Eine sehr teure AktionPolizei löst illegalen Karnevalszug in Seelscheid auf

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Karnevalsabsage von Spahn – werden wir Kolonne fahr’n“ steht am Trecker.

Karnevalsabsage von Spahn – werden wir Kolonne fahr’n“ steht am Trecker.

Neunkirchen-Seelscheid – Mehrere Gruppen haben in Seelscheid am Samstagnachmittag einen Zoch organisiert und sind kostümiert über die Zeithstraße gezogen – obwohl die aktuelle Corona-Schutzverordnung das untersagt. Mit mehr als 20 Treckern und Autos fuhren sie den üblichen Zugweg ab, um Passanten zu grüßen. Auf der Zeithstraße stoppten die Behörden den Tross und nahmen die Personalien der Fahrer auf. Sie müssen nun mit einem hohen Bußgeld rechnen. Unter den Teilnehmern war auch die Kinderprinzessin der KG Für uns Pänz.

Stolz veröffentlichten die Karnevalisten Bilder und Videos von der Aktion in den sozialen Medien: Darauf ist zu sehen, wie sich die bunt geschmückten Trecker und Autos durch Seelscheid schieben. „Dä Coronazoch kütt“ stand auf einem Schild an einem der Frontlader. „Karnevalsabsage von Spahn, werden wir Kolonne fahr’n“ auf einem anderen. Ein Auto zog einen Anhänger mit einer überdimensionalen Spritze. Darunter stand in bunter Schrift: „Kütt die Spritz flück, künne mer widder op jück“. Laute Musik schallte aus zwei Musikanlagen.

Teilweise ohne Maske

Zu den Teilnehmern gehörten Gruppen wie die „Thekentester“, die „Seelscheider Himmelhunde“ und der SC „Knallköpp“. Auf Bildern waren Karnevalisten teilweise ohne Maske auf der Ladefläche eines Transporters zu sehen. Kamelle warfen die Zugteilnehmer allerdings nicht.

Die Polizei löste den nicht genehmigten Zug auf.

Die Polizei löste den nicht genehmigten Zug auf.

„Das war der pünktlichste Zug, den Seelscheid je hatte“, sagte Margret Schulz, die den Zug mit ihrem Mann Hartmut aus ihrem Fenster an der Driescher Straße beobachten konnte. Der Zug sei zwischen 14 und 15 Uhr vorbeigefahren. „Wir wussten gar nichts davon. Hinten dran fuhr ein Polizeiwagen, deswegen dachten wir, dass das alles genehmigt war.“ Das war es nicht, wie Stefan Birk, Pressesprecher der Polizei, bestätigt: „Ein Karnevalszug braucht eine Sondergenehmigung für den Straßenverkehr und die lag in diesem Fall nicht vor.“

Begeisterung und Empörung

In der Facebook-Gruppe „Neunkirchen-Seelscheid“ mit mehr als 7000 Mitgliedern ist eine Debatte um das Für und Wider der Aktion entbrannt: „Danke Seelscheid! Ihr habt mein Herz erwärmt und mich zu Tränen gerührt“, schreibt eine Nutzerin. Ein anderer findet: „Eine geile Aktion aller Beteiligten. Nichts spricht gegen eine Traktorenrundfahrt mit musikalischer Untermalung.“ Befürworter wollen Spenden sammeln, um die Strafe zu bezahlen. Andere Nutzer sind empört: „Danke, dass durch den Egoismus Einzelner jetzt der Lockdown verlängert werden könnte“, schreibt ein Mann. Und eine Mutter kommentiert ironisch: „Ich liebe es meinem Kind zu erklären, wieso andere sowasdürfen. . .“ (mfu)

Kurz nachdem die Karnevalisten mit ihren Wagen auf die viel befahrene Zeithstraße abbogen, wurden sie von Ordnungsamt und Polizei gestoppt. Der Vorwurf: Ein Verstoß gegen die aktuelle Corona-Schutzverordnung, die Karnevalszüge ausdrücklich untersagt. Eine Streife habe zunächst das Ende des Zugs geschützt und später geholfen, die Personalien aufzunehmen, sagte Birk.

Mehr als 20 Trecker und Autos fuhren den üblichen Zugweg ab.

Mehr als 20 Trecker und Autos fuhren den üblichen Zugweg ab.

Laut Karin Stöcker, Pressesprecherin der Gemeinde Neunkirchen-Seeldscheid, erhielten die Teilnehmer des Konvois einen Platzverweis. Sie müssen mit einem Bußgeld von bis zu 500 Euro rechnen. Bürgermeisterin Nicole Berka kritisierte den Umzug scharf und bezeichnet das Verhalten als unverantwortlich und unsolidarisch: „Es ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um fröhlich Karneval zu feiern“, sagte sie. Bei der KG Für uns Pänz hält man sich bedeckt: Pressesprecherin Manuela Seidlitz war am Montag zunächst nicht für eine Stellungnahme zu sprechen. Sie wolle sie aber „schnellstmöglich“ nachreichen.

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Sitzungspräsident Hans Hermann Klein ließ durchblicken, dass die Aktion innerhalb des Vorstandes umstritten ist. „Wir sind gerade in der Klärung, was da abgelaufen ist; die KG war jedenfalls nicht Veranstalterin des Zochs“, sagt er.

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