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Zurück bleibt ein Herz aus blankem StahlPulheimerin restauriert alte Fahrzeuge

Lesezeit 3 Minuten
Jennifer Fischer liebt ihren Job, auch wenn er laut und dreckig ist.

Jennifer Fischer liebt ihren Job, auch wenn er laut und dreckig ist.

Pulheim-Brauweiler – Zu Jennifer Fischer im Brauweiler Gewerbegebiet kommen Menschen mit Träumen: einen Oldtimer restaurieren, in die Jahre gekommene Lkw oder Landmaschinen wieder flott machen, Möbeln und Erinnerungsstücken neuen Glanz verleihen, ein Kunstprojekt starten. Fischer Sandstrahltechnik, Donatusstraße 143, beseitigt die Spuren der Zeit von altem Blech – Rost, Lack, Verunreinigungen. Zurück bleibt ein reines Herz aus blankem Stahl.

2019 hat die 41-jährige den Betrieb von ihrem Vater Hans übernommen. Jennifer Fischer liebt ihren Job, auch wenn er laut und dreckig ist. Während ihre Freundinnen nach der Schule Krankenschwester werden oder ins Büro wollten, suchte sie sich einen Ausbildungsplatz im Bereich Handwerk und Technik – Hauptsache abwechslungsreich.

Pulheimerin bekam Absagen wegen fehlender Damen-WCs

„Ich bekam nur Absagen – zum Beispiel, weil es keine Damentoiletten gab.“ Bei Rheinbraun hatte sie Glück und machte eine Ausbildung zur Industriemechanikerin – „direkt von der Mädchen-Realschule in Horrem in eine reine Jungswelt“. Dass sie wie die anderen aus ihrem Lehrjahr damals nicht übernommen wurden, war „ein Segen“ für ihren Vater, der seine Tochter liebend gern einstellte. Schon seit 2001 half sie in der Firma.

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Andere Mitarbeiter sucht man vergeblich – nach ihrem Vater rockt Jennifer Fischer als „Mädchen für alles“ allein den Laden. 2005 hatte der gelernte Gerüstbauer die Halle im Hinterhof einer Spedition angemietet. Sandstrahler ist kein Ausbildungsberuf – „das alles hier ist Learning by Doing“. „Vor Corona hatten wir Aufträge bis unter die Decke“, so der 69-Jährige. Steigende Strom- und Materialkosten, hohe Entsorgungskosten und Sicherheitsauflagen – Hans Fischer blickt mit gemischten Gefühlen in die Zukunft.

Pulheim: Sand türmt sich bis unter die Decke

Morgens um 7 Uhr sitzt Jennifer Fischer mit Latzhose, kariertem Hemd, Sicherheitsschuhen und mit um die Taille geknotetem Overall im kleinen Büro und macht den Papierkram. Für die Arbeit in der Druckluftkammer muss sie sich in die volle Montur mit Schutzkleidung, Handschuhen und Helm werfen. Als Strahlgut dient Hochofenschlacke – echter Sand ist selten und viel zu teuer.

Per Druckluft wird der Sand aus dem Kessel durch einen Schlauch in die Strahlkammer geblasen und mit der Pistole gezielt auf das Werkstück geschossen. Klingt brachial und ist heiß, staubig und ohrenbetäubend laut. Eine falsche Entscheidung oder eine im falschen Winkel gehaltene Pistole kann schwer zu beseitigende Schäden verursachen. Versichert ist nur das, was vom Gabelstapler fällt, nichts „Verstrahltes“. Übrig bleibt ein Berg aus feinstem grauen Sand, der sich bis unter die Decke der vier Meter hohen Halle türmt.

Pulheimerin ist schon viele untergekommen

Selten darf die Schlacke mehrmals verwendet werden, der Rest muss als Sondermüll entsorgt werden. Obwohl es eine Absaugung gibt, kriecht der Staub in jede Ritze und bedeckt den Hallenboden. Einmal im Jahr – „immer vor Weihnachten“ – wird groß sauber gemacht und drei Tage lang gekehrt. Ein Kraftakt, denn der feine Sand ist „schwer wie Wasser“.

„Ich bin vor nichts fies“, gesteht Jennifer Fischer lachend. Auf was sie sich einlässt, weiß sie vorher nie. Manche Oldies seien zugespachtelt mit mehreren Schichten Lack, besonders „die Amis haben immer so hartnäckige Farben“. Mit Zeitungspapier ausgestopfte Löcher in einer Ape (einem dreirädrigen italienischen Kleintransporter), Ferrari, Porsche, alte Käfer, die einmal dem Rennfahrer Nick Heidfeld oder Schauspieler Ewan McGregor gehört haben sollen, ein 18 Meter langer Lkw-Auflieger, der vorne aus der Halle herauslugte, Hufeisen aus dem Zoo, die als Geschenke für Spender gedacht waren, Gießkannen und Metallgitter – ihr ist schon viel untergekommen.

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Ihre Kunden wissen, was sie an ihrer „Strahlefrau“ haben. „Sandstrahlen ist absolute Vertrauenssache, und ohne eine perfekte Grundüberholung ist eine gute Restaurierung nicht möglich“, sagt Brian Pauli. Nach einigen kleineren Projekten gab der US-Car-Händler aus Stolberg ihr zuletzt mit einem Ford Mustang 1964 1/2 (erste Baureihe) den Ritterschlag. Es gibt nicht viele Autos, die Jennifer Fischer noch ins Träumen bringen – aber ein alter Mustang wär’s.

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