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Erster „Chickens-Day“Auf Gut Fussberg in Ruppichteroth können Hühner gemietet werden

Lesezeit 4 Minuten
Huhnmieterin Daniela Laatzen hat ihre Henne Dorie genannt.

Huhnmieterin Daniela Laatzen hat ihre Henne Dorie genannt.

  • Beim „Rent a chicken“-Prinzip suchen sich Kunden ein Huhn aus und zahlen eine Jahresmiete
  • Die Hennen, die man bei Lukas und Miriam Tölkes mieten kann, bleiben auf dem Hof und können besucht werden
  • Tölkes lädt die Mieter zu Chicken-Days ein und will eine Facebook-Gruppe aufziehen

Ruppichteroth – Manchmal zahlt sich ein frecher Schnabel aus. Die angriffslustige Rosa pickt nach Bauer Lukas Tölkes’ Fingern. Dank dieser kleinen Attacke hat sie gute Chancen, nächstes Jahr nicht im Kochtopf zu enden. Rosa ist ein Miethuhn auf Gut Fussberg. Dort ist „Rent a chicken“ der letzte (Hahnen)-Schrei.

Das neue Angebot von Lukas und Miriam Tölkes lockt am ersten Chickens-Day etliche Interessenten auf den Bauernhof bei Kammerich. „Rent a chicken“ (Miete ein Huhn) funktioniert so: Die Kunden suchen sich eine Legehenne aus und zahlen eine Jahresmiete von 180 Euro.

Das eigene Miet-Huhn vor Ort besuchen

Dafür gibt es 20 Bio-Eier pro Monat sowie nach Ablauf des Jahres das auf dem zertifizierten Bio-Hof versorgte Tier als Suppenhuhn – alles verbrieft in einer Urkunde. An Hühnertagen, die Tölkes veranstaltet, kann man sein Huhn, das mit einem Ring markiert wird, besuchen und sich mit anderen Mietern austauschen.

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Berta war erstes Leasing-Huhn

Die Idee der Hühnervermietung ist nicht neu. Ein Landwirt, der 2013 im südhessischen Seligenstadt damit begonnen hat, gilt als Pionier in Deutschland. Allerdings machte schon 2004 das Leasing-Huhn Berta vom Falkenhof in Troisdorf-Kriegsdorf Schlagzeilen: Es musste laut Kontrakt 111 Eier für den Karnevalsclub „Ne Hoofe volle Lööre“ legen.

Ein Dutzend Hühnervermieter in Deutschland weist ein Verzeichnis im Internet auf. Es gibt unterschiedliche Mietmodelle bis hin zum Komplettpaket mit Legehennen, Hühnerstall, Einstreu, Futter und Zaun für die Haltung beim Mieter.

Die Hennen, die man bei Lukas und Miriam Tölkes mieten kann, bleiben auf dem Hof. Dort können sie besucht werden. Tölkes lädt die Mieter zu Chicken-Days ein und will eine Facebook-Gruppe aufziehen. (kh)

www.gutfussberg.de

„Mir geht es um das Tierwohl“, erklärt Daniela Laatzen, weshalb sie die 180 Euro investiert, für die sie im Geschäft natürlich mehr als 240 Eier und ein Suppenhuhn kaufen könnte. „Hier weiß ich genau, wie das Tier lebt, hier geht’s den Tieren gut.“ Die 38-Jährige aus Neunkirchen hat ihrer Henne den Namen Dorie gegeben, Patin steht der Paletten-Doktorfisch aus dem Film „Findet Nemo“.

Am Mittag haben die Tölkes bereits sechs Mietverträge abgeschlossen. Als Nächste kommen Hubert und Hanne Eckart in die Scheune, um bei „Rent a chicken“ einzusteigen. „Da kann man nur herzlichen Glückwunsch sagen zu dieser Idee“, lobt er. Selbst Hühner zu halten, kommt für die Eheleute aus Obersaurenbach nicht in Frage, das vertrüge sich nicht mit ihrem Hund. „Wir nehmen die Aufsässige“, trifft Hanne Eckart die Wahl unter elf braungefiederten Hennen, zu denen Lukas Tölkes ins Gatter gestiegen ist. Der 30-Jährige bescheinigt dem Tier, das ihn gerade gepickt hat, einen „ganz besonderen Charakter“. Schnell ist die Henne benannt: Rosa, nach Rosa Luxemburg, die ja auch aufständisch gewesen sei.

Hühner können auch nach Jahresablauf weiter gemietet werden

„Sie können heute schon Eier mitnehmen“, bietet Tölkes den neuen Mietern an. Die halten ihre Rosa zum Kennenlernkraulen auf dem Arm und stellen klar: „Wir essen sie nicht hinterher, wir wollen nur die Eier – und den Hof unterstützen.“ Tote Tiere, sagt Hanne Eckart, kämen bei ihr nicht auf den Tisch. „Sie können das Huhn nach einem Jahr einfach weiter buchen“, schlägt Tölkes vor. Allerdings lasse dann die Legeleistung nach. Rosa, Dorie und die anderen Miethennen sind jetzt 22 Wochen alt. „Mit 19 Wochen fangen die an zu legen“, erklärt der Hühnerfachmann, der mit rund 270 Eiern pro Tier in diesem Jahr rechnet.

Auf einer großen Wiese für den Freilauf steht ein Stall für die gemieteten Hühner parat. Tölkes will auf der Fläche noch die ausgedienten Christbäume verteilen, die Kunden gegen Fünf-Euro-Gutscheine für den Hofladen abgeliefert haben. „Die Tannen bieten Schutz vor dem Habicht.“ Für den traurigen Fall, dass ein Huhn trotzdem erwischt oder vom Fuchs geholt wird, ist im Mietvertrag vorgesorgt: Die Mieter bekommen kostenlos ein Ersatztier.

Und eine Idee zum Ausbau der Hühnervermietung hat der findige Landwirt auch schon. Ganz neu auf Gut Fussberg sind Bergische Kräher. Es handelt sich um die älteste deutsche Hühnerrasse, die laut Roter Liste stark gefährdet ist. „Es gibt nur noch 600 Tiere in Deutschland“, sagt Lukas Tölkes. Die Bergischen Kräher will er – möglichst zum doppelten Preis – als „Rent a chicken“-Premium zur Miete anbieten und so zum Erhalt der Rasse beitragen.

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