Geplante RenaturierungSo soll sich der Verlauf der Erft ändern

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Erft Renaturierung

Noch verläuft die Erft zwischen Gymnich und Kerpen  sehr geradlinig. Das soll sich bald ändern.

Kerpen/Erfstadt – So soll es werden: Bachflohkrebse, Köcherfliegen, Steinfliegen, Eintagsfliegen und Libellen samt ihrer Larven – viele dieser Arten würde der Wasserfrosch am seichten Rand der Erft nicht verschmähen. Kreuzkröten, Wechselkröten laichen in den sandigen Flachwasserzonen oder den kleinen Tümpeln, die die Erft sich selbst im Laufe der Zeit schaffen wird.

Elritzen und Gründlinge suchen im klaren Flachwasser nach Nahrung, dazu immer mehr Barben, die dieser Flussregion als typische, vorherrschende Art ihren Namen geben.

Am Rande des gewundenen Bettes lugen Grau- und Silberreiher nach Beute, aber auch Schwarzstörche – und hoch oben auf dem Wagenrad bei Gymnich sitzt ein klapperndes Weißstorchpärchen. Zugegeben: Wenn man heute auf den schnurgeraden Erftflutkanal blickt, der sich von Weilerswist bis Bergheim zieht, glaubt man kaum, dass diese triste Rinne sich einmal in ein solches Paradies verwandeln könnte. Doch das soll schon bald so sein.

Der Rhein-Erft-Kreis und der Erftverband haben zwischen der Gymnicher Mühle und dem großen Wehr bei Kerpen-Brüggen eine Fläche von 85 Hektar (120 Fußballfeldern) gekauft, damit die Erft zumindest auf 2,5 Kilometern aus ihrem starren Korsett befreit werden und stattdessen auf 5,5 Kilometern in vielen kleinen Schlingen Richtung Norden fließen kann. Im wesentlichen wird dazu das Gebiet des einst geplanten Golfplatzes Gymnich genutzt.

Naturidylle statt Golfplatz-Atmosphäre

Statt Greens und Bunkern soll dort ein grünes Idyll entstehen. Dr. Dietmar Jansen und Dr. Christian Gattke vom Erftverband wissen dieses Stück Natur zwischen A 61 und Türnich-Balkhausen-Brüggen gut geschützt. Auch Fachplaner Hartmut Hoevel bleibt gelassen: „Wir haben eine 40-köpfige Wachmannschaft im Einsatz. An der kommt keiner vorbei.“

Bei den Security-Kräften handelt es sich um 40 mächtige Stück Donnersberger Glanvieh. Die imposante Kuhherde grast friedlich in der Erftaue und soll so Elritze, Storch und Wechselkröte ein gedeihliches Leben sichern. Im nächsten oder übernächsten Jahr wird mit dem Bau der Erftschlingen begonnen. Dabei handelt es sich laut Gattke um die „umfangreichste Flussrenaturierung in Nordrhein-Westfalen“.

Auf gut 50 Metern Breite werde die Erft sich künftig ihr Bett selbst suchen können, sagt Gewässerbereichsleiter Jansen. Das dürfte Watvögel an den Fluss zurückholen, hofft Erftverbandsbiologe Dr. Udo Rose: „Dieser breite Feuchtbereich links und rechts der Erft ist ein Lebensraum für Rallen, Blesshühner, Teichhühner und die Bekassine.“

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Auch der Kiebitz ist schon da – jedenfalls fast: Am Rotbach, einem Zulauf, wurde er gesichtet. Und noch ein streng geschützter Gast wird vom Erftverband erwartet: der Biber. Rose und die anderen Experten sind sich einig, dass er von der Eifeler Rur her früher oder später einwandern wird, nachdem der zuletzt gesichtete einzelne Niederberger Biber – der erste seit 200 Jahren – offenbar verendet ist.

Und auch der Fischotter habe exzellente Chancen, sich seine Nahrung in den reichen Fischgründen der Erftschlingen zu erjagen. Für einen bei Anglern sehr unbeliebten Konkurrenten, den Kormoran, seien die Schlingen allerdings weniger attraktiv, sagt Rose: „Er mag weder seichtes Wasser noch schmale Fließgewässer, die sich stark schlängeln.“

Zu wenig Grundwasser wegen des Bergbaus

Aber genau das wird die Erft tun, wenn sie sich nach den Vorstellungen von Projektleiterin Ruth Haltof in ihrem neuen Bett wieder drehen und wenden darf, wie sie mag. Die Ingenieurin wird der Natur aber ein wenig auf die Sprünge helfen müssen, „denn Grundwasser haben wir wegen des Bergbaus nicht“.

Deshalb werde das Bett nach unten abgedichtet, sonst versickere die Erft in trockenen Sommern. Auch auf den Biber gibt sie schon acht, obwohl der noch gar nicht da ist: „An wichtigen Stellen, die nicht durchbrochen werden dürfen, werden wir eine Biberschutzmatte einbringen.“

Die Ingenieurin weiß, Vorsicht ist geboten, denn: Das gewundene Erftbett wird nicht nur neue Heimat für uralte Arten, sondern muss auch weiter Hochwasserschutz für die Region bieten, genauso wie der alte Kanal.

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