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„12 Uhr mittags“Stille auf Brauweiler Spielplatz weckt Horrorfilm-Assoziationen

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Einsam und verlassen war der Spielplatz im Brauweiler Park rund um die ehemalige Benediktinerabtei in der Mittagsstunde.

  • In unserer Sommerserie machen wir Momentaufnahmen in der Region.
  • Wir besuchen in den Ferien belebte und einsame Orte – und beobachten, was dort geschieht.

Pulheim-Brauweiler – Für drei eifrige Wespen im Brauweiler Abteipark ist dieser Tag ein guter Tag. Sie schwirren immer wieder in den großen, grünen Abfalleimer neben der Picknickbank auf dem Spielplatz und machen fette Beute: Matschige Krümel von Kartoffelchips, klebrige Bonbonpapiere und halb geschmolzene Schokoladenstückchen stehen auf dem Speiseplan. Und die anscheinend köstlichen Reste zeugen davon, dass das Wochenende wohl auch für wesentlich größere Besucher ein gelungener war.

Gespenstische Ruhe: kein Kinderlachen, kein Zanken, kein Kreischen

Eindeutiges Beweismittel dafür sind auch die verstreuten Kronkorken rund um den mit flüchtigen Zeichnungen und pubertären Sprüchen bemalten Holztisch, in dessen zerfaserten Planken auch noch ein besonderer Flaschendeckel mit Dom-Motiv steckt.

So munter und heiter es wohl noch vor einigen Stunden hier zugegangen sein mag, so still ist es nun zur Mittagszeit. Kein Kinderlachen, kein Zanken, kein Kreischen oder Schreien, keine ermahnenden Eltern oder das ploppende Geräusch von Bällen – all das, was einen Besuch auf einem vollen Spielplatz oft genug zur Nervenprobe macht, fehlt.

Verlassener Spielplatz in Brauweiler

Eine fast schon gespenstische Ruhe breitet sich über den verlassenen Spielgeräten, der verwaisten roten Affenschaukel und den kleinen Fußballtoren auf der Bolzwiese, die auf begeisterte Kicker warten, aus. Die Vögel zwitschern zwar eifrig, die Insekten surren umher, aber: Wo sind nur die Kinder? Beim Mittagsschlaf, schon in Ferien oder gemütlich zu Hause bei einer Portion Nudeln?

Hoffentlich, denn die Stille und Verlassenheit wecken auch düsterere Assoziationen – wie das Intro für einen Horrorfilm – oder erinnern an die tragisch-traurigen Bilder aus verlassenen, zerbombten Städten in der Ukraine.

„Das ist nur was für Babys“

Auf einmal flitzen drei etwa zehnjährige Jungs mit Fahrradhelmen auf ihren Mountainbikes über den Weg auf dem Spielplatz, aber offenbar sind sie nur auf der Durchreise: „Nein, nicht hier, weiterfahren, das ist nur was für Babys“, kommentieren sie cool und sind in den Park rund um die ehemalige Benediktinerabtei verschwunden.

Doch dann ist im Schatten unter dem großen Spielgerät ein leises Klopfen zu vernehmen, Sand wird geschüppt und mit einer bunten Schaufel sorgsam an den Wegesrand transportiert. Ein kleines Mädchen mit dunkelbraunen Wuschellocken, blauem Rock und weißem T-Shirt kommt sich wahrscheinlich vor wie im Paradies – hat sie doch den kompletten Platz für sich. Und die vierjährige Jolin ist sogar Stammgast auf dem idyllischen Spielplatz. „Wir kommen fast viermal in der Woche hierher“, erzählt ihr Vater Aihan, der mit seiner Familie in Brauweiler lebt.

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„Ich spiele jeden Tag mit meiner Tochter“, berichtet er mit Stolz. Der elfjährige Sohn sei zurzeit lieber mit Freunden unterwegs, das sei aber auch gut so. Aihan beobachtet seine kleine Tochter sorgsam von einer Bank im Schatten aus und unterhält sich liebevoll mit ihr.

Auch diese harmonische Szene lässt an all die Kinder denken, denen es aktuell nicht so gut geht. Die, die auf der Flucht sind, die ihre Väter schmerzlich vermissen und wohl auf längere Sicht keine Gelegenheit haben, mit ihm an einem sonnigen Mittag in einem friedvollen und sicheren Park zu spielen. Nächste Folge: der jüdische Friedhof in Kerpen

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