobilitätswoche in Frechen besonders auf Bobby-Car und Segway.

  • Der autofreie Sonntag im Rahmen der europäischen Mobilitätswoche sollte den Frechenern zeigen wie der öffentliche Raum aussehen könnte, wenn er weniger auf Autos ausgerichtet wäre.
  • Viele Besucher waren von der Aktion dennoch enttäuscht. Es wurde einfach zu wenig geboten, findet auch unser Autor.
  • Ein voller Erfolg dagegen war der erste autofreie Sonntag im Raum Bergheim am 25. November 1973.

Frechen – Für sechs Stunden ging am Samstag auf der oberen Hauptstraße, zwischen Dr.-Tusch-Straße und dem Wendehammer in Höhe der früheren Tankstelle Lierfeld, nichts mehr. Nur die Straßenbahn rollte noch durch diesen Abschnitt, der Rest gehörte den Fußgängern.

Öffentlichen Raum mehr auf Menschen ausrichten

Im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche mit dem diesjährigen Schwerpunkt „Fußverkehr“ wurde die Frechener Fußgängerzone über die Dr.-Tusch-Straße verlängert. Das war nicht neu, das gab es früher bei Stadtfesten und Martinsmärkten auch schon mal, wurde aber mangels Interesse eingestellt. Doch diesmal wurde die für den motorisierten Verkehr gesperrte Straßenfläche genutzt, um zu zeigen, wie öffentlicher Raum aussehen könnte, wenn er „mehr auf Menschen und weniger auf Autos ausgerichtet ist“, wie die Veranstalter es formulierten. 

Doch so ganz werden die Veranstalter mit der Resonanz auf ihre Aktion nicht zufrieden gewesen sein, denn dafür wurde zu wenig geboten. An der Kreuzung Dr. Tusch-Straße hatte der Eissalon die Chance genutzt, auf dem nun freien Straßenbereich weitere Tische und Stühle aufzubauen. Auch die Gaststätte Zeiler’s erweiterte die Außengastronomie und sorgte für Live-Musik.

Versprochene Begrünung fiel kaum auf

Und am oberen Ende, kurz vor dem Wendehammer hatten der ADFC und die RheinEnergie ihre Zelte aufgeschlagen. Fahrräder wurden gegen einen kleinen Kostenbeitrag codiert und Kinder durften über den Bobby-Car-Parcours fahren, während die größeren Gäste sich auf dem Segway ausprobierten. Das ließen sich auch Sabine und Günter Müller nicht zweimal sagen und sie drehten ihre ersten vorsichtigen Runden mit dem elektrisch betriebenen Segway. „Das macht richtig Spaß“, meinte Sabine Müller und gab auf der zweiten Runde schon mehr Gas. 

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Wer allerdings die versprochene Begrünung der Straße oder die „freien Parkbuchten“ sehen wollte, musste schon suchen. Denn das wenige Grün, dass herangeschafft worden war, fiel kaum auf, wie die Reaktionen einiger Besucher zeigten. Schade vor allem war, dass es so große brach liegende Flächen zwischen den drei Veranstaltungspunkten gab, die besser hätten genutzt werden können . 

Erster autofreier Sonntag 1973

Ein voller Erfolg war der erste autofreie Sonntag am 25. November 1973 im Raum Bergheim. Die Kraftfahrer ließen ihre Autos in der Garage stehen. Nur mit einer Ausnahmegenehmigung durfte gefahren werden. Von der Brücke über der A 4 beobachteten Kinder die (fast) leere Autobahn bei Buir. Spaziergänger und Radfahrer zählten dort in einer halben Stunde nur drei Wagen.

Auch Vertreter der Kreisbehörde schauten nach, ob sich die Bürger an das Fahrverbot hielten. Sie taten es. Die Polizei kontrollierte die wenigen Fahrzeuge, es waren Ärzte oder andere mit Ausnahmegenehmigungen. Doch von 242 Fahranträgen waren zuvor 200 abgelehnt worden. Besonders originell umgingen Mitglieder des Quadrath-Ichendorfer Reit- und Fahrvereins das Fahrverbot. Sie spannten ihre Pferde vor die Kutschen und steuerten damit eine Gaststätte an der Bergheimer Hauptstraße zum Frühschoppen an. Ansonsten waren die Straßen „wie leer gefegt“, wie die Zeitung schrieb.

In ganz Deutschland wurden die Fahrverbote am 25. November und den drei folgenden Advent-Sonntagen überwiegend positiv aufgenommen. Kinder sausten mit dem Kettcar, dem Fahrrad oder auf Rollschuhen über Straßen und Autobahnen. Im Süden ging es mit Langlaufskiern über verschneite Fernstraßen. Die Bilder gingen um die Welt.

Anlass für das umfassende Fahrverbot war ein Embargo der Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec). Weil sie ihre Lieferungen drosselten und der Ölpreis damit stieg, verordnete die Regierung in Bonn erstmals in der Geschichte ein bundesweites Fahrverbot, um die Spritnachfrage zu senken. Rund 13 Millionen Autobesitzer mussten an den vier Sonntagen ihre Wagen stehenlassen. (rj) 

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