Kerpener Ex-FußballtrainerKulik zu WM-Debakel: Es sollte ein junger Trainer her

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Der Wahl-​Ker­pe­ner Christian Kulik vor dem Foto seiner einstigen Mann­schafts­kol­le­gen von Borussia Mön­chen­glad­bach.

Kerpen – Christian Kulik (67) guckt für sein Leben gerne Fußball, auch wenn er beruhigend sagt: „Es ist doch nur Fußball.“ Der zweifache Familienvater aus Kerpen hat als Profi die große Zeit von Borussia Mönchengladbach erlebt und drei Deutsche Meisterschaften gefeiert. Zweimal gewann er zudem den UEFA-Pokal mit den Fohlen. Manfred Christoph hat den einstigen Ballverteiler im Mönchengladbacher Mittelfeld zum enttäuschenden Auftritt der DFB-Elf befragt.

Herr Kulik, es war ein schöner sonniger Nachmittag. Wie haben Sie das Spiel gegen Südkorea erlebt?

Ich habe das Spiel alleine zu Hause geschaut. Meine Frau interessiert sich nicht für Fußball und meine Kinder waren arbeiten. Vielleicht war es besser so, denn es war ein enttäuschendes Spiel mit einer unerwarteten Niederlage und einem verdienten Ausscheiden.

Hatte die fußballerische Umsetzung des Filmklassikers „Angst essen Seele auf“ Auswirkungen auf ihren Gemütszustand?

Als Deutscher will man natürlich, dass Deutschland weiterkommt. Aber man hatte das Gefühl, dass die Mannschaft unter ihren Möglichkeiten spielt.

Woran hat es gelegen, dass die DFB-Elf so schlecht war?

Der gesamte Stab ist dabei, das jetzt zu analysieren und vielleicht war da nach dem WM-Titel 2014 zu viel Laisser-faire im Spiel. Denn die entscheidenden Leute von damals haben ja schließlich vier Jahre mehr auf dem Buckel.

Hat sich die Mannschaft vielleicht zu sehr in Sicherheit gewogen und hätte nach den dürftigen Vorbereitungsspielen die Alarmglocken nicht früher angehen müssen?

Viele Spieler waren ja körperlich gar nicht komplett fit. Und Korea war ein schwacher Gegner. Chancen waren ja da, der Kopfball von Hummels zum Beispiel. Ich hatte das Gefühl, das war alles ziemlich konfus. Es ist mir unerklärlich, was der Neuer auf einmal auf Linksaußen zu suchen hatte. Die Raumaufteilung stimmte nicht, Özil kam nicht aus den Puschen, Khedira war platt und Kroos hat ja bis zur letzten Minute noch für seinen Verein gespielt.

Haben die Ereignisse um den türkischen Präsidenten vielleicht doch größere Auswirkungen als zunächst angenommen?

Ich kenne das Innenleben der Mannschaft nicht. Aber man konnte sehen, dass Özil kaum ans Laufen kam und Gündogan weit unter seinen Möglichkeiten geblieben ist.

Ist der WM damit in Deutschland der Stecker gezogen oder wird das Interesse anhalten?

Für die wirklichen Fußball-Fans geht die WM weiter, denn die wollten natürlich am liebsten Messi und Neymar sehen. Die sitzen vor der Kiste wie beim Deutschland-Spiel.

Wie sieht es mit Ihrem Interesse aus?

Bei mir lässt das nicht nach. Ich schaue einfach sehr, sehr gerne Fußball. Und K.o.-Spiele sind immer spannend.

Müssen wir uns jetzt auf einen Abschied vom Weltmeistertrainer Joachim Löw einstellen?

Ich sage mal, es braucht einen Umschwung.

Ich würde mir einen neuen Trainer wünschen, aber ich weiß nicht wen. Wenn es ein Julian Nagelsmann machen würde, dann wäre es gut, denn es sollte ein junger, dynamischer Trainer her.

Rechnen Sie mit weiteren personellen Konsequenzen, etwa Teammanager Oliver Bierhoff?

Ich rechne nicht damit, dass Oliver Bierhoff aufhört. Nach so einer Blamage muss man aber alles hinterfragen.

Die Gastronomen stöhnen überall in der Region. Was bedeutet das Ausscheiden für die Menschen, den DFB und den deutschen Fußball?

Die Leute werden kurzfristig niedergeschlagen sein. Aber bleibt das Wetter schön, dann werden die Biergärten voll bleiben. Nach ein paar Tagen wird sich alles wieder beruhigt haben. Grundsätzlich glaube ich nicht, dass das Ausscheiden Auswirkungen haben wird. Fußball ist Breitensport und der Deutschen liebstes Kind. Klar braucht es einen Neuaufbau im DFB-Team, aber die Kinder werden jetzt nicht sagen: Ich spiele Eishockey.

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