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Gastronomen in der Corona-Zwickmühle„Froh, dass wir überhaupt wieder öffnen können“

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Noch bleiben vielerorts die Stühle unbenutzt. Café- und Restaurantbetreiber klagen über geringe Umsätze.

  • Die Gastronomen im Rhein-Erft-Kreis sind froh, nach der Zwangspause wegen des Coronavirus wieder arbeiten zu können.
  • Allerdings machen viele die Auflagen zu schaffen.
  • Und die Hoffnung, dass die Tische schnell wieder so gut besetzt sein würden wie vor Beginn der Krise, trog. Eine Umfrage unter Gastronomen.

Rhein-Erft-Kreis – Günter Clemens hatte auf die zweite Woche gesetzt. Nachdem Gaststätten und Hotels wegen Corona wochenlang geschlossen bleiben mussten, durften sie ab dem 11. Mai unter bestimmten Voraussetzungen wieder öffnen.

So richtig gut ist das Geschäft allerdings nicht wieder angelaufen. „Wir haben nicht so viel Zulauf“, sagt Clemens, Inhaber des Restaurants Angelpark an der Zievericher Mühle in Bergheim.

Clemens hatte im Vorfeld wie alle Gastronomen auch, Tische gerückt, das Personal instruiert und alle Voraussetzungen erfüllt, um wieder öffnen zu können. Sehr schwer und aufwendig sei das gewesen.

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Er habe gehofft, dass nach einer Woche mehr Leute wieder bei ihm zum Essen kommen würden, bislang vergebens. Zwischen 60 und 70 Prozent weniger Menschen kämen im Vergleich zum Normalbetrieb, beziffert er. „Wir sind aber froh, überhaupt wieder öffnen zu können.“

Zum Restaurant gehört ein Biergarten, die Gäste können also bei schönem Wetter auch draußen sitzen. Sollte sich der Sonnenschein noch länger halten, will Clemens den Biergarten auch in der Woche öffnen. Wegen der geringen Besucherzahlen öffnet er den Biergarten zurzeit nämlich nur am Wochenende.

Den Bestimmungen nach dürfen nur begrenzt viele Menschen an einem Tisch sitzen. Das sei nicht immer leicht umzusetzen, sagt Clemens. Häufig wollten Gruppen beieinander sitzen.

„Wir haben hier einen Radweg direkt nebenan. Und wenn eine Gruppe Radfahrer kommt, würden die natürlich am liebsten zu sechst an einem Tisch sitzen anstatt jeweils zu zweit an dreien.“ Clemens hat aber Verständnis für die Situation. Und die meisten seiner Gäste hätten dies auch, sagt er.

Zu schaffen macht dem Restaurantchef die Ungewissheit: „Es gibt keine Ansagen, kein Ziel. Wir hangeln uns von Woche zu Woche.“ Deshalb hofft er natürlich auf weitere Lockerungen, weiß aber auch um die Gefahren: „Ein zweiter Lockdown wäre das Schlimmste, was passieren könnte.“

Für Klaus Dohmen fühlten sich die vergangenen Tage nach einem Neustart an. Er betreibt eingebettet in Buchhandlung und Antiquariat ein kleines Literaturcafé an der Brühler Kölnstraße. „Man beginnt vieles von vorn“, sagt der Inhaber der „Eule“.

Um Auflagen gerecht zu werden, müssen sich die Gäste nun registrieren. Sonst drohen empfindliche Strafen. Jeden zweiten Tisch lässt Dohmen unbesetzt, um für Abstand zu sorgen.

Die Zahl der Sitzplätze reduziert sich damit von 32 auf 15, vor der Tür können statt zwölf nurmehr acht Gäste Platz nehmen. Die Zahl der Kunden, die kämen, um Kaffee zu trinken oder ein Stück Kuchen oder Quiche zu essen, sei an den ersten Tagen seit der Wiederöffnung um 90 Prozent verringert gewesen, sagt Dohmen. Immerhin kehrten allmählich die Stammkunden zurück. Das mache Hoffnung.

Ein kleines bisschen Zuversicht hegt auch Georg Frey. Er betreibt die „Balthasar-Neumann-Speiserei“ in Brühl und ein Gästehaus. Als Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) hat er auch die Gesamtsituation im Blick.

Es fehlt der Branche an Veranstaltungen

„Es ist gut, dass es wieder losgegangen ist und auch die Öffnung des Phantasialands ist für meine Kollegen und mich wichtig“, sagt er. Doch noch fehle es seiner Branche vor allem an Veranstaltungen.

„Die großen Fachmessen, Firmenfeiern, Hochzeiten oder Kommunionen sorgen normalerweise für einen Großteil des Umsatzes.“ Rund die Hälfte des Geschäfts, so schätzt er, falle derzeit flach.

Viele Kollegen arbeiteten daher mit weniger Personal. Noch gebe es keine Pleitewelle bei Gastronomen und Hoteliers, „aber wo Pachtverträge auslaufen, dürfte es häufig Geschäftsaufgaben geben“.

„Ich könnte eigentlich geschlossen bleiben“, sagt Peter Konert, Inhaber des Hotels Konert an der Kölner Straße in Bergheim. Er hat ein kleines Hotel mit neun Zimmern, dazu Versammlungsräume und eine kleine Gaststätte.

Normalerweise hat er unter der Woche die Zimmer voll mit Monteuren, die in der Umgebung arbeiten. Aber auch die kommen zurzeit nicht.

Versammlungen dürfen nicht stattfinden. „Ich habe meistens 20 bis 30 Leute pro Veranstaltung hier, die dann auch essen und trinken“, berichtet Konert. Oder geschlossene Gesellschaften am Wochenende.

Gaststätte und Restaurant, die hauptsächlich für Versammlungen und Familienfeiern genutzt werden, bleiben auch verwaist. 95 Prozent weniger Zulauf habe er, sagt Konert. „Ich warte auf weitere Lockerungen.“ Auch die Gäste, die fragen, wann sie wieder mit mehr Gästen kommen können, muss er vertrösten.

Es ist das eingetreten, was Stephan Schmidt erwartet hat. „Die Gäste sind vorsichtig und verhalten.“ Am 12. Mai hat er sein „Weinhaus Fledermaus“ in Pulheim-Sinthern wieder eröffnet. Es gebe sehr gute Tage, wie den Vatertag, „da war es zum Glück voll, auch auf der Terrasse“, aber auch sehr ruhig.

„Insgesamt haben wir deutlich weniger zu tun, und das nicht nur, weil wir weniger Plätze haben.“ Aktuell sind es 46, vor der Corona-Pandemie waren es 110. Der Lieferservice, den die „Fledermaus“ weiterhin anbiete, sei ein gutes Zubrot.

Dennoch hat sich der Gastronom entschieden, auch das Restaurant „Weingalerie“, das er im Walzwerk betreibt, am 3. Juni wieder zu eröffnen. Zunächst von mittwochs bis sonntags, idealerweise sollten die Gäste reservieren.

„Ich öffne aus Sorge, dass die Stammgäste abwandern könnten. Sie dann zurückzuholen, ist schwierig. Daher ist es wichtig, mit ihnen in Kontakt und im Gespräch zu bleiben.“ Weinproben, Feiern, die Reihe „Barbeque und Wein“, der Familienbrunch am Sonntag – alles abgesagt. „Gleiches gilt für die Caterings.“

Sorge auch um die Mitarbeiter

Er habe es betriebswirtschaftlich durchgerechnet. „Es wird nicht klappen.“ Es sei einfach ein großes Dilemma, das alle in der Branche hätten. „Öffne ich und gehe das Risiko ein, dass es nicht kostendeckend ist oder öffne ich nicht, um die Mitarbeiter zu schützen.“

Er sei ein positiver Mensch. „Aber die Situation setzt mir zu.“ Schließlich sei er auch für die verbleibenden 13 Festangestellten in den beiden Restaurants – „zwei haben aufgehört“ –, verantwortlich. „Einige sind seit 25 Jahren bei uns. Da hängen auch Familien dran.“

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