Der Lockdown schlägt aufs GemütWesselinger Kaufleute spüren Unmut bei den Kunden

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Trotz Markttag ist in Wesselings Fußgängerzone wenig los. Die meisten Geschäfte haben wegen des Lockdowns geschlossen.

Trotz Markttag ist in Wesselings Fußgängerzone wenig los. Die meisten Geschäfte haben wegen des Lockdowns geschlossen.

Wesseling – Vieles, was Spaß macht und dem Winterblues entgegenwirkt, ist derzeit verboten. Cafés und Restaurants sind geschlossen, Schwimmbäder und Kinos dürfen ebenfalls nicht öffnen. Dazu zwei Grad, grauer Himmel und Nieselregen. Wie kommen die Menschen im Rhein-Erft-Kreis durch den Lockdown und was motiviert sie zurzeit? Wir haben uns in Wesseling umgehört.

In der Wesselinger Innenstadt ist nicht viel los, obwohl Markttag ist. Die Einkaufsstraße ist so gut wie ausgestorben, viele Geschäfte sind geschlossen. Giovanni Guzzo, 40, steht in seinem Bistro und Feinkost Selinunte und wartet auf Kunden. Seit Anfang November gibt es sein Geschäft für italienische Lebensmittel an der Bahnhofsstraße. „Die Leute wissen nicht mehr, was sie mit sich anfangen sollen“, sagt Guzzo. Er beobachte oft die Menschen durch das Ladenfenster, wie sie scheinbar orientierungslos die Straße hoch- und runterliefen würden. Ihn persönlich mache der Lockdown weniger zu schaffen: „Ich kann weiterarbeiten. Was ich mache, mache ich gern. Das motiviert mich.“ Ein paar Meter weiter steht Selma Demir hinter der Theke einer Bäckerei. Die 21-Jährige macht eine Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin und bekommt derzeit oft die schlechte Laune der Kunden zu spüren, wie sie beklagt. „Der Lockdown schlägt aufs Gemüt der Menschen“, sagt Demir. Sie versucht, dem Winterblues mit Sport entgegenzuwirken, und hat eine Diät angefangen. Die Kunden bekämpften ihre schlechte Laune eher mit Spritzgebäck, hat sie festgestellt. „Die Nachfrage ist seit dem Lockdown sehr gestiegen“, berichtet sie lachend.

Bisher rettet „Uno“ die Laune in Dirk Collins Familie.

Bisher rettet „Uno“ die Laune in Dirk Collins Familie.

Sport und Essen sind offenbar gleichermaßen ein Heilmittel gegen den Winterblues. Manche bekommen durch Backen und Kochen den Kopf frei, eine Frau berichtet, dass sie eine Runde laufe, um die dazugekommenen Kilos wieder herunter zu bekommen.

Das Homeoffice verschärfe die Situation, findet eine Frau, die anonym bleiben möchte. Dadurch gehe noch mehr Bewegung verloren. Sie selbst arbeite als Lehrerin am Schulzentrum und sei dadurch „im gelobten Land“, wie sie selbst sagt. „Ich habe keine finanziellen Sorgen und weiterhin Arbeit. Nicht shoppen zu gehen, ist ein Luxusproblem.“

Sybille Vendel ist Marktverkäuferin und steht täglich draußen und verkauft Obst und Gemüse oder hat im Büro zu tun. Für sie persönlich gebe es keine großen Änderungen. Sie habe sogar durch den Lockdown gelernt, mal innezuhalten und zurückzuschauen, sagt die 44-Jährige. Aber für die Kinder, die jetzt nicht in die Schule, sich nicht mit ihren Freunden treffen oder in den Fußballverein könnten, sei es schrecklich.

Sybille Vendel verkauft Obst und Gemüse auf dem Wesselinger Wochenmarkt. Besonders die Kinder tun ihr im Lockdown leid.

Sybille Vendel verkauft Obst und Gemüse auf dem Wesselinger Wochenmarkt. Besonders die Kinder tun ihr im Lockdown leid.

Den Fußballverein vermissen auch andere Kinder. Statt mit Freunden draußen zu bolzen, bestehen die Freizeitaktivitäten darin, mit der Familie Uno zu spielen oder spazieren zu gehen, sagt Dirk Collin. „Wir versuchen, das Beste daraus zu machen“, so Collin. „Es ist etwas stressiger als normal, besonders wenn ab Montag der Distanzunterricht und die Hausaufgaben wieder los gehen.“ Aber noch sei die Laune bei der Familie gut, sagt Collin.

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Es kann aber auch ganz anders aussehen: Für Anna Bamberg ist der Januar eine eher aufregende Zeit. Seit einer Woche ist die 19-Jährige mit ihrem Vater neue Pächterin der Oil Tankstelle an der Brühler Straße in Berzdorf. Dass sie arbeiten dürfe, helfe ihr, motiviert zu bleiben, sagt sie. Und auch, dass sie weiter zu ihrem Pferd fahren und Reiten könne, sei ein guter Ausgleich. Sie merke bei den Kunden aber, dass die Stimmung gereizt sei: „Es gibt keine Perspektive, wie lange es noch so weitergeht.“

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