UhrmacherSchätze eines vergessenen Handwerks in Stromberg

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Der Werfener Thorsten Reichmann hält die Tradition der Uhrmacherei im Windecker Ländchen aufrecht.

Der Werfener Thorsten Reichmann hält die Tradition der Uhrmacherei im Windecker Ländchen aufrecht.

Windeck – In Stromberg zeugt der Straßenname Uhrengasse noch heute davon, dass in dieser Gegend das Uhrmacher-Handwerk am Ende des 18. Jahrhunderts und im 19. Jahrhundert eine bedeutende Rolle spielte. In diesem Dorf, aber auch in Schneppe, Alsen und Werfen, lebten mehrere Familien, die Wand- und Standuhren herstellten und damit den südlichsten Punkt der bekannten Bergischen Uhren-Produktion bildeten.

Die Bergischen Uhren waren meist eher schnörkellos und einfach. „Sie wurden auch oft mit einfachen, selbstgeschmiedeten Eisenbeschlägen hergestellt“, sagt Thorsten Reichmann, der mit seinem Laden „Pendel und Feder“ in Werfen auch heute noch die Uhrmacher-Tradition der Gegend aufrecht erhält. Er hat bereits viele der alten Stromberger Uhren restauriert.

Erinnerung an die Vergänglichkeit der Zeit

Das Bergische Land galt damals als eines der bedeutendsten Uhrmacherzentren in Deutschland. Boden-Standuhren, aber auch Wanduhren waren beliebt als wichtige Möbelstücke und erinnerten ihre Besitzer zugleich daran, wie vergänglich die Zeit ist. Sie wurden aus verschiedenen Holzarten, Uhrwerken und Gehäuseformen hergestellt. Oft wurden die Uhren dabei auch auf einer Keramikscheibe oder auf Papierzetteln signiert. Manche verfügten auch über eine Datumsanzeige.

Aus der Arbeit der Windecker Uhrmacherzunft sind heute noch viele alte Stand- und Wanduhren erhalten, die sich meist im Privatbesitz befinden. Oft wissen die Besitzer gar nicht, welchen wertvollen Schatz sie von den Vorfahren geerbt und noch heute in der guten Stube stehen haben.

Es gibt aber auch einige Sammler, die Dutzende der alten Uhren zusammengetragen und gekauft haben, die unter dem Sammelbegriff „Stromberger Uhren“ bekannt wurden. Einer dieser Uhrenliebhaber, der nicht genannt werden möchte, besitzt mehr als 80 Exemplare.

Besonders wertvoll ist ein Meisterstück von Johann Diedrich Koch, das durch seine aufwendige und reich verzierte Ausführung auffällt. Er war im 19. Jahrhundert einer der bekanntesten Uhrmacher der Region. „Das Haus mit der Koch’schen Werkstatt, in der die Uhren damals gefertigt wurden, ist aber leider schon vor einiger Zeit abgerissen worden“, berichtet Werner Kuchheuser vom Verschönerungsverein Stromberg.

So sieht das Innere einer „Stromberger Uhr“ aus, das Thorsten Reichmann ausgebaut hat, um es zu restaurieren.

So sieht das Innere einer „Stromberger Uhr“ aus, das Thorsten Reichmann ausgebaut hat, um es zu restaurieren.

Familientradition

Die Uhrmacherkunst war Koch schon von der Familie vorgegeben, denn auch sein Großvater war Uhrmacher gewesen. Koch verbesserte die bis dahin bekannten Konstruktionen so, dass die Uhren nicht mehr täglich, sondern nur noch jede Woche aufgezogen werden mussten, und verwandte vorwiegend Gehäuse aus Kirschbaumholz.

Im Festbuch zum 850-jährigen Bestehen des Ortes Stromberg ist nachzulesen, dass er auch die Uhrenglocken, die zu jeder Stunde schlugen, selbst goss. Der Stromberger verkaufte seine Uhren für 30 Taler, baute aber auch Uhren für Kirchtürme und lieferte sie zum Beispiel nach Eitorf und Nümbrecht.

Wie Helmut Krieg in seinem umfangreichen Buch „Uhrmacher im Bergischen Land“ schildert, konnte sich Koch mit seiner Arbeit gegen die immer stärker aufkommenden Schwarzwalduhren behaupten.

Die Nachfrage für regionale Hausuhren stagnierte nach den Napoleonischen Kriegen, einfachere Uhren wurden aber noch im Bergischen Land und im Siegerland bis Mitte des 19. Jahrhunderts hergestellt. Viele Uhrmacher gaben damals ihre Produktion auf. Der Stromberger Uhrenmacher verkaufte aber auch Uhren im Westerwald und am Rhein. Dabei wurden die Uhrenköpfe seinerzeit, wie Krieg schreibt, auf einem besonderen Tragegestell, das einer Kiepe ähnlich war, auf dem Rücken transportiert.

Die drei wertvolle Koch-Uhren auf dem rechten Bild befinden sich in der Sammlung eines Privatmanns.

Die drei wertvolle Koch-Uhren auf dem rechten Bild befinden sich in der Sammlung eines Privatmanns.

Handwerkszeugnisse exisiteren noch heute

Sogar in Geilenkirchen im Kreis Heinsberg gibt es noch heute eine über 200 Jahre alte Uhr von Koch. Trotz seiner Exporte war der Handwerker aber vor allem als Landwirt tätig, denn von der Uhrmacherei allein konnte er nicht leben.

Auch der kleine Ort Schneppe bei Leuscheid war im 19. Jahrhundert für seine Uhren bekannt. Johann Friedrich Joest arbeitete dort ebenso als Uhrmacher wie Gerhard Friedrich Thönnes und seine Brüder Johann Gerhard und Peter Wilhelm.

Im nicht weit entfernten Alsen gab es die Familie Schmidt, von der außer Vater Johannes Friedrich auch dessen Söhne als Uhrmacher tätig waren. In Werfen stellten die Brüder Johann Wilhelm, Daniel und Johann Peter Weyand Stand- und auch Wanduhren her. Die Uhren von Weyand waren außergewöhnlich flach, weil sie mit großen Walzenrädern und besonders flachen Gewichten gebaut wurden.

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