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Inspektion aus der LuftYncoris lässt Drohnen über dem Chemiepark Knapsack kreisen

Lesezeit 3 Minuten
130 Kilometer Rohrleitungen werden mit der Drohne aus der Luft inspiziert.

130 Kilometer Rohrleitungen werden mit der Drohne aus der Luft inspiziert.

Hürth-Knapsack – Eine besondere Flug- und Startgenehmigung braucht Sportpilot Ralf Baumgarten (40) nicht, wenn er im Chemiepark Knapsack abhebt. Moderne Technik macht es möglich, dass er sich für seine „Kontrollflüge“ noch nicht einmal in einen Flieger setzen muss. Beide Füße fest am Boden, kann der Mitarbeiter des Industriedienstleisters und Chemieparkbetreibers die Produktionsanlagen trotzdem aus der Vogelperspektive inspizieren.

Seit Neuestem setzt der Sportpilot bei den Wartungsarbeiten an Chemieanlagen und Kühltürmen eine Drohne ein. Dieses Gerät mit dem Namen DJI Mavic 2 Enterprise Avanced bringt mitsamt Akku nur 600 Gramm auf die Waage. „Die Fluggeräte werden immer kleiner, kompakter und präzisier“, sagt Baumgarten.

130 Kilometer langes Rohrleitungsnetz in Knapsack wird abgeflogen

Über die Fernbedienung steuert er das kleine Flugobjekt regelmäßig an den mehr als 130 Kilometer langen oberirdischen Rohrleitungen entlang. Ihren computergesteuerten „Augen“ entgeht nichts. Kleinste Veränderungen an Rohren oder Halterungen werden auf dem Bildschirm sichtbar. „Wir zeichnen alle Flüge und Daten auf und archivieren sie, auch um sie mit vorherigen Aufzeichnungen zu vergleichen“, erklärt der 40-Jährige. „Das ermöglicht uns wesentlich schneller und präziser zu reagieren“, betont auch Yncoris-Sprecher Benjamin Jochum. Zudem seien die Inspektionen mit der Drohne sehr viel einfacher und weniger zeitaufwendig. „Personal wird aufgrund der Drohneneinsätze aber nicht eingespart“, ergänzt er.

Einfach drauflos darf Baumgarten allerdings nicht starten. „Jeder Drohnenflug wird von den jeweiligen Abteilungen angefordert“, erklärt er. Seit zwei Jahren sei ein Führerschein Pflicht, jede Drohne sei zudem registriert. Weil der Chemiepark in der Einflugschneise des Fliegerhorst Nörvenich liegt, seien Flüge nur bis maximal 100 Meter Höhe erlaubt.

Als Betreiber des Chemieparks ist Yncoris für die Infrastruktur zuständig. „So können sich die 30 hier ansässigen Unternehmen ganz und gar auf ihr jeweiliges Kerngeschäft konzentrieren“, erklärt der Unternehmenssprecher. „Wir kümmern uns um den Rest, dazu gehören auch die Wartungen der Pipelines, Produktionsanlagen, Rohrleitungssysteme, Kühltürme und Frischwasserhochbehälter“, so Jochum.

Chemiepark Knapsack: Aus der Luft sind kleinste Veränderungen zu sehen

Sogar Aufnahmen mit der Wärmebildkamera seien möglich. So könnten aus der Luft auch kleinste Materialveränderungen erkannt werden. Auf dem Bildschirm seiner Fernbedienung sieht Baumgarten genau das, was auch die elektronischen Sensoren der Drohne erfassen.

Ein weiterer elektronischer Assistent ist ein Tauchroboter. Er darf sogar bei laufendem Betrieb in die Kühlbecken, um ihren Zustand und die Wasserqualität zu begutachten. „Wir schauen zum Beispiel nach Ablagerungen am Beckenboden“, berichtet Volkhard Pieper. Er ist Teamleiter der Energieanlage, für die Wasserversorgung und -entsorgung zuständig und meistens dabei, wenn Baumgarten mit seinem computergesteuerten Gehilfen in seiner Abteilung unterwegs ist.

Früher seien für die Wartungsarbeiten der Kühltürme Taucher in die Becken gestiegen. „Dafür musste die Anlage aus Sicherheitsgründen abgeschaltet werden“, erklärt Pieper. Jetzt ließen sich Auffälligkeiten über GPS-Koordinaten punktgenau dokumentieren, später erneut kontrollieren und mit Experten am Bildschirm auswerten.

Ungesichert darf aber auch der Tauchroboter nicht in die bis zu vier Meter tiefen Becken, denn darin herrscht eine ordentliche Strömung. Pieper: „Stündlich werden in einem geschlossenen Kreislauf etwa 3000 Kubikmeter Wasser in die Becken ein- und abgeleitet.“ Sechs Motoren ermöglichen es dem „elektrischen Taucher“, sich auch gegen die Strömung zu bewegen. Zwei Hochleistungs-LED-Scheinwerfer lassen selbst den Beckenboden taghell erstrahlen.

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Kontrolliert werde bei den computergesteuerten Tauchgängen der Verschmutzungsgrad des Wassers, aber auch das Bauwerk selbst. „Es handele sich dabei ja um hochkomplexe Konstruktionen“, erklärt Pieper. Nicht umsonst seien jährliche Inspektionen angeordnet.

Die Entwicklungen gehen weiter. „Angedacht sind Drohnen-Wartungsflüge auch in geschlossenen Silos und Tanks“, gibt Baumgarten einen Ausblick in die Zukunft. Erste Versuche in diese Richtung seien recht erfolgreich gewesen.

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