Proteste im KreisBauern in Rhein-Erft kämpfen gegen die neuen EU-Richtlinien

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Die EU will in Schutzzonen  Pflanzenschutzmittel komplett verbieten. Dagegen regt sich Protest der Landwirte.

Rhein-Erft-Kreis/Erftstadt – „Eigentlich müssten die Verbraucher aufschreien“, sagte Veronika Kreyes (56) aus Liblar. Sie war zur Veranstaltung der Landwirte auf einem Acker bei Gymnich gekommen, um sich über die Vorhaben der Europäischen Kommission zu informieren.

Die EU will in Schutzzonen Pflanzenschutzmittel komplett verbieten. Auf allen anderen Anbauflächen soll laut dem Verein LSV (Land schafft Verbindung) der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent verringert werden. Das lehnen der Verein und die Landwirte strikt ab, ebenso weitere Regelungen der vorgeschlagenen Verordnung, die sie für praxisfern halten.

100 Landwirte aus dem Rhein-Erft-Kreis waren dabei

Um auf das Problem aufmerksam zu machen, hatte der LSV in ganz Deutschland zu Informationsveranstaltungen aufgerufen. In Erftstadt kamen gut 100 Landwirte aus dem Kreis zusammen. Von ihnen erfuhr auch Veronika Kreyes, dass der EU-Beschluss das Aus für viele landwirtschaftliche Familienbetriebe bedeuten könnte.

Alexander Moll (29) aus Kerpen befürchtet, dass bei ihm rund 90 Prozent der Flächen betroffen sind. Auf 80 Hektar baut er Gemüse, Kartoffeln, Erdbeeren und Getreide an. „Die allermeisten Kulturen gedeihen ohne Schutzmittel nicht“, erklärte er. Die Felder würden verunkrauten, Pilzkrankheiten hätten freies Spiel, Mindererträge und Ernteausfälle wären die Folge. „Ich könnte den Hof, den mein Großvater aufgebaut hat, dicht machen“, sagte Moll.

„Damit wird uns Verbrauchern jede Möglichkeit genommen, in Hofläden die regionalen Produkte zu kaufen“, kritisierte Kreyes. Sie befürchtet, dass noch mehr Lebensmittel aus billig produzierenden Nicht-EU-Ländern importiert würden. „Das schafft doch auch neue Abhängigkeiten.“

Bauern sprechen von einer ernsten Lage

Die Landwirte im Rhein-Erft-Kreis stufen die Lage als „sehr ernst“ ein. Sie schätzen, dass mehr als 60 Prozent ihrer landwirtschaftlich genutzten Flächen in Schutzgebieten liegen. Sollte die Gesetzesvorlage beschlossen werden, dann wäre die komplette Anbaufläche von Stefan Köllen (58) aus Balkhausen betroffen: Er baut auf 100 Hektar Weizen, Gerste, Zuckerrüben und Mais an, bewirtschaftet außerdem Grünland.

„Mit den Auflagen und Einschränkungen im Dünge- und Pflanzenschutz bekommen wir weder die Menge noch die Qualität hin, um beispielsweise Brotweizen zu erzeugen“, erläuterte er.

Mehr als die Hälfte der Anbaufläche fielen auch bei Landwirt Martin Richrath aus Dirmerzheim aus der herkömmlichen Bewirtschaftung. Auf 130 Hektar baut er Weizen, Gerste, Hafer, Raps an – zudem hat er Weideland. „Kommt das Gesetz wie vorgeschlagen, kann ich meinen Laden dicht machen“, sagt er.

„Sie zerstören unsere regionale Landwirtschaft“

Es mache ihm Angst, dass solche Beschlussvorlagen überhaupt erarbeitet würden. „Sie zerstören unsere regionale Landwirtschaft und machen Familienbetriebe kaputt“, so Richrath.

Dem pflichtete Michael Kolping (45) aus Kerpen bei. Er mästet Bullen im Offenstall, seine Hühner haben Auslauf. Das Futter produziert er auf 120 Hektar. Gut 60 Prozent seiner Anbaufläche fielen mit dem Gesetzbeschluss aus der herkömmlichen Bewirtschaftung. „Dann kriege ich meine Tiere nicht mehr satt.“

Sorgen um die Nachfolger

Auch um ihre Nachfolger machen sich viele Landwirte Sorgen. Köllen: „Man kann der Jugend doch gar nicht mehr empfehlen, den elterlichen Betrieb zu übernehmen.“

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„Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass es massive Einschnitte geben wird“, vermutete Landwirt Hubertus Röllgen aus Türnich: weniger Erträge, schlechtere Qualität. Man müsse über andere Betriebsformen nachdenken, über Kooperationen beispielsweise und über Neben- statt Vollerwerb.

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