Nicht alle haben RücklagenGewerbesteuer-Rückzahlungen treffen Rhein-Erft-Städte hart

Lesezeit 4 Minuten
Mehrere Städte müssen Gewerbesteuer an den Tagebaubetreiber nachzahlen.

Mehrere Städte müssen Gewerbesteuer an den Tagebaubetreiber nachzahlen.

Rhein-Erft-Kreis – Die Bombe schlug Mitte der Woche in den Rathäusern der Städte rund um die Kohlestandorte ein: Der Betreiber hat, wie bekannt wurde, die Verwaltungschefs informiert, dass sie Millionenbeträge an das Unternehmen zurückzahlen müssen aus einem rund 15 Jahre alten Dissens über je nach Sichtweise zu zahlende oder erhaltene Gewerbesteuer.

Aus dem ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts rühren die strittigen Beträge dem Vernehmen nach her. Nach einer Buchprüfung musste RWE demnach vor sechs Jahren Steuern nachzahlen, weil nach damaliger Ansicht der Finanzdirektion von RWE unzulässige Gewinn-Verlust-Verrechnungen angestellt worden waren. RWE hat gezahlt, umgehend Protest eingelegt und damit jetzt offenbar zumindest größtenteils Erfolg gehabt. Wegen des Steuergeheimnisses bleiben Details im Nebel.

Bergheim: „Das trifft uns hart“

Jeweils zweistellige Millionenbeträge schlummern seitdem in den Stadtkassen oder wurden bereits ausgegeben. Vor sechs Jahren gab es den dringenden Rat aus der Landesregierung, für den Fall der Fälle Rücklagen zu bilden.

Alles zum Thema RWE

In Bergheim geschah dies, wie Bürgermeister Volker Mießeler versichert. „Das trifft uns hart, lieber hätten wir das Geld aus der Rückstellung in den Haushalt überführt.“ Dennoch decke sich der Betrag, der vermutlich gefordert werde („weniger als im Raum stand“), mit der angelegten Reserve. „Wir haben da eine Punktlandung gemacht.“ Mießeler kritisiert die aufgrund des langwierigen Verfahrens aufgelaufenen Zinsen – ebenfalls mehrere Millionen schwer. „Sechs Prozent Verzinsung sind nicht mehr marktüblich“, beklagt er. Hier müsse die Politik nachsteuern. Man sei schließlich nicht dafür da, das Geld von Gewerbetreibenden zinsertragreich zu verwahren.

Keine Rückstellungen in Elsdorf

Aus Elsdorf ist zu hören, dass keine Rückstellungen getätigt wurden. Ein „mittlerer einstelliger Millionenbetrag“ sei zu zahlen. Die Stadt habe „schon damals mit Blick auf die Haushaltslage keine Summen für freiwillige Rücklagen“ einsetzen können. „Die Gewerbesteuer-Rückzahlung in Millionenhöhe trifft uns unverschuldet mitten ins Herz“, sagt Bürgermeister Andreas Heller. Kämmerer Hubert Portz: „Die im Raum stehende Summe übersteigt unsere Rücklagen und bringt die Stadt unverschuldet in die finanzielle Handlungsunfähigkeit.“

Elsdorf fordert „klare Unterstützung“ vom Land. Schon lange beklage man, dass im Vorfeld des Strukturwandels Gewerbesteuereinnahmen wegbrächen. Zudem fehlten Gewerbeflächen. Ziel sei es, die Handlungsfähigkeit zu sichern und einen Sparkommissar zu vermeiden. „Was dies nun konkret für alle Elsdorferinnen und Elsdorfer bedeutet, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantwortet werden“, heißt es aus dem Rathaus.

Bedburg hat Glück

In Bedburg wird aus einem knapp zweistelligen ein mittlerer einstelliger Millionenbetrag fällig. „Wir hatten mehr als nötig zurückgelegt, daher bringt das die Stadt nicht in finanzielle Engpässe“, beruhigt Bürgermeister Sascha Solbach. Im Gegenteil werde Geld aus der Rückstellung in den Haushalt fließen. „Wir hatten das Glück, dass wir durch günstige Entwicklungen die Rücklage bilden konnten“, sagt Solbach. „Dennoch kommt das natürlich wegen des Strukturwandels zur Unzeit.“

„Wir haben für diesen Fall Rückstellungen, gebildet“, sagt Erftstadts Kämmerer Dirk Knips. Die Finanzierungslücke bleibe jedoch bestehen. Und dies führe zu einer „weiteren Verschärfung der finanziellen Situation“ der Stadt. „Fair von RWE wäre gewesen, wenn sie beantragt hätten die Vollziehung auszusetzen.“ Denn den möglichen Millionenbetrag müsse Erftstadt verzinsen und an RWE zahlen. „Dies ist also eine gute Geldanlage für den Konzern“, sagt Knips.

Kerpen verweist auf Steuergeheimnis

RWE teilte mit, dass die Kommunen damals deutlich auf mögliche Rückzahlungen hingewiesen worden seien. Der Brühler Kämmerer Rolf Radermacher betont, dass die Kommune seit etwa sieben Jahren den überwiegenden Teil der von RWE gezahlte Summe in den Bilanzen führe. Bislang habe RWE sich aber nicht gemeldet.

Die Stadt Kerpen verweist auf das Steuergeheimnis. Selbst der Rat habe keine Details erfahren. Stadtsprecher Erhard Nimtz weiß „aus der Erfahrung der letzten Jahre, dass Kerpen weniger betroffen ist als Nachbarkommunen“. Ein Steuerbescheid sei noch nicht im Rathaus eingegangen. In Wesseling werde geprüft, ob die Stadt Gewerbesteuern zurückerstatten muss.

Das könnte Sie auch interessieren:

Auch Hürth ist betroffen. Allerdings seien laut Kämmerer Marco Dederichs damals entsprechende Rückstellungen gebildet worden. „Im Ergebnisplan wird uns das nicht belasten.“

Wann die Kommunen zahlen müssen, war gestern nicht zu erfahren. Ebenso gab sich RWE erwartbar verschlossen. Kreiskämmerer Martin Gawrisch betonte, dass die Vorgänge keine rückwirkenden, möglicherweise aber verzögerte Auswirkungen auf die Kreisumlage hätten.

Rundschau abonnieren