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Verzückendes RosbachKölner Journalist veröffentlicht Filmrarität von 1959

Lesezeit 4 Minuten
Szenen aus dem „Heimatfilm“: Ein junges Paar blickt vom „Alten Stuhl“ auf den Ort, wo sie ihren Ford in die Werkstatt geben.

Szenen aus dem „Heimatfilm“: Ein junges Paar blickt vom „Alten Stuhl“ auf den Ort, wo sie ihren Ford in die Werkstatt geben.

  • Der Kölner Hermann Rheindorf ist stets auf der Suche nach alten Aufnahmen aus Köln und dem Umland.
  • Der Filmemacher hat nun den „Heimatfilm“ von 1959 eingestellt. Schauplatz ist Rosbach.
  • Beim Anschauen dürfen sich alteingesessene Rosbacher in die eigene Vergangenheit sich versetzt fühlen.

Windeck – Die Frischvermählten unternehmen eine Fahrt ins Blaue. Sie trägt ein fesches Petticoatkleid und steuert einen Taunus 17M. Die Filmszene, untermalt mit beschwingter Musik, atmet die Aura der Wirtschaftswunderzeit. Schauplatz ist Rosbach, dort strandet das Paar für zwei Tage wegen einer Autopanne. Das ist der Ausgangspunkt für die Handlung des Streifens, der gut 60 Jahre nach seiner Entstehung jüngst in einem Internet-Videoportal aufgetaucht ist und längst nicht nur Windecker verzückt.

Der Kölner Journalist und Filmemacher Hermann Rheindorf hat den „Heimatfilm“ von 1959 eingestellt. „Krass, sowas nenne ich eine Zeitreise“, kommentierte bereits ein 20-Jähriger. In die eigene Vergangenheit dürften sich alteingesessene Rosbacher beim Anschauen versetzt fühlen und einige sich sogar selbst entdecken. Denn es sind auch immer wieder Kinder beispielsweise bei einer Schuleinweihungsfeier zu sehen, die das junge Paar auf seinem ausgedehnten Rosbach-Bummel besucht, um sich die Zeit vertreiben.

Absolute Rarität

18 Minuten und 31 Sekunden lang ist der Film. „Das ist eine absolute Rarität“, sagt Rheindorf, der sich mit der Aufbereitung und Publizierung alter Filmschätze sowie mit Dokumentarfilmen einen Namen gemacht hat. Die Kölner Stadtgeschichte, aber auch das Umland der Domstadt und der Rhein sind seit 20 Jahren sein Thema. „Ich frage so ziemlich jeden, ob er früher gefilmt hat“, erzählt der 54-Jährige. Das Rosbach-Werk stammt aus dem Nachlass von Ludwig B. Henrich und ist etwas Besonderes, weil es sich um eine Profiarbeit handelt. Henrich war Kameramann, Wochenschau-Reporter und später Inhaber eines Kinos in Köln-Worringen. In Rosbach drehte er mit einem 16-Millimeter-Farbfilm.

Alles zum Thema Ford

Was Henrich seinerzeit veranlasste, in Rosbach tätig zu werden, weiß Hermann Rheindorf nicht. Vor der Veröffentlichung auf seinem Youtube-Kanal musste er das Material digitalisieren. „Die Tonspur war nicht mehr gut in Schuss.“ Auch das bereitete Arbeit.

Zur Person

Der Kölner Hermann Rheindorf wurde 2019 mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet. Der Landschaftsverband Rheinland würdigte damit seine Dokumentationen zu Geschichte und Leben in Köln, für die er Filme und Fotos aus öffentlichen Archiven und Privatenbeständen zusammensetzt und mit Informationen anreichert. Eine umfangreiche Sammlung von Filmschätzen aus Köln und vom Rhein hat Rheindorfs Firma „Kölnprogramm“ produziert.

Auf der Suche nach alten Aufnahmen aus Köln und dem Umland ist Rheindorf, der auch Sprecher der AG „Arsch huh“ ist, nach wie vor.

„Wer eine Kiste mit Filmen vom Opa hat, kann sich melden, ich kümmere mich darum“, sagt der 54-Jährige und verspricht, dass Bewahrenswertes erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Er ist in seinem Büro unter 0221/9 12 69 20 und per E-Mail zu erreichen. Zum Rosbachfilm kommt man über folgenden Internet-Link. (kh)

https://youtu.be/90x0tnRHA88

www.koelnprogramm.de

archiv@koelnprogramm.de

Neben der Hintergrundmusik ist Henrich selbst zu hören. Schwärmerisch kommentiert er in rheinischem Tonfall die Bilder. Kirchen und Kapellen, das Rathaus, Mühlen und Fachwerkhäuser, die Sieg, Straßenzüge, Menschen und immer wieder mal eine grasende Kuh als Sinnbild für die ländliche Idylle sind zu sehen.

Kostprobe aus dem Begleittext: „Auf sehr gepflegten Straßen durch herrliche Waldungen führt der Weg. Oftmals treffen die Blicke durch ein Schaufenster eines modernen Ladenlokals auf die Zeugen des alten Rosbachs vergangener Jahrhunderte.“ An etlichen Stellen lässt dieser „Image-Film“ heute schmunzeln. Auch ein bastelhafter Vorspann, das hier und da zitternde Bild und so manche Gegenlichtaufnahme machen den Charme aus.

„Ewig liebe Heimat“

Seine Protagonisten lässt Henrich im Hotel zur Post absteigen. Der Kamerablick in die Speisenkarte verrät, dass es dort Kohlroulade oder Saure Nieren mit Kompott für 3,20 Mark gibt. Im Gasthof Mudersbach spielt abends eine Kapelle zum Tanz, eine flotte Sohle wird aufs Parkett gelegt, der MGV Concordia stimmt ein Lied über die „ewig liebe Heimat“ an, und die Rede kommt auf den „elektrischen Christian“, der den ersten Strom für Rosbach erzeugte.

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Das Waldkrankenhaus, den Aussichtspunkt „Alter Stuhl“, das Hermes-Stahlwerk und „die tüchtige Gemeindeverwaltung“ – möglicherweise die Auftraggeberin des Films – lässt Henrich auch nicht aus, und schon gar nicht die Schulen. Schließlich verdiene Rosbach mit Recht die Bezeichnung „schulfreudigste Gemeinde“. Keine Frage, dass es ein Happy End mit repariertem Auto gibt.

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