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Polizeigewalt in Rhein-ErftKerpener Polizist zu Haftstrafe verurteilt

Lesezeit 3 Minuten
Zu hart soll ein Polizist aus Kerpen bei zwei Einsätzen eingegriffen haben. Jetzt wurde er verurteilt.

Zu hart soll ein Polizist aus Kerpen bei zwei Einsätzen eingegriffen haben. Jetzt wurde er verurteilt.

Kerpen/Köln – Vor dem Landgericht Köln ist ein 52 Jahre alter Polizeibeamter, der auf der Wache in Kerpen seinen Dienst versah, wegen Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung im Dienst zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Seine Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Sollte das Urteil rechtswirksam werden, scheidet der Mann aus dem Polizeidienst aus und verliert damit seine Pensionsansprüche. Dem Richterspruch liegen zwei Vorfälle zugrunde, die sich in Kerpen zugetragen haben.

Der erste Fall ereignete sich Anfang 2019. Eine Frau hatte bei der Polizei angerufen und erklärt, dass ihr Ex-Lebensgefährte gerade durchdrehe. Er sei Metzger und habe eine Tasche mit mehreren Fleischermessern in der Wohnung. Die Frau, die die Beziehung gerade beendet hatte, befürchtete, dass der Mann sich etwas antun würde.

Tasche mit Fleischermessern

Als der Polizist vor der Wohnung stand, sah er sich einem großen, bulligen und kräftigen Mann gegenüber. Der Metzger, so kam es in der Verhandlung zur Sprache, hatte bereits eine annähernd 15-jährige Haftstrafe wegen Raubmords abgesessen. Zunächst sei er ruhig und zugänglich gewesen, doch das habe sich bald geändert. Der Kerpener wollte wieder zurück in die Wohnung, in der die Einsatzkräfte die Tasche mit den Fleischermessern vermuteten.

Es kam zu einem Gerangel, in dessen Verlauf vier Polizeibeamte versuchten, den Mann zu bändigen. „Wie ein wildes Tier“ beschrieb einer der beteiligten Polizisten, der als Zeuge gehört wurde, das Verhalten des Metzgers. Es flogen die Fäuste. In diesem Fall wurde wegen Körperverletzung gegen den angeklagten Beamten ermittelt, der in dieser Situation massiv zugeschlagen haben soll.

Raser erleidet Knochenbrüche

Auch der zweite Vorfall trug sich in Kerpen zu. Der Angeklagte und ein Kollege wollten einen Wagen kontrollieren, in dem zwei Personen saßen. Doch statt anzuhalten, drückte der Fahrer aufs Gaspedal. Mit mehr als 100 Stundenkilometern schoss der Wagen durchs Stadtgebiet. Die Verfolgungsfahrt endete für die Flüchtenden im Graben, nachdem der 21 Jahre alte Fahrer die Kontrolle verloren hatte. Auf Aufnahmen, die die Kamera im Streifenwagen aufzeichnete, soll zu sehen sein, dass der Angeklagte den Fahrer aus dem Auto gezerrt und mit dem Schlagstock auf ihn eingeschlagen hat. Dabei erlitt das Opfer Knochenbrüche im Gesicht.

Der junge Mann hatte offenbar deshalb vor der Polizei flüchten wollen, weil er keinen Führerschein besaß. In diesem Fall ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen gefährlicher Körperverletzung.

„Ein netter und zuverlässiger Kollege“

Im Januar 2020 wurden beide Fälle vor dem Amtsgericht Kerpen verhandelt. Der Richter verurteilte den Polizisten zu einer Geldstrafe von 7500 Euro. Gegen das Urteil legte die Staatsanwaltschaft jedoch Beschwerde ein. Am Donnerstag wurde vor dem Landgericht Köln das neue Urteil gesprochen – ein Jahr Haft, ausgesetzt auf Bewährung.

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Beamte, die den 52-Jährigen gut kennen oder mit ihm zusammengearbeitet haben, manche von ihnen jahrelang, fanden das Urteil nicht angemessen. „Er ist ein netter und zuverlässiger Kollege, auf den man sich immer verlassen konnte“, in diesem Tenor äußerten sich die Kollegen überwiegend.

Rechtsanwalt Michael Emde von der Kanzlei BN.Rechtsanwälte aus Bochum vertritt den Angeklagten und erklärte auf Anfrage nur: „Das ist ein sehr hartes Urteil. Wir werden Revision einlegen.“

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