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Baumkauf im CoronajahrDer Trend geht zum frühen Weihnachtsbaum

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Service: Klemens Auf der Mauer verstaut eine Nobilistanne im Kofferraum einer Kundin.

Service: Klemens Auf der Mauer verstaut eine Nobilistanne im Kofferraum einer Kundin.

Rhein-Sieg-Kreis – Was geht beim Tannenbaumkauf, was geht nicht, was ist dieses Jahr anders? Wir haben gestern bei vier Christbaum-Verkäufern vorbeigeschaut – in Hennef-Uckerath bei Jürgen und Marita Schneider und Klemens Auf der Mauer, beim Gartenbaubetrieb von Heinz-Albert und Marita Hohn in Lohmar-Höffen sowie auf Burg Niederpleis bei Familie Nordhorn.

Start am dicken Mittwoch

Egal, ob Nordmann, Fichte oder Nobilis – im Corona-Jahr liegt vor allem eines im Trend: der frühe Christbaum. „Es gibt keine Weihnachtsmärkte, da wollen wir es uns zu Hause schön machen.“ Das hörte Marita Hohn von Kunden, die auch bei den Schneiders deutlich früher als sonst aufliefen, um möglichst lange etwas von ihrem Baum zu haben und sich zu einzurichten.

Schon am „dicken Mittwoch“, wie Jürgen Schneider den Buß- und Bettag nennt, habe der Verkauf begonnen. Also lange vor dem ersten Advent. „Wir merken, dass die Leute nicht auf den letzten Drücker kommen“, bestätigt Verena Nordhorn. Manche hätten den Baumkauf sogar zum Tagesevent gemacht, rückten etwa von Hangelar aus mit Bollerwagen an und hatten heißen Tee und Plätzchen als Proviant geladen. Von Hektik ist keine Spur. „Es ist alles entspannt“, berichtet die 35-Jährige.

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Einbahnstraße und Taxi

Der Desinfektionsmittel-Spender, Masken- und Abstandsschilder sind Standard. Zwecks Infektionsschutz haben die Hohns auf ihrem Hof außerdem eine „Einbahnstraße“ angelegt. Links vom Begrüßungsschild geht es auf den Rundkurs, Pfeile weisen die Laufrichtung, ein Bauzaun trennt den Weg ab, auf dem es wieder zu Straße hinausgeht.

Ein Weihnachtsbaum-Taxi bietet Auf der Mauer (66) denjenigen an, die nicht vor die Tür gehen wollen oder können. Den kontaktlosen Lieferservice habe zum Beispiel ein Mann aus dem Hennefer Zentralort in Anspruch genommen. „Der befand sich in Quarantäne und hatte sich per Video-Chat einen Baum ausgesucht.“ Die Bäume stammen bei dem Uckerather übrigens alle aus ökologische Anbau. In einer seiner Schonungen helfen Schafe, das Gras zu mähen. An technische Grenzen stieß ein Kunde bei den Schneiders: Er bestand partout darauf, über einen Online-Dienst zu bezahlen. Kein Problem wirft die Maskenpflicht auf. „Die Leute sind vernünftig und geduldig“, gibt Verena Nordhorn ihre Erfahrung der vergangenen Wochen wieder.

Diesmal leider nicht

„Das fällt dieses Jahr leider aus“, bedauert Marita Schneider. Auf die Tasse leckeren Glühwein, Schinken und Salami, die es sonst in einem muckeligen Räumchen mit Bollerofen gibt, müssen die Kunden verzichten. Zu groß wäre das Ansteckungsrisiko. Auch bei Hohns ist die gemütliche Runde am Lagerfeuer mit Speisen und Getränken gestrichen. Auf Burg Niederpleis ist die beliebte Kombination von Tannenbaumkauf und Restaurantbesuch wegen des Lockdowns nicht möglich.

Preise nicht erhöht

Der Weihnachtsbaumverkauf an sich hat nicht unter der Coronakrise gelitten. Im Gegenteil: Im Vergleich zum Vorjahr habe der Umsatz um rund 20 Prozent angezogen, berichtet Verena Nordhorn.

Es seien mehr Käufer gekommen. Die Preise, so versichern auch die anderen drei Anbieter, habe man nicht erhöht. Was diesmal fehlte, so Jürgen Schneider, seien die Restaurants gewesen, die sonst große Bäume bekommen hätten.

Schnell weg gingen bei ihm hingegen die Fichtenzweige. „Das sind die letzten ihrer Art“, sagt der 67-Jährige und präsentiert zwei Fichtenzapfen. Schuld sei der Borkenkäfer.

Last-Minute-Tanne

Wer den Trend zum frühen Baum nicht mitgemacht hat, muss die Weihnachtszeit nicht ohne Grün in der Stube verbringen. Auf der Mauer, Schneiders, Hohns und Nordhorns bieten (wie die meisten Verkaufsstellen) auch heute Christbäume feil. Sogar am Donnerstag bis mittags kann man noch kommen, um eine Last-Minute-Tanne zu erstehen, wobei Klemens Auf der Mauer die Ausnahme macht.

„Die Heilig-Abend-Kundschaft möchte der Herr Auf der Mauer nicht“, sagt er. Aus 30-jähriger Erfahrung wisse er, dass dann auch Leute auftauchten, die nur fünf Euro geben oder mit Argument „Die wirfst du doch jetzt sowieso weg“ einen Baum umsonst haben wollten.

Anekdote

„Das muss ich Ihnen noch erzählen“, sagt Marita Hohn. Die 63-Jährige gibt eine Anekdote zum Besten: Einmal sei ein Kunde mit der gerade gekauften Blaufichte zurückgekommen. „Ich muss den Baum umtauschen, der gefällt meiner Frau nicht“, habe der Mann mit großem Bedauern gesagt. Später sei die Frau dann selbst erschienen, um eine bessere Wahl zu treffen. „Sie ist die Reihen auf- und abgegangen und zeigte schließlich mit den Worten ,Das ist der Richtige’ auf einen Baum.“ Es war die umgetauschte Blaufichte.

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