Extreme KostenWas die hohen Spritpreise für Unternehmen im Rhein-Sieg-Kreis bedeuten

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Die Spritpreise steigen immer weiter in die Höhe. (Symbolbild)

Rhein-Sieg-Kreis – Die Preise für Kraftstoff sind seit Monaten auf Rekordniveau. Was bedeutet das für Branchen, die aufs Fahren angewiesen sind?

Verkehrsverband

Hohe Spritpreise treffen die kreiseigene Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft empfindlich: Mit 150.000 Euro gibt Sprecherin Melanie Matyschok die monatlichen Mehrkosten an. Ein Mehraufwand, der das Wirtschaftsergebnis entsprechend verschlechtere, so Matyschok. Welche Folgen das nach sich ziehe, ob zum Beispiel an anderer Stelle gespart werden müsse, ist ihrer Auskunft noch mit dem Rhein-Sieg-Kreis als Gesellschafter der RSVG abzustimmen.

In den zurückliegenden zwei Jahren hat die RSVG erheblich in die Modernisierung des Fuhrparks investiert. Für 19 Millionen Euro wurden Anfang 2019 insgesamt 66 neue Hybridbusse angeschafft, die beim Bremsen elektrische Energie erzeugen und speichern. Zehn weitere Fahrzeuge mit dieser Technik wurden bereits geliefert und sollen ab dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember auf den Schnellbuslinien zum Einsatz kommen.

Rettungs- und Pflegedienste

Die Hilfsorganisationen, die den Rettungsdienst durchführen, reichen ihre Tankquittungen an den Kreis weiter, der die Kraftstoffkosten bezahlt. „Preisschwankungen werden in den Planungen berücksichtigt“, sagte Bettina Heinrichs-Müller von der Pressestelle. Die Anschaffung von Elektrofahrzeugen sei derzeit wirtschaftlich noch nicht umsetzbar.

Rettungstransportwagen gebe es derzeit nur als Verbrenner. Für die Pflegedienste ist die Situation nicht so einfach. „Wir fahren jeden Tag an die Tankstelle“, berichtete Reinhold Feistl, beim Deutschen Roten Kreuz für die Angebote in Rhein-Sieg und Rhein-Berg zuständig.

Für die kommenden Budget-Verhandlungen mit den Krankenkassen und Kostenträgern ist das ein Thema. „Da wird einiges nach oben orientiert bezahlt werden müssen“, forderte er. Alternativen zu fossilen Brennstoffen stehen zwar auf der Agenda. „Einige wenige Touren können mit dem Fahrrad gemacht werden“, sagt Feistl. Aber der Umstieg auf E-Autos ist so einfach nicht. Bei einem ersten Versuch in Overath sind die Macher auf tägliche Probleme gestoßen. So war der Strombedarf höher als die Ladekapazitäten. Es werde aber weitere Standorte geben, an denen das ausprobiert werde. „Wir wollen eine E-Flotte haben“, stellte er klar. „Aber wir bekommen keine Wallboxen mehr.“ Auch die Beschaffung von Fahrzeugen gestalte sich schwierig. Mehr als 100 Wagen sind für das DRK im Einsatz.

Taxiunternehmen

„Einmal Volltanken ist jetzt 20 Euro teurer“, stellt Makbule Turhan, Vorständin der Genossenschaft Taxi-Ruf Siegburg, Sankt Augustin, Hennef und Lohmar fest. Habe sie lange Zeit rund 60 Euro für die Tankfüllung Diesel bezahlt, seien es jetzt 80 Euro. „Aber das ist nur der Sprit“, schildert sie, denn ihre Branche habe ohnehin mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen.

Durch die Corona-Pandemie breche mindestens die Hälfte des Umsatzes weg, und das in der wichtigen Halloween- und Karnevalszeit. „Viele Leute haben einfach weniger Budget.“ 33 Taxis, meist mit Dieselmotor, haben die Mitglieder der Genossenschaft am Start, viele hätten schon Fahrern kündigen müssen und säßen jetzt selbst am Steuer, auch sie und ihr Mann. Eng werde es vor allem nachts: „Da muss man schon vorher fragen, wer überhaupt fahren will, denn für zwei Fahrten lohnt sich das nicht.“

Speditionen

„Da kann ich ein Lied von singen“, sagt Muhammed Türker, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Siegburger Spedition Hoss, angesprochen auf die Dieselpreise: Die großen Lastwagen hätten eine Tank mit 1200 Litern Fassungsvermögen, da komme einiges zusammen. Als Dienstleistungsunternehmen könne die Spedition die Preissteigerung nicht einfach schnell an die Kunden weitergeben.

Auch die Umrüstung des Fahrzeugparks sei nicht einfach: „Wenn der Preis für den Diesel steigt, werden auch Fahrzeuge mit alternativen Antrieben teurer.“ Die Spedition setze verstärkt auf Lastwagen der dritten Generation, die den Verbrauch besser regelten und den Fahrer beim verbrauchsarmen Fahren unterstützten. Für das richtige Fahrverhalten in den Städten gebe es Schulungen. Die Spedition hat selbst 16 Lastwagen, jeweils zur Hälfte Sattelzüge und 18-Tonner. Rechnet Türker die Fahrzeug von Subunternehmern hinzu, kommt er auf 30.

Abfallbetriebe

102 Müllsammelfahrzeuge der RSAG tanken Dieselkraftstoff. Sie fahren rund zwei Millionen Kilometer pro Jahr. „2020 waren das rund 1,5 Millionen Liter Treibstoff, die verbraucht wurden“, berichtet RSAG-Pressesprecher Joachim Schölzel. 1,21 Millionen Euro habe das gekostet.

Im Schnitt seien im Jahr 2020 rund 83 Cent pro Liter bezahlt worden. Das liege auch daran, dass die RSAG ein Großabnehmer mit eigenen Tankstellen und vorhandenen Tanks sei und deswegen einen Rabatt bekäme. Auf die einzelnen Preise muss aber immer noch die Mehrwertsteuer hinzugerechnet werden.

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Für dieses Jahr hochgerechnet geht er von 1,45 Millionen Euro an Spritkosten aus. Der Durchschnittspreis liegt aktuell bei 1,02 Cent. Natürlich spiegeln sich solche Mehrkosten auch in den Abfallgebühren wieder. „Hinzu kommen unter anderem noch die drastisch gestiegenen Energiekosten für den Betrieb der Anlagen und Gebäude an unseren sechs Standorten.“ Auch die CO2-Steuer sei zu berücksichtigen. Alles in allem könne von einer moderaten Gebührenerhöhung von zwei Prozent ausgegangen werden.

Schölzel: „Diesen Vorschlag werden wir jetzt in die Gremien einbringen. Für jeden Haushalt macht das im Schnitt zwischen vier und fünf Euro mehr im gesamten nächsten Jahr.“

Kommunen

Einen Preisanstieg beim Diesel von fast 40 Prozent hat die Windecker Kämmerin Petra Sonntag für die Zeit zwischen Anfang 2020 bis November 2021 ausgerechnet. Allein seit vergangenen Oktober kostet der Treibstoff 16 Prozent mehr.

46.000 Euro wurden an der Oberen Sieg bisher in 2021 für Diesel-Treibstoffe ausgegeben. Aufs Jahr gesehen gibt die flächenmäßig größte Kommune im Rhein-Sieg-Kreis rund 10.000 Euro mehr für Diesel im laufenden Jahr aus. Davon entfallen auf den Bauhof 7500, auf die Feuerwehr 2500 Euro. „Wir müssen versuchen, das an anderer Stelle einzusparen, weil wir es uns schlicht nicht leisten können“, resümiert Sonntag, die den klammen Haushalt der Gemeinde von Jahr zu Jahr derzeit immer gerade ausgleichen kann.

Fähren

„Das ist für uns eine weitere bittere Pille, die wir nach den erheblichen Corona-Einbußen schlucken müssen“, kommentiert Ingo Schneider-Lux von der Niederkasseler Lux-Werft die steigenden Kraftstoffpreise. Sein Unternehmen betreibt unter anderem die Fährverbindung zwischen Mondorf und Bonn-Graurheindorf.

Alle Fähren der Lux-Werft würden mit sogenanntem GTL-Diesel betrieben, einem synthetischen Kraftstoff, der eine besonders saubere Verbrennung garantiere. Diese Dieselsorte sei ohnehin schon teurer als gewöhnlicher Dieselkraftstoff. Der Fährbetrieb sei deshalb von den explodierenden Kosten besonders betroffen, so Schneider-Lux. Die Ticketpreise für die Fähre sollen aber trotzdem stabil bleiben – vorerst. 

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