UN-Mitarbeiter in New YorkSo erlebt ein Hürther die Corona-Krise und den US-Wahlkampf

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Stefan_Schwarz UN Generalversammlung

Stefan Schwarz am UN-Rednerpult in New York

  • Als „Weltpolizist“ war Stefan Schwarz aus Hürth schon in vielen Teilen der Erde.
  • Aktuell ist der UN-Mitarbeiter mit seiner Familie wieder in New York, um unter anderem Polizisten aus Krisenregionen auszubilden.
  • Schon 2016 erlebte er vor Ort, wie Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde. Nun möchte er dabei sein, wenn er abgewählt wird.

Hürth/New York – „Be prepared for the worst – hoping for the best, wir hoffen das Beste und sind auf das Schlimmste vorbereitet“, beschreibt Stefan Schwarz, der Weltpolizist in Diensten der UN aus Hürth-Fischenich, die Stimmung in New York. Nach den Erfahrungen bei der Präsidentenwahl vor vier Jahren traue man nicht einmal mehr den Umfragen. Sein erster berufliche Aufenthalt in New York damals dauerte vier Jahre. Seit drei Monaten ist Schwarz erneut in New York. Doch nie zuvor hat er das Land so gespalten erlebt.

In seiner Nachbarschaft in Scarsdale/Westchester County sei US-Präsident Donald Trump aus Sicht der Wähler eine peinliche Erscheinung. „Bei den letzten Wahlen holte er hier etwa 20 Prozent, teils sogar noch weniger“, berichtet Schwarz.

Auch Trumps erstaunlich schnelle Genesung nach der Corona-Erkrankung werde mit Routine und Unaufgeregtheit zur Kenntnis genommen. „Nach fast vier Jahren mit diesem Präsidenten regt man sich über ihn und sein Agieren hier nicht mehr so schnell auf“, so Schwarz. Insgesamt ist Schwarz jedoch davon überzeugt, dass es Trump gelingt, seine kleiner werdende treue Basis an die Wahlurnen zu bringen. „Bei den Wechselwählern sieht es derzeit allerdings nicht so gut aus.“

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Das ganze Wahlkampfgetöse bekämen auch seine Töchter in der Schule mit, insbesondere die Diskussionen nach dem ersten TV-Duell zwischen Trump und dem Kandidaten der Demokraten, Joe Biden. Dabei seien die Lehrer sehr zurückhaltend. „Wenn ein Kind jedoch eine Pro-Trump-Äußerung macht, wird das von den Mitschülern recht aufmerksam aufgenommen“, berichtet Schwarz. Die Republikaner seien derzeit in New York nicht gut angesehen.

Wenige Wochen nach Schwarz’ Ankunft ist seine Familie nachgekommen. Und nach der 14-tägigen Quarantäne ist Amerika und New York längst Alltag geworden. Die Töchter besuchen die Schule, bisher laufe alles gut. Dabei sei das Tragen der Maske in der Schule Pflicht, im Unterricht wie auf dem Schulgelände. „Ich selber durfte vor ein paar Tagen zum ersten und bisher einzigen Mal in mein Büro“, sagt Schwarz. Wegen der Corona-Pandemie sei bisher alles online gelaufen. Und auf eine reguläre Fünf-Tage-Woche im Büro werde er noch länger warten müssen. Aber die Arbeit mache großen Spaß. „Trotzdem vermisse ich den direkten Kontakt und die Interaktionen im Klassenraum schon sehr“, sagt er.

UN-Geburtstag: 2020 herrscht in New York kein Ausnahmezustand

Doch nicht nur er arbeite zurzeit in der Millionenmetropole in Homeoffice. New York sei erstaunlich leer. Allein habe sogar der Sicherheitsdienst an den Absperrgittern gestanden, die anlässlich des 75-jährigen Geburtstags der Vereinten Nationen aufgestellt wurden. „In den letzten Jahren herrschte hier zum Jahrestag der UN immer Ausnahmezustand, und man war als normaler UN-Beschäftigter froh, wenn man nach gefühlt 300 Sicherheitskontrollen überhaupt sein Büro erreichen konnte“, berichtet er.

Auch er habe das bereits erlebt, als er zuletzt 2013 mit seiner Familie für vier Jahre in New York war. Schon damals schulte der 55-jährige Kriminaldirektor aus dem Rheinland unter anderem Polizisten aus Krisenregionen, um ihnen Standards der demokratischen Polizeiarbeit wie Schutz von Frauen und Kindern, Achtung voreinander und Menschenrechte zu vermitteln. „Die Wiederherstellung des Friedens in der Welt sehe ich als eine wirklich sinnhafte und sinngebende Tätigkeit“, erklärt er sein Engagement.

Stefan Schwarz' Sorgen vor der US-Wahl

Umso mehr bedauert er die aktuelle Situation. „Es war sehr schade, dass das UN-Jubiläum nicht die Aufmerksamkeit erfahren hat, die ich ihm in diesen herausfordernden Zeiten gewünscht hätte.“ Und er hofft, dass die Rolle der Vereinten Nationen zum runden Jubiläum in 25 Jahren eine Stärkere ist als heute und der Name des Politikers Trump in der Erinnerung keine Rolle mehr spielen wird.

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„Ich war in New York, als Donald Trump zum Präsidenten gewählt wurde, jetzt hoffe ich, dass ich auch dabei bin, wenn er abgewählt wird“, sagt Schwarz mit einem Augenzwinkern. Persönlich sei er froh, wenn die Wahl endlich vorbei ist. Wenn das Wahlergebnis am 3. November allerdings nicht ganz eindeutig ist, könnte es einen wochenlangen Streit über die Ergebnisse der Briefwahl geben. „Ach, ich vermisse den deutschen Bundeswahlleiter, der kurz nach der Wahl das vorläufige amtliche Endergebnis verkündet“, sagt Schwarz.

In Amerika sei zu befürchten, dass der Streit um das Wahlergebnis politisch, juristisch und eben auch auf den Straßen ausgetragen werden könnte. Die Aussage Trumps in Richtung der „Proud Boys“ während des TV-Duells mit Biden – „Stand back, stand by“ – spreche für sich. Sollte es also bewaffnete Horden auf den Straßen geben, was ihm jedoch in New York eher unwahrscheinlich erscheine, könne seine Familie mit ihrem Visum ganz schnell auch zurück nach Hürth reisen. Das sei aber nur der Plan B, ansonsten gilt: „Et hätt noch immer jot jejange.“

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