Hüterin der NaturHeidrun Brieskorn beherbergt bedrohte Arten auf ihrem Grundstück

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Heidrun Brieskorn in ihrem Garten in Eitof-Bitze

Heidrun Brieskorn in ihrem Garten in Eitof-Bitze

Eitorf-Bitze – Das Faible für die Fledermäuse begann mit einem Gang in den Keller. Da saß eine, auf einer Treppenstufe, winzig, pelzig, die ledrigen Flügel fest an sich gepresst. Wie kam sie dahin, wie leben die Tiere, was kann man für sie tun? Heidrun Brieskorn und ihren Mann Egbert, der 2013 gestorben ist, packte damals die Neugier. Fachbücher mussten her, ein Ultraschallgerät, Nistkästen.

Das war in den 90er Jahren. Heute hängen 22 Fledermaus- und 64 Vogelkästen rund um ihr Haus in Eitorf-Bitze. Zwergfledermaus, Bartfledermaus, Abendsegler, Breitflügel- und Fransenfledermaus: Sie und noch etwa fünf weitere Arten leben auf ihrem rund neun Hektar großen Wald- und Wiesengrundstück. Der Lehmkeller interessierte aber nicht nur Fledermäuse.

22 Fledermaus- und 64 Vogelkästen

30 Jahre lang war er das Zuhause von Feuersalamandern. Sie zogen ihre Jungen in Wasserschalen auf, die Heidrun Brieskorn ihnen hinstellte. Spechte, Rotmilan, Singvögel, Insekten: Das wild-verwunschene Grundstück mit dem versteckt liegenden Haus, das die damalige Bratschistin im WDR-Sinfonieorchester und ihr Mann 1982 kauften, ist eine Oase für viele Tiere.

Nicht lange nach dem Einzug stellte der Mathematiker seiner Frau eine Frage: „Du bist doch Musikerin, warum kennst du eigentlich die Gesänge der Vögel nicht?“ Das habe sie bei ihrem Ehrgeiz gepackt, berichtet Heidrun Brieskorn schmunzelnd. Sie begann zu lauschen. „Mir fiel es leicht, die Gesänge und Rufe der Vögel zu analysieren.“ Bald schon bot sie Führungen an, in denen sie anhand der Gesänge die Vögel identifizieren konnte.

Naturschutz als Freizeitbeschäftigung

In den 40 Jahren ihrer Ehe widmete das Paar seine gesamte Freizeit dem Naturschutz. Zum Schutz des stark gefährdeten Schmetterlings Maculinea gründete die Brieskorns 2008 sogar eine Stiftung und kauften mehr als zwei Hektar Land in Stromberg und Alzenbach. Der streng geschützte Wiesenknopf-Ameisenbläuling legt seine Eier nur auf dem Großen Wiesenknopf ab. Wird die Pflanze weggemäht, ist der Geburtsraum des Schmetterlings zerstört.

Mit dem Freischneider mäht die 79-Jährige die Pflanzen ab, die sich wild auf den Schutzwiesen angesiedelt haben und den Wiesenknopf zu ersticken drohen, wie das giftige Jakobskreuzkraut. Wenn Wildschweine in die Schmetterlingsweide einfallen, so wie mehrfach in Stromberg geschehen, dreht sie von Hand die Schollen um und stampft sie fest. „Eine ungeheure Mühe“ sei die Pflege der Schmetterlingswiesen. „Das kann man anderen nicht zumuten. Aber es ist meine Verpflichtung.“ Was wird, wenn sie diese Arbeit nicht mehr leisten kann? Brieskorn zuckt mit den Schultern.

Hartnäckigkeit trotz Arthrose

Aber noch kann sie, trotz Arthrose in den Knien. Eine Stunde macht sie jeden Morgen Gymnastik und Yoga. Hartnäckigkeit zeichnet die schmale Frau aus. Schon in den 80er Jahren war das so, als die in der Friedensbewegung engagierten Eheleute mit Sitzblockaden demonstrierten, bis sie von der Polizei weggetragen wurden. Ihre Stimme erhebt Heidrun Brieskorn auch heute noch, intervenierte im Jahr 2000 gegen die Erweiterung des Gewerbegebiets Alzenbach und erreichte die Einrichtung zusätzlicher Schutzflächen.

Einmal im Jahr besteht sie auf einem Umwelttreffen im Rathaus, mit Bürgermeister und Beigeordnetem. „Dann berichte ich, was aus meiner Sicht schief gelaufen ist, und mache Verbesserungsvorschläge.“ Seit 2010 regelmäßig, aber sie habe nicht das Gefühl, dass etwas verändert wurde. „Aber wenn ich gar nichts sage, dann fühle ich mich schlecht.“

Jährliches Umwelttreffen mit dem Bürgermeister

Vom Frühjahr bis zum Herbst zählt sie alle paar Tage die Schmetterlinge auf einem fünf mal fünf großen Abschnitt, zweieinhalb Stunden dauert das Monitoring. Auch Fledermäuse zählt sie, am Gemeindehaus der evangelischen Kirche in Eitorf, wo sie und ihr Mann mit dem Nabu vor neun Jahren eine „Fledermauswohnung“ eingerichtet haben, einzigartig in der Region.

In diesem Jahr zählte sie die Rekordsumme von 612 Ausflügen. Und das trotz der Hitze, die sich unter dem Dach staute: Über 50 Grad hatte es – lebensgefährlich für die kleinen Säugetiere. Verdunstungskühle musste her, gemeinsam mit der evangelischen Gemeinde schaffte sie 14 Pflanzschalen an, füllte sie jeden Tag mit Wasser.

„Wenn morgen die Welt untergeht, pflanze ich heute noch ein Bäumchen“

Und siehe da: Die Fledermäuse legten sich alle um die Schalen herum zur Kühlung. Dafür habe sich das Treppensteigen mit dem Wassereimer gelohnt, sagt die Seniorin, aber: „Ich bin so besorgt, wenn ich nicht mehr kann. Was passiert dann?“

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Sicher, begeisterte und engagierte Fledermausfreunde gebe es schon, „aber die haben ihren Beruf, die können nicht, wie ich, 90 Prozent ihrer Zeit dafür aufbringen“. Deswegen biete sie einmal im Jahr eine Fledermausführung an, um Kinder und Jugendliche für das Thema zu begeistern. „Ich tue was ich kann, nach dem Motto: Wenn morgen die Welt untergeht, pflanze ich noch heute ein Bäumchen.“

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