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Haus KettwigTraditionsreicher Bau in Seelscheid verfällt langsam

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Der heruntergekommene Saal wirkt trostlos – hinten links erinnert noch das alte Klavier an rauschende Feste.

Der heruntergekommene Saal wirkt trostlos – hinten links erinnert noch das alte Klavier an rauschende Feste.

Neunkirchen-Seelscheid – Richmut Rein kann es nicht fassen: „Das ehemalige Haus Kettwig mit seinem Festsaal an der Zeithstraße in Seelscheid zerfällt langsam, aber sicher. Das Gebäude könnte doch gut zum Rehazentrum umgebaut werden“, so ihre Idee.

Damit würde es endlich wieder sinnvoll genutzt. Die Sozialdemokratin ist Vorsitzende des Familienausschusses im Gemeinderat, der sich auch um das Thema Gesundheit in der Gemeinde kümmert.

Dass Haus Kettwig als Gaststätte wiederbelebt wird, scheint ihr unwahrscheinlich. „Früher war im Saal oft was los. Karnevalsvereine haben gefeiert und in der Gaststätte nebenan konnte man gut essen.“ Viele Familienfeiern fanden in dem Lokal statt. Deswegen haben zahlreiche Einwohner im Dorf eine emotionale Bindung zu die Immobilie, so Rein: „Als das Rathaus in Neukirchen umgebaut wurde, gab es hier sogar Sitzungen von Ratsausschüssen“, erinnert sie sich.

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Am 1. Oktober 2001 jedoch wurde die Gaststätte mit dem beliebten Veranstaltungssaal endgültig geschlossen. Inhaber Matthias Kettwig, der den Familienbetrieb seit 1974 geleitet hatte, erklärte damals, dass er und seine Frau Roswitha das Lokal aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr führen könnten. Ein Nachfolger habe nicht gefunden werden können. Die Immobilie stehe nun zum Verkauf.

Kostenfaktor Denkmalschutz

Klaus Hoffmann, Geschäftsführer von Homa-Pumpen, erfuhr seinerzeit von den Verkaufsabsichten. „Ich wollte das Objekt retten und erwarb es daher“, erinnert er sich. Doch der Denkmalschutz machte ihm große Probleme.

„Der Saal war schon damals in einem desolaten Zustand. Das Dach war teilweise undicht, Balken verfault und deswegen ohne Auflage“, berichtet er. Eine schnelle Sanierung sei nötig gewesen.

Doch der Denkmalschützer vom Landschaftverband Rheinland habe es nicht erlaubt, dass die Ziegel vom Dach abgedeckt werden, sagt Hoffmann. „Auch für die Restaurierung des Fachwerks setzte er für mich unerfüllbare Vorgaben“, so der Besitzer.

Die dadurch entstehenden Kosten seien für einen Privatmann wirtschaftlich nicht zu vertreten gewesen. So passierte erst einmal gar nichts. Ein späterer Versuch, wenigstens die Gaststätte wiederzubeleben, scheiterte. „Während der vergangenen Jahre habe ich die Hoffnung nie aufgegeben, dass die Immobilie gerettet werden kann“, so Hoffmann. Doch immer habe der Denkmalschutz Planungen so erschwert, dass sie „einfach nicht wirtschaftlich“ gewesen seien.

Der letzte Stand der Überlegungen ist, das Gebäude der Gaststätte abzureißen und dort moderne Eigentumswohnungen zu bauen. „Ich würde mich freuen, wenn sich ein Projektentwickler findet, der das Objekt übernimmt und den Neubau realisiert“, so Hoffmann. Die Idee von Richmut Rein, dort ein Rehazentrum einzurichten, finde er „sehr gut“. Man könnte den ehemaligen Saal sogar als Fitnessstudio umbauen. Platz genug sei jedenfalls vorhanden.

Streit um den Fachwerksaal

Wegen des historischen Fachwerksaales neben der Gaststätte gab es immer wieder Streit. Anfang der 1980er-Jahre wurde ein Antrag gestellt, ihn unter Denkmalschutz zu stellen. Der damalige Eigentümer wehrte sich dagegen und das Verfahren ruhte; es wurde jedoch wieder aufgenommen. Dadurch wurde der Verkauf des Objektes deutlich erschwert.

Der damalige Bürgermeister Helmut Meng teilte seinerzeit auf Anfrage der Redaktion mit, dass die Gemeinde das Objekt nicht kaufen könne. Allein für die Sanierungskosten des teils maroden Saales hätte mit über 2,5 Millionen Mark gerechnet werden müssen. Zudem sei der Saal für „gemeindliche Veranstaltungen ohnehin zu klein“.

Der Plan, den Saal abzutragen und im Lindlarer Freilichtmuseum wieder aufzubauen, wurde ebenfalls nicht realisiert. Die Bürger in Seelscheid vermissten das Haus Kettwig schnell. Beim Karnevalszug im Jahr nach der Schließung hatte der Bergische Männerchor Mohlscheid in Anspielung auf der Lied der Höhner das Motto: „Die Wirte zieh’n weiter, ganz Seelscheid hätt’ Doosch.“ Die „Biergarten Freunde The Hardest 2002“ meinten: „In Seelscheid geh’n die Kneipen aus, drum fahren wir von Haus zu Haus.“ (vr)

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