Netzwerk 55 plusVom Rollator-Training bis zur Radtour: 350 Kerpener aktiv

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Laura Esser macht ihren Freiwilligendienst im Netzwerk 55 plus, wie Ann Baars arbeitet sie an Broschüren mit.

Laura Esser macht ihren Freiwilligendienst im Netzwerk 55 plus, wie Ann Baars arbeitet sie an Broschüren mit.

Kerpen – In Kerpen gibt es 44 Gruppen für sehr aktive Menschen, die gerne in Gemeinschaft sind – und es werden ständig mehr. Die einzige formale Gemeinsamkeit ist, dass diese Frauen und Männer 55 Jahre und älter sind, aber selbst da wird nicht so genau hingeschaut. Die Aktivitäten, zu denen sie sich zusammengeschlossen haben, können sie sich selbst aussuchen.

Jeder, der etwas kann, ist willkommen – und jeder kann etwas. 350 Kerpener machen aktiv mit. Alles läuft unter dem Oberbegriff „Netzwerk 55 plus“. Die Gruppen sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst, aber alle sind fröhlich. Es wird viel gelacht. Das ist der gemeinsame Nenner – hier einige Beispiele.

Filme im barrierefreien Euromax-Kino

Renate Kosanke organisiert seit sechs Jahren die Filmgruppe mit. Für 5,50 Euro gibt es einmal pro Monat im barrierefreien Euromax-Kino in Kerpen einen Film zu sehen. „Und wir wollen noch preiswerter werden, damit die kulturelle Teilhabe für jeden gewährleistet ist“, nennt die Sindorferin ihr Ziel. Am Mittwoch, 12. Dezember, laden sie deshalb für 15 Uhr nicht nur zu „Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm“ ein, sondern veranstalten auch einen Bücherflohmarkt, dessen Einnahmen dem Seniorenkino zugute kommt.

Gerti Arnold ist Mitglied in mehreren Gruppen. Sie genießt die Ausflüge der Kulturgruppe etwa zur Zeche Zollverein, die Kölner Moschee oder in Kölner Museen, „immer verbunden mit einem Lunch-Konzert in der Philharmonie“. Im Haus der Hemmersbacher Schützen trifft sie sich zudem mit anderen Köchen. Jeder beteiligt sich an den Kosten, zu Weihnachten gibt es Wildbret.

Gerti Arnold aus Horrem ist in vielen Bereichen des Netzwerks aktiv, sie schätzt die kulturellen Aktivitäten.

Gerti Arnold aus Horrem ist in vielen Bereichen des Netzwerks aktiv, sie schätzt die kulturellen Aktivitäten.

„Lupe" erscheint drei Mal pro Jahr

Katharina Schmitz gehört zum Redaktionsteam der „Lupe“, die dreimal im Jahr in einer Auflage von 1600 Stück erscheint und in ganz Kerpen über die vielfältigen Aktivitäten der 44 Netzwerkgruppen informiert. In Kooperation mit der Stadtbücherei gehört sie auch zu den 50 Vorlesepaten, die regelmäßig in Kindergärten vorlesen. 35 kommen aus dem Netzwerk.

Elke Klein-Mohrholz ist Mitglied und Koordinatorin von mehreren Gruppen, wie etwa dem Kulturfrühstück, das viermal im Jahr stattfindet – zum Beispiel mit einem Heine-Tag auf Schloss Loersfeld. Dazu unterstützt sie die Gruppe „Digitale Kamera“, die jährlich einen Kalender herausgibt, in 2019 mit Bauernhöfen und landwirtschaftlichen Betrieben aus Kerpen. Jeden 2. Montag im Monat findet im Haus am Stiftsplatz ab 9 Uhr ein offenes Netzwerkfrühstück statt: Für viele die erste Anlaufstelle im Netzwerk, bevor sie sich zum Beispiel in der multikulturellen Handarbeitsgruppe engagieren, in der auch Elke Klein-Mohrholz aktiv ist.

Elke Klein-Mohrholz (M.) koordiniert und organisiert mehrere Netzwerk-Gruppen, darunter auch die Gruppe „Digitale Kamera“.

Elke Klein-Mohrholz (M.) koordiniert und organisiert mehrere Netzwerk-Gruppen, darunter auch die Gruppe „Digitale Kamera“.

Gemeinsam mit vielen anderen und ausländischen Frauen nähen die Gruppenmitglieder in Kerpen, das ist gelebte Integration: „Wir sind auf die Menschen zugegangen und bekommen aber auch viel zurück.“ Für Klein-Mohrholz, die bis zu ihrer Rente in Bonn arbeitete und dann erst zu den Schwiegereltern nach Kerpen zog, war das Netzwerk eine willkommene Basis, um in der Kolpingstadt nette Menschen kennenzulernen.

Elektronikspezialist für Gruppe gesucht

Heinrich Lier und Gerd Schaefer kennen in Kerpen viele ältere, aber auch ganz viele junge Leute. Die beiden sind im Reparaturtreff aktiv. Sie können ein 30 Jahre altes Radio ebenso wieder ans Laufen bringen wie ein Fahrrad. „Einen Elektronikspezialisten brauchen wir noch in unserer Gruppe, denn die meisten defekten Geräte sind elektronisch.“ Staubsauger und Plattenspieler gehen durch ihre heilenden Hände, Sorgenkinder sind oft Kaffeemaschinen.

Noch Verstärkung im Elektronikbereich suchen Heinrich Lier (l.) und Gerd Schaefer. 

Noch Verstärkung im Elektronikbereich suchen Heinrich Lier (l.) und Gerd Schaefer. 

Gerd Schaefer bildet in Jugendzentren auch Jugendliche aus: „Ziel ist es, nicht mehr soviel zur Müllhalde zu tragen und Reparaturwissen an Jugendliche weiterzugeben. Das stärkt auch den sozialen Zusammenhalt im Ort.“ Dabei stehen sie nicht in Konkurrenz zu Geschäften: „Der örtliche Fahrradhandel unterstützt uns bei unserem jährlichen Fahrrad-Reparaturtag.“

Rollator-Training und Seniorenatlas

Die gebürtige Engländerin Ann Baars organisiert Ausflüge nach Köln. Die Ford-Werke, das El-De-Haus und Fahrten auf dem Rhein – sie liebt die gemeinsamen Ausflüge in die Domstadt. Auch in der ÖPNV-Gruppe bringt sie sich ein: „Wir checken Buslinien und haben dafür gesorgt, dass auch im Kerpener Rathaus nun ÖPNV-Tickets angeboten werden, weil es sonst in Kerpen keine Verkaufsstelle gibt.“ An einem Rollator-Training oder der Herausgabe eines Seniorenatlasses hat sie ebenfalls mitgewirkt. Unterstützt werden die Netzwerker dabei zurzeit von Laura Esser aus Horrem, die ihren Bundesfreiwilligendienst im Rathaus ableistet.

Inge Eppers (l.) liebt ihre Gruppe „Malen“. 

Inge Eppers (l.) liebt ihre Gruppe „Malen“. 

Inge Eppers bedeutet die Malgruppe sehr viel. Nach dem frühen Tod ihrer achtjährigen Tochter fiel sie über Jahre in ein tiefes Loch. Das gemeinsame Malen mit anderen hat sie wieder fröhlich gemacht. „Wir verstehen uns so gut, geben uns gegenseitig Tipps. Ich könnte ohne die Gruppe gar nicht mehr leben. Sie tut mir so gut.“ Zahlreiche Ausstellungen haben die Netzwerk-Maler schon gemacht.

Bis zu 50 Kilometer mit dem Fahrrad

Wolfgang Janzen ist in Balkhausen, Brüggen und Türnich, kurz BBT, aktiv. Dort gibt es Kegel-, Nordic Walking-, Radfahr- und Tischtennisgruppen und vieles mehr. An Smartphone und Tablett-PC helfen sich die Gruppenmitglieder mit neuesten Tipps aus. Auch eine Frühstücksgruppe gibt es in „BBT“.

Marianne Böhne ist eine leidenschaftliche Radfahrerin und macht in Horrem bei der Radlergruppe mit. 30 bis 40 Kilometer lang sind die Touren, an denen jeden Freitag um 14 Uhr auf dem Friedrich-Ebert-Platz in Horrem bis zu zwölf Leuten teilnehmen. „Jetzt hat sich auch eine Gruppe gebildet, die längere Touren ab 50 Kilometern machen möchte.“

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