Vor Gericht übernachtetAngeklagter kommt einen Tag zu früh – Gericht spricht ihn frei

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Prozessauftakt in Bonn. (Symbolbild).

Prozessauftakt in Bonn. (Symbolbild).

Wesseling – Was Stoff für einen Justizskandal hatte, verpuffte am Ende mit einer Verwarnung. Zwei Letten, denen schwerer Raub vorgeworfen wurde und damit mindestens fünf Jahre Haft drohte, kamen nun beim Prozess vor dem Kölner Landgericht glimpflich davon.

Trotz Fluchtgefahr auf freiem Fuß

Die Männer, beide 22 Jahre alt, saßen in Untersuchungshaft, als sie wegen einer Panne des Landgerichts entlassen wurden. Die zuständige Kammer hatte es versäumt, den Prozess innerhalb einer sechsmonatigen Frist zu terminieren. So kamen die Angeklagten auf Antrag der Verteidigerinnen Sandra Nathanielsz und Christina Offermanns trotz Fluchtgefahr auf freien Fuß.

Das führte zu dem kuriosen Szenario, dass die Ladung zum Gerichtstermin nach Lettland geschickt werden musste. Während einer der Beschuldigten zwischenzeitlich zum Arbeiten nach Deutschland zurückgekehrt war, flog der andere per Billigflieger aus der lettischen Hauptstadt Riga zum Prozess nach Köln. Weil er einen Tag früher ankam und nicht wusste wohin, übernachtete der junge Mann in Eiseskälte vor dem Kölner Justizgebäude.

In Widersprüche verstrickt

„Er will etwas klarstellen“, sagte Anwältin Nathanielsz über ihren offenbar abgehärteten Mandanten. Und tatsächlich stellte sich im Prozess heraus, dass der Raubvorwurf zu Unrecht erhoben wurde. Ein Arbeitskollege des Angeklagten hatte behauptet, mit einer Axt bedroht sowie geschlagen und getreten worden zu sein. 300 Euro Beute hätten die Täter gemacht, seien dann noch mit seinem Auto verschwunden.

Der Geschädigte hatte sich allerdings so sehr in Widersprüche verstrickt, dass das Gericht ihn als nicht glaubhaft einstufte. So blieb es am Ende bei einem einfachen Diebstahl und einer Körperverletzung. Die Strafe fiel aufgrund der erlittenen U-Haft äußerst milde aus. Geldstrafen in Höhe von 2400 und 1200 Euro wurden zur Bewährung ausgesetzt.

Die Angeklagten, die für die Dauer des Prozesses auf Justizkosten in einem Hotel in der Kölner Innenstadt untergebracht waren, durften das Justizgebäude genauso so verlassen, wie sie gekommen waren: als freie Männer. Einer machte sich direkt wieder auf den Weg zum Flughafen. Es ging wieder zurück in die lettische Heimat.

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